Die Sonne scheint über dem Cospudener See, Musik liegt in der Luft und unzählige Menschen genießen die Atmosphäre eines lang ersehnten Open-Air-Festivals. Zwischen den Ständen und Bühnen herrscht ein reges Treiben. Doch etwas ist anders als in den Jahren zuvor.

Wo einst riesige LED-Wände flimmerten und die Besucher ständig zum Scannen eines QR-Codes aufgefordert wurden. Der Wind scheint sich gedreht zu haben. Elegant geschwungene Stoffbahnen tanzen im Sommerwind, farbenfrohe Banner weisen uns den Weg und an jeder Ecke laden kreativ gestaltete Plätzchen zum Verweilen und Genießen ein.

Es ist inzwischen unübersehbar, dass sich in der gesamten Veranstaltungsbranche diesbezüglich ein Comeback des Greifbaren bemerken lässt. So verzichten Veranstalter immer mehr auf digitale Eye-Catcher. Bei unserer täglichen digitalen Übersättigung besinnen sich Organisatoren zurück auf das, was eine unmittelbare Verbindung schafft, die physische Präsenz.

Dies ist mehr als eine nostalgische Rückbesinnung. Es ist eine strategische Antwort auf die veränderten Bedürfnisse eines Publikums, das nach authentischen Erlebnissen dürstet. Die ständige Konfrontation mit Bildschirmen im Alltag führt zu einer wachsenden Ermüdung. Ein Event, das seine Besucher ebenfalls mit digitalen Reizen überflutet, läuft Gefahr, als Teil des „alltäglichen Lärms“ und nicht als besondere Auszeit wahrgenommen zu werden.

Physische Werbe- und Informationsträger hingegen brechen aus dem Digitalisierungs-Run komplett  aus. Sie erfordern keine Interaktion, sie sind einfach da – präsent, ästhetisch und informativ. Sie schaffen eine beruhigtere Atmosphäre, definieren Räume ganz anders und können zu einem integralen Bestandteil der positiven Gesamtwahrnehmung der Veranstaltung werden.

Haptik gewinnt

Ein gutes Beispiel ist auch ein greifbares Werbemittel, wie Kugelschreiber, Feuerzeuge etc., denn unser Gehirn ist darauf programmiert, Objekte in der Umgebung anders und viel nachhaltiger zu verarbeiten als flüchtige, digitale Bildinformationen. Ein Objekt hat eine dreidimensionale Präsenz. Man kann es anfassen, es wirft einen Schatten, lässt sich bewegen und hat eine Textur womit es einen real vorhandenen Raum besetzt.

Diese multisensorischen Reize schaffen eine weitaus stärkere und emotionalere Gedächtnisspur als ein zweidimensionales Pixelbild.

Wenn wir ein elegant gestaltetes Banner, oder Fahne im Wind wehen sehen, wird dies als Teil der räumlichen Erfahrung wahrgenommen und sofern es dem Betrachter auf irgendeine Weise positive Erinnerungen dazu hinterlässt, werden auch solche, für uns selbst als vielleicht völlig nebensächlich eingestuften Eindrücke mit den Emotionen des gesamten Events verknüpft.

Ein klassisches und doch irgendwie modern wirkendes Beispiel hierfür ist die Beachflag, die durch ihren Tanz im Wind eine sehr einladende Atmosphäre schafft.

Damit verknüpfte Botschaften werden passiv und mühelos aufgenommen, während der Besucher die Umgebung genießt. Diese unbewusste, aber effektive Form der Präsenz führt zu einer höheren und positiveren Wahrnehmung. Das Physische besiegt das Digitale und nicht durch technische Überlegenheit, sondern durch psychologische Resonanz.

Die digitale Ermüdung

In den letzten Jahren schien der Weg für Event-Organisatoren klar vorgezeichnet: Digitalisierung um jeden Preis. Interaktive Social-Media-Wände, Gamification-Apps, digitale Schnitzeljagden und allgegenwärtige QR-Codes, die auf Landingpages, Gewinnspiele oder Menükarten verweisen.

Die Absicht dahinter war ja vielleicht ehrenhaft, man wollte das Publikum einbinden und die Brücke zwischen der Online- und Offline-Welt schlagen. Doch die Praxis zeigte schnell die Grenzen dieses Ansatzes auf. Anstatt die Besucher tiefer in das Event-Erlebnis eintauchen zu lassen, riss man sie eher heraus.

Der Blick senkte sich vom Bühnengeschehen auf das Smartphone, das Gespräch mit Freunden wurde für einen digitalen Check-in unterbrochen. Diese führte zu der Situation, Outdoor-Veranstaltungen, die per Definition ein Gemeinschaftserlebnis unter freiem Himmel versprachen, wurden teils zu eher isolierten, digitalen Interaktionen im öffentlichen Raum.

Die ständige Aufforderung zur Partizipation via Smartphone erzeugt unter Umständen auch einen permanenten subtilen Druck und eine Form von Stress, die dem eigentlichen Ziel des Genusses entgegenwirkte. Die Folge war auch, dass sich Menschen wieder mehr nach Orten sehnten, an denen sie nicht permanent online „sein müssen“, um teilzuhaben. Mit unseren fünf Sinnen wollen wir es wahrnehmen, nicht mit ihren Daumen.

Wieder ausgewogene Event-Erlebnisse schaffen

Wenn Veranstaltungen auf einen Teil der sonst üblichen digitalen Eye-Catcher verzichten, bedeutet dies keineswegs eine vollständige Abkehr von der digitalen Welt. Vielmehr geht es um eine Neugewichtung und eine intelligente Synthese beider Sphären. Die Zukunft erfolgreicher Veranstaltungen liegt nicht in einem „Entweder-oder“, sondern in einem gefühlvollen „Sowohl-als-auch“. Physisches, wie coole Festival-Installationen, flatternde Beach-Banner und ein Beleuchtungskonzept mit etwas Fingerspitzengefühl sind ein gutes Fundament fetter Events.  

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