Mit dem kleinen Beschluss, in ihrer neuen Grundordnung konsequent die Bezeichnung Professorin zu benutzen und die Tatsache, dass damit auch die männliche Sprachform eingeschlossen ist, mit einem Sternchen zu markieren, hat die Uni Leipzig im Juni für eine deutschlandweite Diskussion gesorgt. Die lief dann, wie so viele Empörungskampagnen im Land, teilweise völlig aus dem Ruder. Aber sie zeigte auch, wie stark alte Verkrustungen noch immer sind. Nun startet die Universität am Dienstag, 2. Juli, ein besonderes Projekt zur Gender-Forschung.

Nach einer dreimonatigen Testphase startet am 2. Juli an der Universität Leipzig offiziell das Gender Glossar – ein Online-Nachschlagewerk zu Themen der Gender- und Geschlechterforschung. Dazu findet in der Bibliotheca Albertina eine Festveranstaltung statt, bei der unter anderem die Rektorin der Universität Leipzig, Prof. Dr. Beate Schücking, und mehrere renommierte Experten zu genderrelevanten Fragestellungen sprechen werden. Journalistinnen *) sind zu der öffentlichen Veranstaltung herzlich eingeladen.

Die beiden Herausgeberinnen des Online Gender Glossars, Prof. Dr. Ilse Nagelschmidt und Prof. Dr. Barbara Drinck von der Universität Leipzig, werden die Rektorin der Universität Leipzig, Prof. Dr. Beate Schücking, die Geschäftsführerin des Zentrums für transdisziplinäre Geschlechterstudien (ZfG) Berlin, Dr. Gabriele Jähnert sowie Dr. Ulf Papenfuß, Juniorprofessor für Public Management der Universität Leipzig, begrüßen.

Dr. Gabriele Jähnert spricht zum Thema “Doing Gender Studies. Ein Beitrag zu Gendernetzwerken und transdisziplinären Arbeitsformen”. Dr. Ulrich Papenfuß widmet sich in seinem Redebeitrag dem Thema “Frauen in öffentlichen Unternehmen” und berichtet über Befunde, Forschungsbedarf und gesellschaftspolitische Perspektiven. Musikalisch umrahmt wird die Veranstaltung von Universitätsmusikdirektor David Timm.”

Das Online Gender Glossar ist ein Projekt, das international vernetzt ist”, sagt Koordinator Michael Nitsche vom Lehrstuhl für Schulpädagogik und Schulentwicklungsforschung der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig. Das digitale Nachschlagewerk stellt der wissenschaftlichen Gemeinschaft eine durch sie selbst gespeiste Datenbank zur Verfügung, die genderwissenschaftlich relevante Definitionen beinhaltet und interdisziplinäre Bezüge herstellt.

Darüber hinaus ordnet es kulturelle Begriffe, Personen und Organisationen fachübergreifend in politische, geschichtliche und wissenschaftliche Zusammenhänge ein. Unterschiede zu anderen Online-Nachschlagewerken bestehen nach den Worten Nitsches in den strengen wissenschaftlichen Kriterien, die beim Erstellen und der Pflege des Datenbestandes angelegt werden und diese erst zitierfähig machen.

Inhalte und einheitliche formale Vorgaben werden von Forscherinnen aus Deutschland und dem Ausland sowie von einer kontinuierlich arbeitenden Redaktion geprüft. Das Team um Drinck und Nagelschmidt arbeitet mit Wissenschaftlerinnen aus den Bereichen Geschichte, Rechts- und Literaturwissenschaft, Pädagogik und Sprachwissenschaft sowie aus den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften zusammen.

“Die Zahl unserer Gutachterinnen und Gutachter wächst. Wir haben zurzeit 17 aus vier europäischen Ländern”, berichtet Nitsche. “Im Hinblick auf die Einhaltung formaler Kriterien und inhaltlicher Standards, hinsichtlich wissenschaftlich akkuraten Arbeitens geben die erstellten Gutachten konstruktive Hinweise und können eine Empfehlung für die Veröffentlichung aussprechen. Wir mussten jedoch auch schon Beitrage aus fachlichen Gründen ablehnen”, ergänzt der Projektkoordinator.

Interessierte können nach der Veröffentlichung zu den Autorinnen Kontakt aufnehmen. Mit der Zeit nötig werdende Aktualisierungen, Ausdifferenzierungen oder Ergänzungen durchlaufen dabei den gleichen Prüfungsprozess wie jedes neu vorgeschlagene Lemma. Alle Beiträge bleiben in ihrer ursprünglichen Version allerdings weiterhin verfügbar und zitierfähig, während das Glossar zeitgleich permanent bearbeitet und ergänzt werden kann.

Ziel sei es, ein praktikables und zitierfähiges Online-Nachschlagewerk aufzubauen, in dem Inhalte sukzessive und permanent auf aktuelle Diskurse abgestimmt werden können, ohne dabei an akademischer Verlässlichkeit einzubüßen.

Darüber hinaus soll das Glossar Forschenden eine Veröffentlichungsplattform bieten. Dabei werden verschiedene Forschungsinteressen vernetzt und gleichzeitig Publikationshürden durch kurze Kontaktwege und eine kontinuierliche Betreuung sowohl durch das Redaktionsteam als auch durch ein professionelles Review-Verfahren vermindert.

Die Festveranstaltung findet am Dienstag, 2. Juli, um 15 Uhr in der Bibliotheca Albertina (Festsaal, Beethovenstraße 6) statt.

*) natürlich sind mit der weiblichen Formulierung in diesem Text auch alle männlichen Vertreter der jeweiligen Berufssparte gemeint, obwohl es meistens eben doch Frauen sind, die sich intensiv mit Gender-Forschung beschäftigen. Warum nur ist das so?

Einen ersten Eindruck vom Gender Glossar bekommt man hier: www.gender-glossar.de

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