Das verlassene Bowlingcenter am Leuschnerplatz und der alte Standort an der Lortzingstraße Nummer drei galten im Masterplan vom Mai 2012 als Favoriten für das Naturkundemuseum. Im Zuge der Standortsuche betrachtete man Anfahrten, Besitzverhältnisse und zu erwartende Synergieeffekte mit der jeweiligen Umgebung. Doch mit einem der beiden Favoriten scheint keiner mehr ernsthaft zu planen.

“Warum eigentlich?”, fragte sich der Verein der Freunde und Förderer des Naturkundemuseums, mit Michael Hardt, Peter Täschner an der Spitze. Und sie schrieben ihre Fragen unter Beigabe eines eigenen Rankings (PDF am Ende zum Download) zwischen den beiden bevorzugten Standorten Bowlingcenter und Lortzingstraße an Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD). Wahrscheinlich wird morgen, zur Ratssitzung am 22. Januar 2014, Kulturbürgermeister Michael Faber (parteilos) die Antworten geben, denn er ist immer noch Kulturdezernent und verantwortlich für den Fortschritt bei der Standortentscheidung. Ob er, angesichts der Bau-Anfrage, dies kann und vielleicht lieber auf Baudezernentin Dorothee Dubrau (Grüne) abspielt, wird zu erleben sein.

Denn nach wie vor stehen die Tiefenprüfungen, bereits angemahnt im Masterplan von 2012, trotz diverser medienwirksamer Bürgerbesichtigungsstunden im Bowlingtreff noch aus. Während bei der ehemaligen höhere-Töchter-Schule an der Lortzingstraße die gesamte Statik in Rede steht – aufgrund des schwierigen Erdreiches und der damaligen Bauweise plus einem notwendigen Anbau – ist es am Leuschnerplatz unter Tage rein planungstechnisch noch dunkel, was auch die genauen finanziellen Rahmenbedingungen noch nicht greifbar macht. Und im schlimmsten Fall auch nass, wie der Verein der Freunde des Naturkundemuseums sich nach wie vor fragen.

Zeit ist, nach der bereits mehrfach kolportierten Vorabentscheidung für das ehemalige Bowlingcenter, seit Mitte 2012 genug vergangen, und die seitens des Vereins angemahnten Schritte müssten abgeschlossen oder zumindest die Fragen mittlerweile eigentlich relevant beantwortbar sein.Und die Fragen der Freunde des Naturkundemuseums lauten: “Wie werden bzw. wurden welche Fachleute mit welchen Referenzen für diese vertiefenden Standortuntersuchungen und Gutachten mit welchem detaillierten Untersuchungsauftrag gewonnen?

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Mit welchem Inhalt erfolgte wie die Ausschreibung der entsprechenden Untersuchungen? Welche Fachleute wurden in die Auswahl einbezogen, die welche Referenzen für derartige Fragestellungen aufweisen, insbesondere auch für die erforderliche Bauwerksdiagnostik, und welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang der wissenschaftliche Beirat / Sachverständigenrat des Naturkundemuseums?

Wie wurde inhaltlich die mathematisch-bautechnische Risikoanalyse für das erhöhte Risiko der Wasserschädigung der Sammlungen bei unterirdischer Unterbringung beauftragt? Dies beinhaltet: Ermittlung aller potentiellen Ein- bzw. Austrittsquellen von Wasser im worst-case-Fall in die unterirdischen Räume des Bowlingtreff; Ermittlung der mathematischen Wahrscheinlichkeit/ Häufigkeit entsprechender Fälle, Ermittlung der je Quelle maximal möglichen Wassereintrittsmengen und damit der potentiellen Grenzzeit für Evakuierungsmaßnahmen allen unterirdisch untergebrachten organischen Sammlungs- und Ausstellungsmaterials im worst-case-Fall; Erstellung eines Evakuierungsplanes für alles unterirdisch untergebrachte organische Sammlungs- und Ausstellungsmaterial innerhalb der entsprechenden Grenzzeiten unter Berücksichtigung des Ausfalls elektrisch betriebener Hilfsmittel, wie Lifte etc..”

Im Fazit des vereinseigenen Rankings, in welchem die Lortzingstraße nach bisherigem Kenntnisstand auf Platz 1 steht, wird nochmals deutlich auf die Kosten-, Platz und Risikofragen hingewiesen. “An beiden Standorten müssen die bestehenden Gebäude entkernt und funktional neu eingerichtet werden. An beiden Standorten wird ein Ergänzungsbau benötigt, wobei der am Standort Lortzingstraße einen größeren Flächenbedarf abdecken muss und kann.”

Die funktionalen Aufgaben für ein Naturkundemuseum, wie Raumhöhen, Erweiterungsmöglichkeiten und Exkursionsziele sehen die Freunde des NKM zudem eher in der Lortzingstraße erfüllt. So sei aus ihrer Sicht “im Konzept des Masterplanes ist für den Bowlingtreff kein ausreichend großer Veranstaltungsraum für Fachvorträge sowie die Arbeit der Fachgruppen und Vereine ausgewiesen.” Was die auch finanziell wichtige Kooperation mit Vereinen weiter einschränken könnte.

Aus dem Nässe- oder gar Flutungsrisiko des unterirdischen Naturkundemuseums am Leuschnerplatz ergäben sich darüber hinaus erhöhte Kosten für Versicherungen und weitere Risikomaßnahmen. Das Ergebnis des Vereins: “Aus funktionaler und emotionaler Tradition wird der Standort Lortzingstraße von den meisten Leipzigern eindeutig bevorzugt. Ohne Betrachtung der Kosten konnten alle Argumente gegen eine Museumsweiterentwicklung an diesem Standort widerlegt werden.”

Wenn da nicht das Gesamtkonzept zum Wilhelm-Leuschnerplatz mit Markthalle, Denkmalbau und Bowlingscenter wäre. Und die Idee, mit einem Verkauf der städtischen Immobilie an der Lortzingstraße eventuellen Mehrkosten am anderen Standort entgegenzusteuern.

Zum Masterplan auf Leipzig.de (Download PDF)

Der Standortvergleich des Vereins zwischen Bowlingcenter und altem Standort als PDF zum download.

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