Bodo Ramelow hat ein Buch über den " Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) herausgegeben. "Made in Thüringen?" ist die erste ernstzunehmende Veröffentlichung über die Entstehung des Rechtsterrorismus in Sachsen und Thüringen. 24 Autoren, die meisten Landtagsabgeordnete oder Fraktionsmitarbeiter, beleuchten das Entstehen der Zwickauer Zelle, das jahrelange Wegschauen in Politik und Behörden und den latenten Rassismus, der seit 1989 zu mindestens 182 Toten führte.

War der Staat all die Jahre auf dem rechten Auge blind? Liest man die acht Beiträge über das braune Spinnennetz, in das der NSU nahtlos eingebettet war, kommt man zwangsläufig zu diesem Ergebnis. Besonders lesenswert die Abhandlung der Fachjournalistin Andrea Röpke über die Vorbildfunktion von “Blood & Honour”, “Hammerskins” und “Combat 18” für Zschäpe, Mundlos und Bönhardt. Die übrigen Autoren, fast alle aus dem Parteiumfeld, rekonstruieren in diesem Abschnitt beinahe minutiös das Heranwachsen einer unterschätzten Gefahr, die selbst langjährigen Szene-Beobachtern verborgen blieb.
Welche Rolle spielte das Umfeld der Terroristen? Wer half ihnen beim Abtauchen? Ein Kapitel skizziert die nahtlose Entwicklungslinie des “Thüringer Heimatschutzes” hin zum “Freien Netz”. Signifikant ist, dass sich Kader aus den Strukturen des damaligen Neonazi-Netzwerks in Thüringen Ende der 2000er im “Freien Netz” organisiert haben, das für Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) und seinen Verfassungsschutz nicht mehr als eine Internetseite ist. Dabei existieren auffällige Parallelen zwischen den beiden Netzwerken, die sich nicht nur am Personal festmachen lassen.

Der mahnende Zeigefinger richtet sich durch den gesamten Band stets gegen die CDU, die in sich beiden Bundesländern seit 1990 in der Regierungsverantwortung befindet. Wenn die Themenfelder “Verfassungsschutz” und “Staatliche Aufklärung” zur Sprache kommen, schimmern die politischen Positionen der Linken durch. Das ist in einem Band, der von Bodo Ramelow herausgegeben wird, im parteinahem VSA-Verlag erscheint und von der Rosa-Luxemburg-Stiftung gefördert wird, nicht verwerflich.

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Made in Thüringen?
Bodo Ramelow, VSA-Verlag 2012, 12,80 Euro

Im Gegensatz zu den Veröffentlichungen des Heron-Verlags, einem Tarnunternehmen des thüringischen Verfassungsschutzes, weiß der Leser hier, woran er ist. Ramelow und seine Mitstreiter haben binnen kürzester Zeit ein klasse Antifa-Buch erarbeitet, das trotz marginaler Schwächen Interessierten zahllose Impulse für weitergehende Recherchen anbietet.

Ein Video zum Buch
Bodo Ramelow und weitere zum Buch

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