Irgendwie ist ja die ganze Sache um das Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal (oder umgekehrt) ins Stocken geraten. Dafür schmettern die Leipziger Verkehrsbetriebe ihren Fahrgästen seit dem 15. Dezember ins Ohr: "Wilhelm-Leuschner-Platz. Platz der Friedlichen Revolution. Kabarett Academixer". An anderer Stelle schmettern sie noch Schlimmeres. Aber die Sache mit dem Platz der Friedlichen Revolution bewegt jetzt die Grünen-Fraktion - zu einer Anfrage an den OBM.

Die Fraktion hat einen alten Stadtratsbeschlusses von 2007 aus der Versenkung geholt: “Leipzig und ’89: Erinnern, Bewahren und für die Zukunft nutzbar machen!” (RBIV-814/07). Das war noch vor dem so unglücklich verlaufenen Wettbewerb um das Freiheitsdenkmal und vor dem Stadtratsbeschluss zur Umbenennung des Platzes. Letzterer erfolgte 2011 – mit dem nun in den LVB-Straßenbahnen hörbaren Ergebnis und den Zusatzschildern in der S-Bahn-Station Wilhelm Leuschner-Platz: Platz der Friedlichen Revolution. Was dadurch immer noch nicht stimmt. Aber beschlossen ist beschlossen.

Und trotzdem vermissen die Grünen was: “Am 14. Dezember 2013 wurde der City-Tunnel in Leipzig eröffnet. Auf www.citytunnelleipzig.de ist zu lesen: ‘Die vier unterirdischen Stationen sind von namhaften Architekten nach funktionalen wie nach ästhetischen Gesichtspunkten entworfen worden. Schnelle Zugänglichkeit, Helligkeit und Transparenz waren die Leitgedanken, nach denen bei der Planung vorgegangen wurde. Jede Station hat ihr individuelles, ihrer Lage und Funktion entsprechendes Gesicht erhalten.’ – Die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vermisst bei der Gestaltung der Station ‘Markt’ die Berücksichtigung des einstimmig gefassten Stadtratsbeschlusses vom März 2007 ‘Leipzig und ’89: Erinnern, Bewahren und für die Zukunft nutzbar machen!’, der auf unsere Initiative zurückging.”

Im Beschluss selbst steht es so nicht. Der war etwas offener formuliert. Im Punkt 1 hieß es zum Beispiel: “Die Stadtverwaltung prüft, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um a) das Andenken an ’89 stärker als bisher wach zu halten, b) die zentrale Rolle Leipzigs ’89 deutlicher als bisher herauszustellen und c) die ’89 in der Bürgerschaft Leipzigs nicht erstmalig zutage getretene Courage auch heute für die Politik besser nutzbar machen zu können.”Ein Ergebnis der Prüfungen war ja zum Beispiel die Veranstaltung des Lichtfestes seit 2009 oder die Einführung eines lokalen Feiertages am 9. Oktober in Leipzig. Auch die Betitelung des Wilhelm-Leuschner-Platzes als “Platz der Friedlichen Revolution” geht darauf zurück.

Was die Grünen jetzt vermissen, ist all das, was sie in ihrem Antrag als Vorschlag gebracht hatten. Da findet man dann auch die “Einrichtung eines städtischen, nicht arbeitsfreien Feiertages ‘Tag der friedlichen Revolution 1989′” oder die Stelen, die mittlerweile in der Innenstadt an die Schauplätze des Jahres 1989 erinnern.

Aber auch den Punkt “Gestaltung der “U-Bahn-Station Markt” zum zentralen Ausgangspunkt zu den Orten der Friedlichen Revolution des Herbstes 1989″. Die Stadtverwaltung sollte mit “besonderer Dringlichkeit” diesbezüglich eine Abstimmung mit der Bahn AG suchen, betont dazu Grünen-Stadtrat Ingo Sasama, der diesen Punkt jetzt zum Thema einer Anfrage im Stadtrat gemacht hat. Doch während Schilder in der S-Bahn-Station “Wilhelm-Leuschner-Platz” auch den “Platz der Friedlichen Revolution” erwähnen, gibt es in der Station Markt keine entsprechenden Hinweise – nicht zur “Runden Ecke”, nicht zum “Haus der Geschichte” (Zeitgeschichtliches Forum), nicht zum “Stadtgeschichtlichen Museum” oder zur Nikolaikirche.

2007 formulierten die Grünen in ihrer Begründung: “Die ‘U-Bahn-Station Markt’ eignet sich in besonderer Weise als Ausgangspunkt, da diesen Ort täglich Tausende Menschen passieren werden. Vor allem aber ist der Standort Markt der geografische Mittelpunkt der Erinnerungsstätten, von dem man aus in alle Himmelsrichtungen die wichtigsten Orte des Herbstes 1989 und die wichtigsten Museen, welche die Erinnerung an den Herbst 1989 bewahren, erreicht. Diese Aufgabe ist mit besonderer Dringlichkeit zu bearbeiten, da dort umgehend entsprechende Planung und Abstimmungen mit der Bahn AG realisiert werden müssen.”

Aber wie gestaltet man eine “U-Bahn-Station Markt” zum zentralen Ausgangspunkt zu den Orten der friedliche Revolution des Herbstes 1989? Oder gab es überhaupt einen entsprechenden Vorstoß der Stadtverwaltung, die mal bei der Bahn angefragt hätte?

Also wollen die Grünen in der Ratsversammlung am 22. Januar zwei Fragen offiziell beantwortet haben:

1. Was hat die Stadtverwaltung unternommen, damit die Station “Markt” im Sinne des Stadtratsbeschlusses zum zentralen Ausgangsort zu den Orten der friedlichen Revolution des Herbstes 1989, wie die “Runde-Ecke”, das “Haus der Geschichte”, das “Stadtgeschichtliche Museum” oder die Nikolaikirche, gestaltet wird?

2. Vor dem Hintergrund, dass sich 2014 die friedliche Revolution zum 25. Mal jährt, fragen wir weiter an: Welche Möglichkeiten gibt es, dass die oben genannte Idee, rechtzeitig vor den Feierlichkeiten am 9. Oktober 2014, doch noch umgesetzt werden kann?

Der Beschluss vom März 2007: http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp4/kais02.nsf/docid/CD499363B36BA3EAC12572AD004E9F99/$FILE/IV-rb-814-ausfertigung.pdf

Der Antrag mit den Anregungen der Grünen als PDF zum download.

Die Nachfrage der Grünen für den 22. Januar als PDF zum download.

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