Die Diagnose einer chronischen Erkrankung für das eigene Kind, oft nach einem langen Klinikaufenthalt, bedeutet immer einen erheblichen Einschnitt in das Leben einer Familie. In vielen Fällen gehen Eltern erst nach Wochen oder Monaten mit ihrem Kind nach Hause – begleitet von Unsicherheit, Ängsten und vielen Fragen. Fragen, wie zum Beispiel notwendige Therapien im Alltag umgesetzt werden können.

Am Zentrum für Frauen- und Kindermedizin des Universitätsklinikums Leipzig (UKL) gibt es für Betroffene ein professionelles Nachsorgeangebot. 2012 als Projekt auf der Früh- und Neugeborenen-Station gestartet, hat das Nachsorgezentrum „AlleDabei-Leipzig“ seit Herbst vergangenen Jahres seinen Wirkungskreis deutlich erweitert und ist spätestens seitdem zu einer festen Institution innerhalb des UKL geworden. In diesem Jahr sind bereits rund 100 Patienten und ihre Familien betreut worden.

Die kleine Maxi Ostermann hat ihre ersten beiden Lebensmonate wegen einer angeborenen Erkrankung auf der Kinder-Intensivstation verbracht – mit Mutter Claudia Kruse immer an ihrer Seite. Durch das Team der sozialmedizinischen Nachsorge konnte ein individuelles Helfernetz mit Kinderarzt und Therapeuten am Wohnort geschaffen werden. Den Eltern wurde es ermöglicht, Maxis aufwändige Versorgung und Therapie zu Hause umzusetzen. Die Familie ist in ihrer besonderen Situation angekommen und braucht keine zusätzliche Starthilfe mehr.

Dies sind die Momente, die Einrichtungsleiterin Katrin Mühler und Annett Bläser als ärztliche Leiterin stolz auf ihre Arbeit machen. Dritte im Leitungsteam ist Kinderkrankenschwester und Case Managerin Christin Henri-Dreßler. Sie koordiniert, organisiert und ist erste Anlaufstelle für die mittlerweile vier Teams.

Zur Neonatologie und der Kinder-Intensivstation kamen nämlich im vergangenen September noch die Teams allgemeine Pädiatrie und Onkologie hinzu. Der Bedarf ist da, wie die Zahlen zeigen. Ende Oktober 2016 gab es bereits etwa 100 Nachsorgefälle in diesem Jahr. Insgesamt sind damit seit der Gründung vor über vier Jahren 271 Kinder und ihre Familien betreut worden.

Das Kindernachsorgezentrum hilft Familien mit kranken Neugeborenen, mit chronisch- und schwerstkranken Kindern, mit onkologisch erkrankten Kindern oder solchen, die nach einem Unfall an schweren Folgeschäden leiden. Ihnen stehen Kinderkrankenschwestern und Pfleger, Sozialarbeiter, Case Manager und Kinderärzte zur Seite. Auch eine Psychologin ergänzt bei Bedarf die Arbeit in den Familien. „Wir versuchen, das heimische Kinderzimmer für die neuen Anforderungen fit zu machen“, beschreibt Leiterin Mühler eine der Hauptaufgaben, „wir organisieren und koordinieren, wie die aufwändige Pflege und Versorgung des kranken Kindes zu Hause realisiert werden kann.“

Koordinatorin Henri-Dreßler ergänzt: „Therapienetzwerke aufbauen, Frühförderung organisieren, einfach Lasten abnehmen – alles geschieht natürlich immer in Rücksprache mit den Eltern.“ So habe es sich zum Beispiel bewährt, wenn der erste Besuch beim Kinderarzt durch einen Mitarbeiter des Zentrums begleitet werde. „Das wird von den ambulanten Kinderärzten dankbar angenommen“, erklärt Henri-Dreßler.

Doch erstreckt sich das Aufgabenspektrum auch auf über das Medizinische hinausgehende Bereiche. „Sind die erkrankten Kinder schon größer, gehen wir an ihre Schulen und leisten Aufklärungsarbeit. Lehrer und Mitschüler müssen mitgenommen werden, um eventuelle Berührungsängste abzubauen“, konkretisiert sie.

Die Nachsorge beginnt zum Ende des Klinikaufenthalts. Über einen Zeitraum von zwölf Wochen können 20 Stunden Betreuung beantragt werden. Alle Termine werden individuell und zusammen mit den Familien festgelegt. In der Regel tragen die Krankenkassen die Kosten. Betreut werden Kinder von der Geburt bis zu einem Alter von 14, in Ausnahmefällen auch 18 Jahren.

Die Einrichtung so zu vergrößern und auf feste Füße zu stellen, sei keine einfache Sache gewesen, da sind sich alle einig. Ohne die langjährige, bis heute andauernde Förderung durch die „Stiftung Kinderklinik“ und der „Elternhilfe für krebskranke Kinder Leipzig“ wäre der Aufbau des Zentrums so nicht möglich gewesen. Förderer in der Anfangszeit waren auch die „Diabetes Kids Leipzig“ und der Verein „Mukoviszidose Selbsthilfe Leipzig“. Seit Herbst 2015 wird es von Krankenkassen und vom Universitätsklinikum Leipzig finanziert. „Es ist toll, dass der Vorstand des UKL der Erweiterung zustimmte“, freut sich denn auch Annett Bläser, „wir sind jedoch weiter auf eine Mischfinanzierung angewiesen, weil die Pauschalen der Krankenkassen nicht kostendeckend sind.“

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