Scharfe Kritik übt die Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de an einem weitreichenden Gesetzespaket von Union und SPD, über das die Fraktionen heute beraten werden. "Große Koalition heißt für CDU/CSU und SPD offenbar große Diätenerhöhung - und als Beruhigungspille für das Volk gibt es ein untaugliches Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung", so Gregor Hackmack, Geschäftsführer von abgeordnetenwatch.de.

Der Vorschlag der Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder (CDU/CSU) und Thomas Oppermann (SPD) sieht vor, die Diäten der Bundestagsabgeordneten von derzeit 8.252 Euro zum 1. Juli 2014 um 415 Euro auf 8.667 Euro sowie zum 1. Januar 2015 um weitere 415 Euro auf insgesamt 9.082 Euro zu erhöhen. Das entspricht einer Anhebung von über 10 Prozent! Zudem sollen künftig die Vorsitzenden der Ausschüsse, Unterausschüsse sowie Vorsitzende von Enquetekommissionen eine sogenannte Funktionszulage in Höhe von 15 Prozent der Diäten erhalten.

Im Gegenzug will die Große Koalition die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung neu regeln. Allerdings enthält der vorgeschlagene Gesetzentwurf eine Formulierung, die eine strafrechtliche Verfolgung der sogenannten Vorteilsannahme praktisch unmöglich macht (Gesetzentwurf siehe www.abgeordnetenwatch.de/images/daten/Gesetzentwurf_Abgeordnetenbestechung.pdf).

Dazu Gregor Hackmack, Geschäftsführer von abgeordnetenwatch.de: “Die Abgeordneten lassen sich ihre Zustimmung für ein Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung mit einer saftigen Diätenerhöhung teuer abkaufen. Das ist ein Kuhhandel auf Kosten der Steuerzahler. Besonders ärgerlich ist, dass die jetzt veröffentlichte Formulierung zur Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung in der Praxis ins Leere zu laufen droht.”

Denn anders als bei Beamten (die Vorteilannahme für Amtsträger ist geregelt in § 331 StGB http://dejure.org/gesetze/StGB/331.html) soll eine Vorteilsannahme unter Abgeordneten nur dann vorliegen, wenn der oder die Abgeordnete eine Handlung “im Auftrag oder auf Weisung” vornimmt. Dass der Abgeordnete aber im Auftrag oder auf Weisung gehandelt hat, wird praktisch nie nachweisbar sein. Denn ein Auftrag wird erteilt und angenommen und mündet in einer Verpflichtung für den Mandatsträger. Für die Erteilung einer Weisung wiederum braucht es ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Vorteilsgeber und Mandatsträger.

Die Große Koalition scheint diese Lücke zu erkennen und schreibt in der Begründung des Gesetzentwurfes, dass diese Formulierung gar nicht juristisch gemeint sei sondern im allgemeinen Sprachgebrauch zu verstehen ist. Doch gerade im Strafrecht ist der Wortlaut von besonderer Bedeutung für die Auslegung der Norm. “Es wird Gerichten schwerfallen, ein Gesetz gegen den Wortlaut auszulegen”, befürchtet Hackmack. “Die Formulierung ?im Auftrag oder Weisung’ muss daher dringend gestrichen werden, weil sie den Beweis einer strafbaren Vorteilsannahme praktisch unmöglich macht.” Die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung droht ansonsten ins Leere zu laufen.

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