Autorenfilmerin Alice Rohrwacher beschäftigt sich in "Land der Wunder" mit den Auswirkungen kruder EU-Bürokratie auf das landwirtschaftlich geprägte Leben in wirtschaftlichen schwachen Regionen. Und sie berichtet dem Zuseher von dem Versuch einer Familie, aus einer korrupten und illusorischen Welt zu fliehen.

Bienenzucht ist harte Arbeit. Gelsomina (Maria Alexandra Lungu) und ihre Familie halten trotzdem an dem Traum vom Leben in der Toskana fest. Für Vater Wolfgang (Sam Louwyck) ist die 12-Jährige der Liebling. Einerseits hat das Mädchen einen besonderen Draht zu den Bienen entwickelt und übernimmt Verantwortung bei der Honigproduktion. Andererseits wäre sie manchmal nur sie selbst und wünscht sich so zu leben, wie ihre Freundinnen auch.

Die heile Welt wird von einer EU-Richtlinie bedroht, die den Imkerbetrieb infrage stellt. Obendrein nutzen Nachbarn Dünger, der für die Bienen giftig ist. Als Gelsomina zufällig die TV-Moderatorin Milly Catena (Monica Belluci) trifft, keimt in ihr die Hoffnung, ein Gewinn bei dem Fernseh-Wettbewerb “Land der Hoffnung” würde die finanziellen Sorgen lösen.

Alice Rohrwacher zählt zu den Shooting Stars des italienischen Kinos. Ihr Debüt “Corpo Celeste” lief 2011 auf den namhaften Festivals Cannes, Sundance, New York, London Rio und Tokyo. Ihr zweiter fiktionaler Langfilm ist ein europäisches Gemeinschaftswerk, an dem Produzenten und Künstler aus Italien, Deutschland und der Schweiz beteiligt sind. Das passt. Schließlich betreffen die strengen EU-Richtlinien weite Teile der europäischen Wirtschaft. Der Film gewann bei dem diesjährigen Filmfestival in Cannes den “Großen Preis der Jury”.
Der Plot handelt von Außenseitern. Von Querulanten. Von Menschen, die ihren eigenen Weg gehen. Oder dies wenigstens versuchen, aber an geltenden Normen, sozialen Strukturen und sich selbst scheitern. Die Protagonisten leben eine Vision abseits des Mainstreams. Dafür werden sie in der Nachbarschaft müde belächelt. Warum ökologisch wirtschaften, wenn es mit konventionellen Methoden effektiver geht? Was kümmert es den Viehzüchter von nebenan, wenn Nachbars Bienen an dem Dünger sterben, den er auf seine Felder gestreut hat?

Die junge Regisseurin hält in ihrem Werk mit beinahe dokumentarischer Präzision einen diskutablen Ist-Zustand fest. Leider gelingt ihr trotz eines starken Ensembles nicht, den seriös gestrickten Plot kurzweilig auf die Leinwand zu transportieren. Vieles wirkt zäh, manch Dialog sogar allzu hölzern. “Land der Wunder” ist deshalb ein höchst anspruchsvoller Kunstfilm für eingefleischte Cineasten.

Italien 2014, R: Alice Rohrwacher, D: Sam Louwyck, Alba Rohrwacher, Maria Alexandra Lungu, 110 min, FSK 0.

Filmstart ist der 2. Oktober, zu sehen in der Kinobar Prager Frühling.

Die Seite zum Film:
www.landderwunder-film.de

www.kinobar-leipzig.de

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