Das DOK-Festival wirft seine Schatten voraus. Am Donnerstag stellt Festivaldirektor Claas Danielsen das diesjährige Programm vor. Einige Eckpunkte sind bereits bekannt. So wird der Länderschwerpunkt 2013 auf Brasilien liegen und Seiten des Landes zeigen, die in dem Hype um Fußball-WM und Olympia zu kurz kommen.

Als erstes Festival weltweit führt “DOK Leipzig” in diesem Jahr einen Hauptpreis für den besten animierten Dokumentarfilm ein. Anlass genug, um auf die Ursprünge dieser innovativen und heutzutage sehr populären Filmform zu blicken.

Das Anime-Sonderprogramm “Film Unlimited” vereint Werke des britischen “General Post Office” und des kanadischen “National Film Board” aus den 1930er bis 1960er Jahren. In dieser Zeit schufen Regisseure rund um die Meister John Grierson, Norman McLaren und Alberto Cavalcanti Werke voller Phantasie und visueller Überraschungen, die die Genregrenzen zwischen Dokumentar- und Animationsfilm mühelos überwanden. Neben Oscar-gekrönten Klassikern wird es auch kaum bekannte Arbeiten zu entdecken geben.

Aus Südafrika, der Schweiz und Deutschland stammen die Persönlichkeiten, denen “DOK Leipzig” 2013 seine Hommagen widmet. Der Brecht-Schüler Peter Voigt, der seinen Werdegang in den 1950er Jahren am Leipziger Theater begann und über das Berliner Ensemble, den Trickfilm und das Fernsehen schließlich zu Heynowski&Scheumann und später zum DEFA-Dokumentarfilmstudio gelangte, ist sicher einer der wichtigsten deutschen Filmemacher. Doch über Fachkreise hinaus ist er nur wenig bekannt. DOK Leipzig widmet dem Künstler eine Hommage, die “Form und Vergänglichkeit” anhand von Filmen der späten 1980er Jahre bis in die Gegenwart erforscht.

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Darunter finden sich Teile des autobiographischen Zyklus “Zugzwang” und Werke der Auseinandersetzung mit einer Ost-Avantgarde (Ernst Busch, Heiner Müller). Dabei geht es immer um Brüche, das Fragmentarische, die Verfremdung des Blicks – Filme, die sich klassischen dokumentarischen Techniken verweigern und höchstes Denkvergnügen versprechen. In einer Meisterklasse wird Voigt seine an Straub geschulte Methode am 1. November erläutern.

Das Prinzip “Offene Versuchsanordnung” – so auch der Titel der Hommage – kennzeichnet das Schaffen des Schweizer Filmemachers Peter Liechti, dessen Werke seit vielen Jahren zum festen Bestandteil von “DOK Leipzig” gehören. “Ich mache keine typischen Dokumentarfilme – vielleicht eher so genannte ‘Essays'”, sagt er über seine Arbeit. Die Struktur des Offenen und des Wagnisses ist konstitutiv für sein künstlerisches Werk. In radikalen Selbstversuchen und mit anarchischer Heiterkeit hinterfragt Liechti festgefügte Normen und setzt sich mit existentiellen Fragen auseinander. Die Hommage spannt den Bogen von seinen bekanntesten, teils mehrfach prämierten Werken bis zu seinem aktuellen Film “Vaters Garten” und wird durch eine Meisterklasse am 31. Oktober ergänzt.

1960 in Namibia geboren, lebt und arbeitet die Animationsfilmemacherin Wendy Morris heute in Belgien. Ihre Filme basieren auf historischen Fundstücken, über die sie sich an komplexe Sachverhalte heranwagt. Die Werke changieren zwischen dokumentarischem Kontext und künstlerischer Abstraktion. Wendy Morris malt und übermalt ihre Bilder und hält den Prozess im Film fest. Dieses Prinzip der kontinuierlichen Transformation ist grundlegend und kennzeichnend für ihre gesamte Arbeit. Bei DOK Leipzig stellt sie im Rahmen der Hommage “Animating History” auch drei neue Animationsfilme vor, die erstmals auf einem Festival gezeigt werden. Am 1. November führt sie in einer praktischen Meisterklasse in ihre komplexe Arbeitsweise ein.

Die mittlerweile zum Publikumsliebling avancierte DEFA-Matinee widmet sich wieder einem kultverdächtigen Gegenstand: “Bauschelastisch, formbeständig. Der DDR-Film im Zeichen des textilen Fortschritts”. Neben Dokumentarfilmen über die Textilproduktion in der DDR gibt es ein Wiedersehen mit legendären animierten Werbespots und damit einen Blick auf die private Filmproduktion der DDR.

www.dok-leipzig.de

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