Was die Stuttgarter erst bekommen, wenn ihr Hauptbahnhof für 4,6 oder 5 oder 7 oder 10 Milliarden Euro unter die Erde versenkt wurde, das haben die Leipziger schon: Ein ganzes freigeräumtes Bahnhofsgelände mitten in der Stadt, auf dem städtische Entwicklung möglich wird. Daraus könnte man ein Projekt mit Außenwirkung machen, meinen die Grünen.

Es könne gelingen, dass aus dem “Stadtraum Bayerischer Bahnhof” künftig ein Ort mit hoher Außenwirkung für ganz Leipzig wird, den die Bevölkerung auch annimmt.

Die Leipziger Grünen fordern deshalb für das nun “zu vertiefende Stadtraumkonzept” eine frühzeitige, ergebnisoffene, verbindliche, über den gesetzlichen Rahmen hinausgehende sowie mehrphasige Beteiligung der Leipziger. Die relevanten Themen Stadtplanung und Stadtgestaltung einschließlich der verkehrlichen Entwicklung, Wohnen, Arbeiten, Kultur, Bildung, Freizeit, nachhaltiges Bauen sowie insbesondere Grüngestaltung des künftigen Stadtparks sollen mit den Bürgern breit diskutiert werden, bevor Entscheidungen endgültig gefällt werden. Die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hat deshalb zu diesem Thema einen Ergänzungsantrag für die Ratssitzung im April zur Aufstellung des Bebauungsplanes des brachliegenden Areals eingereicht.

Norman Volger, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, gehörte dem Preisgericht an, das am 30. März 2011 zum Wettbewerbsverfahren tagte. Er kritisiert: “Bedauerlicherweise gab es vor der Ausschreibung des städtebaulichen Wettbewerbes ‘Stadtraum Bayerischer Bahnhof’ durch Stadt und Deutsche Bahn keine intensive Beteiligung der Bürger und das obwohl sich die Stadt mit ihrer Bürgerbeteiligung immer brüstet. Dies muss nun nachgeholt werden. Man hätte in einem ersten besonders frühzeitigen Schritt Ideen und Vorschläge sammeln und in die Ausschreibung eines Ideen- und Realisierungswettbewerbes einfließen lassen können, indem die Ergebnisse von verschiedenen nicht gesetzlich geregelten Beteiligungsformen in den Ausschreibungstext für den Wettbewerb zur Gestaltung des gesamten Areals bereits eingegangen wären.”Volger verweist in diesem Zusammenhang auf das erfolgreich durchgeführte Berliner Wettbewerbsverfahren mit intensiver Bürgerbeteiligung für den Park auf dem Gleisdreieck. Hier wurden unter anderem frühzeitig Bürgerumfragen, Workshops in Fokusgruppen, Erkundungsspaziergänge, Infostände sowie eine Beteiligung durch ein moderiertes Internetforum durchgeführt.

Wie Volger vermisst auch Tim Elschner, Mitglied des Stadtbezirksbeirates Mitte für Bündnis 90/Die Grünen, der als Sachverständiger ebenfalls an der Sitzung des Preisgerichtes zum Wettbewerbsverfahren teilnahm, in den Verwaltungsvorlagen zum “Stadtraum Bayerischer Bahnhof” greifbare Aussagen zur beabsichtigten intensiven Beteiligung der Bürger.

Tim Elschner zu mehr Bürgerbeteiligung am Bayrischen Bahnhof: “Sie kann und soll unter anderem dazu führen, die Akzeptanz für den gesamten neu zu entwickelnden Stadtraum und des Weiteren insbesondere für den künftigen Stadtpark auf breiter Basis zu fördern und das bürgerschaftliche Engagement für diesen Ort langfristig zu stärken. Während des Bauleitplanverfahrens sollen die Bürger deshalb umfassend und basisorientiert beteiligt werden. Das Beteiligungsverfahren soll darüber hinaus fortgeführt werden, indem zum Beispiel kontinuierlich über das Baugeschehen informiert wird.”

“Doch ein intensives Beteiligungsverfahren braucht ein hohes Maß an Transparenz und Verbindlichkeit. Auch dem Kriterium der ‘Frühzeitigkeit’ muss Rechnung getragen werden”, stellen Volger und Elschner klar. Deshalb verlangen die Leipziger Grünen, dass Verwaltung und Stadtrat zusammen mit den Bürgern und der Deutschen Bahn als Grundstückseigentümerin ein Beteiligungskonzept erarbeiten und damit einen neuen Weg in der Leipziger Bürgerbeteiligung einschlagen sollen.

“Im Rahmen des noch auszuarbeitenden Beteiligungskonzeptes wäre es sinnvoll, ein so genanntes Planungsforum einzurichten, indem zum Beispiel Verwaltung, Landschaftsarchitekten, die Deutsche Bahn als Grundstückseigentümerin und interessierte und engagierten Bürgern regelmäßig zusammenfinden und in einem offenen Dialog die jeweils folgenden Schritte miteinander weiter vertiefend diskutieren und verabreden können”, so Volger.

Entscheidend für den Erfolg des Planungsforums sei, dass alle Akteure in klaren Strukturen miteinander umgehen, klare Verabredungen treffen und deutlich machen, in welchem Umfang Entscheidungen möglich sind und keine falschen Illusionen geweckt werden.

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