Der Architekturpreis der Stadt Leipzig zur Förderung der Baukultur 2023 ist vergeben. Baubürgermeister Thomas Dienberg und Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung für Baukultur, haben drei Hauptpreise und vier lobende Erwähnungen überreicht, die zuvor von einer unabhängigen Jury aus 29 eingereichten Beiträgen ausgewählt wurden.

Die in diesem Jahr fertig gestellte Kindertageseinrichtung Tarostraße und der Erweiterungsbau der Apollonia-von-Wiedebach-Schule sowie die im vergangenen Jahr eröffnete Skateanlage Parkallee in Leipzig Grünau erhielten die undotierten Auszeichnungen. Auch vier lobende Erwähnungen wurden vergeben.

Baubürgermeister Thomas Dienberg sagt: „Der Architekturpreis in diesem Jahr belegt eindrucksvoll, dass die Stadt Leipzig ihrer Vorbildrolle als Bauherrin gerecht wird. Es freut mich außerordentlich, dass uns das hier von einer externen Jury bestätigt wird. Ich hoffe, dass dieser Erfolg eine Signalwirkung an alle Bauherren entfaltet, sich für eine lebendige und hochwertige Baukultur in unserer Stadt einzusetzen.“

Der Jury gehörten Professor Xaver Egger (Architekt, Berlin), Brit Gühne (Architektin, Leipzig) sowie Till Rehwaldt (Landschaftsarchitekt, Dresden) als Fachjuroren an. Als Sachjuroren aus Leipzig wirken zudem Annette Menting, Professorin für Baugeschichte und Baukultur, sowie der Kunsthistoriker Professor Arnold Bartetzky mit. Den Vorsitz des Gremiums hatte Professor Amandus Samsøe Sattler (Architekt, München) inne, die Stadt war als Ausloberin des Preises nicht vertreten.

2023 wurde der Preis bereits zum 13. Mal ausgeschrieben. Er würdigt herausragende, zeitgenössische Architektur. Es konnten Bauwerke und Freiraumgestaltungen aller Art und Nutzung eingereicht werden, die in den Jahren 2020 bis 2023 im Stadtgebiet fertig gestellt worden sind, auch Umbauten waren zugelassen.

Zu den Entscheidungen der Jury

Der zweigeschossige Baukörper der Kita Tarostraße 9a von Aline Hielscher Architektur (Leipzig) fügt sich nach Ansicht der Jury sowohl typologisch als auch farblich hervorragend in die bestehende Umgebung ein. Sie hebt die nachhaltigen und ressourcenschonenden Aspekte des Entwurfs hervor, etwa den geringen Energiebedarf des Hauses, die intensive Dachbegrünung oder den Einsatz spezieller Hochlochziegel in den Außenwänden. Diese sparen zusätzliche Außendämmung.

In der Begründung heiß es: „Die in den letzten Jahren zahlreich entstandenen städtischen Kindertagesstätten werden durch die ‚Kita Tarostraße‘ um einen spannungsreichen, eigenständigen Baukörper mit feiner Detaillierung ergänzt, der in mehrfacher Hinsicht Vorbildcharakter hat.“

Die Skateanlage Parkallee im Entwurf von GFSL gruen fuer stadt + leben (Leipzig) bietet der Leipziger Skaterszene hervorragende Bedingungen und „ein[en] Freiraum, der in seiner Diversität ein Abbild breiter bürgerschaftlicher Mitwirkung ist“. Laut Jury wurde dafür gestalterisch die Dynamik des Skatens auf das landschaftsarchitektonische Konzept übertragen. Hervorzuheben sind „die geschickt arrangierten Skatemodule“, die zum Teil aus recyceltem Abbruchmaterial bestehen.

„Mit dem neuen Skaterpark ist eine beispielhafte Anlage entstanden, die sowohl in sportlicher als auch gestalterischer Sicht höchste Masstäbe setzt. Sie ist in kurzer Zeit zu einem beliebten Ort der Sportler und Anwohner geworden und entfaltet ihre Wirkung weit über Leipzig hinaus“, heißt es in der Begründung.

Auch der Erweiterungsbau der Apollonia-von-Wiedebach-Schule aus dem Büro Kaden+ GmbH (Berlin) wurde von der Jury mit einem Preis ausgezeichnet. Der unter Denkmalschutz stehende Bestandsbau wurde „mit viel Fingerspitzengefühl“ durch einen Neubau ergänzt. Hier würdigen die Preisrichter insbesondere den „Mut zum Experiment“, den die Architekten bei der Verkleidung des Neubaus bewiesen: Der in Holzhybridbauweise errichtete Viergeschosser ist bis auf das Erdgeschoss mit handgespaltenen Holzschindeln aus Lärchenholz bedeckt.

In der Würdigung heißt es: „Der Erweiterungsbau der Apollonia-von-Wiedebach-Schule setzt innovative Akzente in Gestaltung und Baukonstruktion. Gleichzeitig besticht er durch eine Dialogfähigkeit gegenüber dem Bauerbe in der Nachbarschaft, die wegweisend für das Bauen im Bestand wirkt.“

Die Sakristei der mittelalterlichen Kirche in Zuckelhausen nach den Entwürfen der Architekten Irlenbusch von Hantelmann (Leipzig) erhält eine Lobende Erwähnung. „Die eigenständige Formensprache des elegant, leicht-geschwungenen Baukörpers, seine angenehme Proportionierung und bewusste Reduktion in der Fassadengestaltung führen an diesem Ort zu einer gelungenen baulichen Ergänzung.“ Der Bau wird von der Jury gewürdigt, „da er mit seinem gestalterischen und sozialen Anspruch einen Beitrag zur Baukultur […] leistet.“

Auch zwei private Wohnhäuser erhielten Lobende Erwähnungen: Das fünfgeschossige Wohnprojekt Kurti 50A (Kurt-Eisner-Straße 50a), ebenfalls von Aline Hielscher Architektur, hebt sich mit einer vorgehängten Aluminiumfassade von der angrenzenden Bebauung ab. Die Jury schreibt: „Das Gebäude gibt sich selbstbewusst und fügt sich gleichzeitig aufgrund seiner ruhigen Kubatur gut in den Blockinnenbereich ein. […] Die kraftvolle Materialwahl, die wertige Ausstattung und die sorgfältige Detaillierung der Wohnungen sind positiv hervorzuheben.“

Beim Einfamilienhaus DOPPELGIEBEL in Knauthain mussten die Planer KO/OK Architektur (Leipzig) eine fehlende Doppelhaushälfte zu einem in den 1930er Jahren entstandenen Haus baulich ergänzen.  Die Preisrichter loben „die gestalterische Reaktion auf den Ort und eine nachhaltige Holzbauweise in höchster Qualität und Detaillierung.“ Der Doppelgiebel-Bau sei eine vorbildhafte Antwort auf Fragen nachhaltigen Wohnungsbaus in Stadtrandgebieten.

Ebenfalls gewürdigt wurde die Quartiersschule Ihmelsstraße der RBZ Generalplanungsgesellschaft (Dresden): „Die neuen Gebäude für die Oberschule und das Gymnasium rahmen den Altbau in ihrer Mitte und übernehmen respektvoll Dimensionen und Proportionen, wie Sockel und Traufe, setzen sich aber bewusst in Materialisierung und Fassadenstruktur ab.“ Die Jury spricht von einer „positive[n] Ausstrahlung des Schulcampus“ und gelungener Vernetzung mit dem Stadtraum.

Katalog zur Ausstellung sowie Festschrift erschienen

Die Ausstellung aller eingereichten Objekte des Architekturpreises ist bis zum 30. März 2024 im Ausstellungsfoyer der Stadtbibliothek Leipzig zu sehen. Geöffnet ist jeweils montags bis freitags von 10 bis 19 Uhr sowie samstags von 10 bis 16 Uhr. Der Architekturpreis wird seit 1999 im jährlichen Wechsel mit dem Hieronymus-Lotter-Preis für Denkmalpflege der Kulturstiftung Leipzig vergeben – die nächste Auslobung ist 2025 geplant.

Zugleich erscheint ein farbiger Katalog, der über die Geschäftsstelle Architekturpreis beim Stadtplanungsamt der Stadt Leipzig bezogen werden kann (E-Mail: architekturpreis@leipzig.de). Weitere Informationen sowie eine Übersicht der Preisträger gibt es online unter www.leipzig.de/architekturpreis.

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