Sie bäckt, sie rührt, sie sammelt und brät. Wahrscheinlich würde man Regina Röhner, wenn man sie unangemeldet bei sich "im Vorerzgebirge" besuchen würde, immer während einer dieser Tätigkeiten antreffen. Oder auch nicht, wenn sie gerade in Feld und Hain unterwegs ist, um diverse Kräuter, Beeren und Blüten zu sammeln, die sie in der Küche gerade gut brauchen kann.

So wie man das eben macht als moderne Hausfrau und moderner Küchenbesitzer, wenn man das flaue Gefühl nicht mehr los wird, dass man im Supermarkt jede Menge Chemie zu kaufen bekommt, aber wenig Gesundes, selten Nachprüfbares, selbst den aufgeklebten Bio-Logos misstrauen Manche ja mittlerweile. Und so ist denn auch Regina Röhners erste Empfehlung im Buch: Zutaten am besten im “Laden Ihres Vertrauens” oder auf dem Verbrauchermarkt um die Ecke kaufen.

Oder noch besser: selber säen, pflanzen, ernten oder sammeln. Da weiß man dann wirklich, was man hat, obs echt ist und wirklich in der Natur gewachsen. Und dass es direkt aus der Nachbarschaft kommt, ohne dass dafür Containerschiffe, Flugzeuge oder gewaltige Trucks tausende Kilometer unterwegs waren. Das ist nicht nur Umweltschutz. Es ist auch die Wiederentdeckung einer Qualität, die Mancher nicht mehr kennt.

Der sich dann wundert, dass das Selbstgeerntete ganz anders und viel gehaltvoller schmeckt als die oft in Gewächshäusern gezüchtete Ware aus dem Supermarkt.
Die Bücher aus dem Buchverlag für die Frau regen immer wieder dazu an, die ausgetretenen Pfade zu verlassen und damit auch Lebensqualitäten wiederzugewinnen. Zu denen auch gehört, dass man seine Nahrungszubereitung wieder selbst in der Hand hat. Bis hin zu dem Moment, an dem man vor der schönen Frage steht: Worauf habe ich jetzt eigentlich Lust? – Eine Frage, die jeder kennt. Und mit der gewitzte Köchinnen und Köche gelernt haben, sehr locker umzugehen. Sie wissen, welche Grundlagen sie jederzeit zaubern können – Teig zum Beispiel als Grundlage für eine Vielfalt schneller Gerichte. Mit ihrem Herd wissen sie auch umzugehen.

Bleche haben sie in großer Vielfalt, welche mit hohem Rand, um auch mal einfach die Gaben der Natur auf Folie durchbrutzeln zu lassen. Oder Bleche mit Teiler, um gleich mal vier Kuchensorten auf einmal zu backen. Der Rest kommt von allein. Auf die Jahreszeiten ist Verlass. Und wie das geht, sich mit den Jahreszeiten auf Experimente einzulassen, das zeigt Regina Röhner in diesem Buch. Alle Rezepte, so verkündet sie stolz, habe sie selbst ausgedacht. Manche werden dem Leser trotzdem bekannt vorkommen, weil sie einfach klassisch sind. Da kommt es dann manchmal auf die individuelle Abwandlung an, und schon hat man wieder was Selbstgemachtes mit Pfiff.

Das weiß man ja als gestandener Küchenexperte. Gute Familienrezepte leben genau von diesem Pfiff. Regina Röhner setzt nur noch eins drauf und sagt: So kreativ sein wie deine Oma kannst du auch. Keine Angst vor dem Gemüse. Auch nicht vorm Obst. Nicht vor Kräutern und Beeren. Nicht vorm Teig. Hefeteig geht ganz einfach, man braucht nur eine warme Küche. Blätterteig ist schwieriger. Aber wer den beherrscht, dem macht keiner mehr was vor. Kann man natürlich auch fertig aus der Kühltruhe im Supermarkt kaufen – schmeckt dann aber auch so. Weiß jeder, der schon mal was selbst gemacht hat.

Und dann kann der Frühling eigentlich kommen. Tatsächlich ist er ja schon da und wer noch keine Pizza “Wilder Frühling” oder einen Frühlingskuchen mit Spargel und Schinken gebacken hat, ist selber schuld. Oder wie wäre es mit Blätterteigtaschen mit Bärlauch-Geflügelhack-Füllung oder herzhaften Blätterteigtaschen mit Lachs-Kresse-Creme? Schon Hunger?

Pech gehabt. Steht alles in diesem Buch, alles unter Frühling. Der Frühling ist eine Wonne für jeden Küchenbäcker. Jeder Tag ist eine Überraschung. Heute Rhabarber, morgen Erdbeeren, übermorgen Holunder – oder sind wir da schon im Sommer? – Regina Rhöner hat ihre 70 Rezepte hübsch über die vier Jahreszeiten verteilt – plus eine Zugabe, die Rezepte für jede Jahreszeit bietet. Aber wenn man da angekommen ist, hat man eh die Lust am Ausprobieren bekommen. Wer hat schon mal Tomatenbrot gebacken? Oder Kartoffeln mit Sommergemüse auf dem Blech? Früchtemuffins? Oder eine Kartoffelpizza? – Da ist man schon im Herbst. Das geht schnell. Weiß man ja.

Bestellen Sie dieses Buch versandkostenfrei im Online-Shop – gern auch als Geschenk verpackt.

Lecker vom Blech. Herzhaft & süß
Regina Röhner, Buchverlag für die Frau 2014, 9,90 Euro

Richtig lang ist immer nur der Winter, wenn es draußen keine Überraschungen für Sammler und Gärtner gibt. Dann hat man bestenfalls allerlei eingefroren, eingeweckt oder getrocknet. Herzhaftes, was sich zum Beispiel in Kartoffelkuchen oder Früchtebrot verbacken lässt. Quasi als Wintersehnsucht auf das Frühjahr hin, das immer zu kurz ist, weil so schrecklich viel getan werden will.

Sammeln, Schnippeln, Rühren, Würzen, Backen … Der Appetit kommt schon beim Blättern. Der Rest ist dann Entdeckerfreude und Experimentierlust, frei nach der Formal: Was wäre, wenn …

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar