Mord und Totschlag sind Frauensache in Sachsen. - Zumindest, wenn es um ihre literarische Verarbeitung geht. Einige der fleißigsten Krimi-Autorinnen ist Beate Baum, in Dortmund geboren und auf Umwegen über Thüringen zur Tageszeitungsjournalistin geworden. Was der Grund dafür ist, dass ihre Heldin keine Polizeikommissarin ist, sondern eine Redakteurin, die die Neugier treibt. Seit 1998 lebt sie in Dresden. Seit 2009 veröffentlicht sie in Leipzig.

Mindestens sechs Krimis um die Journalistin Kirsten Bertram sind mittlerweile entstanden. Drei davon mit dem Leipziger fhl Verlag: “Tod in Silicon Saxony”, “Mörderische Hitze”, “Dresdner Geschäfte”. Andere hat sie im Gmeiner Verlag veröffentlicht. Dazu etliche Kurzgeschichten – unter anderem in “Mords-Sachsen”. So viele, dass sie mittlerweile ein eigenes Buch füllen.

Das hat jetzt wieder der fhl Verlag vorgelegt. Neun Stück an der Zahl, erschienen zwischen 2006 und 2010. Die Nitribit kommt eigentlich nur im Titel vor und als Bezug in der ersten Geschichte “Unerwünschte Verwandtschaft”, einer klassischen Detektiv-Geschichte in der Tradition von Arthur Conan Doyle. Das Muster ist bis heute auch bei Lesern beliebt: Man gebe einem klugen Köpfchen – und bei Beate Baum heißen diese klugen Köpfchen seit 1991 Kirsten Bertram, Andreas Rönn und Dale Ingram – ein Rätsel zu knacken, ein paar vage Spuren und ein bisschen Zeitdruck – und dann los. Manchmal geht es dann am Ende noch um die Rettung einer verschollenen Person, manchmal um die Entlarvung des Täters, noch bevor die Polizei mit ihren Ermittlungen überhaupt beginnen konnte.

Etwa bei einem Mord an einer scheinbar vielgeliebten Sängerin auf dem Straßenfest der Bunten Republik in Dresden (“Bunt, rot, tot”). Die Motive sind in der Regel recht simpel, so, wie sie es ja auch in der Realität meist sind. Nur dass sich die Täter in der Realität nicht so leicht ertappen lassen. Da und dort spielt Beate Baum auch ganz bewusst mit klassischen Vorbildern – etwa in “Das perfekte Dinner” oder in “Plan A”, zwei Kurzgeschichten, in denen sie mit Lust das Instrumentarium des englischen Ladies-Crime nutzt.

Was erstaunlicherweise wieder möglich ist. Noch vor wenigen Jahren wären solche Geschichten einfach unglaubwürdig gewesen. Aber irgendwie ist diese uralte Welt der feinen und arroganten Gesellschaft wieder fröhlich auferstanden, feiert sich nicht nur in bunten Lifestyle-Magazinen und auf all den unsäglichen Bällen, die selbst die Tageszeitungen im Land verkaufen, als wäre das die neue Kultur. Geld macht nicht glücklich – aber rücksichtslos. Und so tauchen Kirsten Bertram und ihre Freunde eben nicht nur in die schöne wilde Welt der Dresdner Neustadt ein (die sie durchaus als exotisch begreifen), sondern auch in die noble Welt der Immobilienbesitzer und Unternehmensberater.Nicht immer wird’s zu einem Mord. Manchmal lungert da im Dunklen auch nur ein Abzocker, der an das Geld der Ratlosen und Einsamen will. Manchmal wird’s auch eine jener kleinen fatalen Geschichten, in denen Beate Baum auch ihre Freude an der bösen Pointe beweist.

Ein Buch für alle, die eher Angst davor haben, die ganze Nacht wach bleiben zu müssen, weil sie den spannenden Krimi unbedingt zu Ende lesen müssen. Es reicht genau für neun Nächte. Ein paar Dinge sollte man vielleicht vermeiden in der Zeit – etwa Pilzsuppe zu essen oder in alten Beziehungskisten zu kramen. Ansonsten leichte Kost, in der es flott und ohne Sperrmüll zur Sache geht, neun klar strukturierte Geschichten, die die geübte Hand verraten. Bei den meisten deutschen Kurzgeschichten-Wettbewerben dürfte sich Beate Baum wahrscheinlich nicht bewerben, denn dazu sind ihr Handwerk und ihr Sinn für klare Handlungsführung zu geübt.

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Die Nitribitt und das
Ende im Backpacker-Hotel

Beate Baum, fhl Verlag 2012, 12,00 Euro

Die Leserin und den Leser wird’s freuen. Denn die wirkliche Freude an Literatur ist gutes Handwerk, das eine Geschichte zu erzählen weiß. Und der Krimi als Genre ist so dankbar, dass es hier passieren darf, ohne dass ein großmächtiger Feuilletonist in der Presse erzürnt alles niedermacht.

Verständlich, dass sich der fhl Verlag für dieses Genre so erwärmt hat.

www.beatebaum.de

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