Das Entwicklungskonzept für die beiden beliebten Stadtparks Clara-Zetkin- und Johanna-Park ist seit dem Frühjahr 2014 ein vieldiskutiertes Themenfeld - geht es doch um die Zukunft von Leipzigs "Grüner Lunge". In der Anna-Magdalena-Bach-Grundschule haben am Samstag, 21. Juni, insgesamt 50 Bürger, Vereinsvertreter, Gastronomen, Verwaltungsmitarbeiter und Stadträte Lösungsansätze zu den Themen Nutzungs- und Aufenthaltsbereiche, Wegesystem sowie Ordnung und Sauberkeit erarbeitet.

Dabei stellte sich dann auch heraus, dass das von der Stadt vorgelegte Konzept an vielen Stellen mit heißer Nadel gestrickt wurde, teilweise nur ein zusammengetragenes Sammelsurium von Vorschlägen aus den einzelnen Ämtern des Umweltdezernats war. Eine große, schlüssige Vision fehlte. Immerhin muss sich das zuständige Amt heute an der vor 60 Jahren entwickelten Vision eines Volksparks messen lassen. Die Nutzungen haben sich zwar in großen Teilen verändert, der Nutzungsdruck aber ist auch gestiegen.

Und so gab es aus der Bürgerwerkstatt gleich ein ganzes Bündel Arbeitsaufträge an die Verwaltung, angefangen mit der Frage: Wie geht man mit der gestiegenen Besucherzahl von
600.000 aus den 1990er Jahren auf künftig bis zu 3 Millionen Besuchern um?

“Die Kapazitätsgrenze des Clara-Parks gegenüber immer neuen Angeboten muss bewusst gemacht werden. Der Park kann nicht alles anbieten und alles aufnehmen. Im Vordergrund steht die Erholungsfunktion statt einer zunehmenden ‘Eventisierung'”, fasst der Ökolöwe (ja, er lebt noch und kämpft) die Grundfrage zusammen. “Der vorhandene Schutzstatus der Parks muss mit dem neuen Masterplan besser gewürdigt werden. Über beiden Parks liegt das Landschaftsschutzgebiet Leipziger Auwald, Teile des Clara-Parks liegen zudem im geschützten Fauna-Flora-Habitat (FFH) und im europäischen Vogelschutzgebiet. Im Park kommen viele geschützte Tierarten vor. Im Masterplan müssen Artenschutzmaßnahmen eingebunden sein. Geplante Maßnahmen dürfen den bereits bestehenden Schutzgebietszielen nicht zuwiderlaufen. Die Schutzgebiete, Liegewiesen sowie Spiel- und Sportbereiche müssen jeweils deutlich mit Piktogrammen ausgeschildert werden. Über Öffentlichkeitsarbeit seitens der Stadtverwaltung soll für eine sanfte Parknutzung geworben werden. Dies kann durch Anlieger und Initiativen unterstützt werden.”

Womit ein wichtiges Problem im größten Leipziger Park in den Mittelpunkt rückt: Der Park “kommuniziert” nicht. Es gibt praktisch keine Hinweise auf Nutzungsarten. Alles scheint gleichermaßen für alles da zu sein. Höchste Zeit also, dass es ein abgestuftes Nutzungskonzept gibt. Dazu gehören extensivere und intensivere Zonen, sowohl was die Nutzungsarten als auch die Pflege anbetrifft.

“Die Parks sind Bau- und Gartendenkmäler. Das Erbe der Altvorderen soll besser gewürdigt werden”, betont der Ökolöwe.

Da die Stadtverwaltung an Sonn- und Feiertagen nur zwei Mitarbeiter des Ordnungsdienstes für das gesamte Stadtgebiet einsetzen kann, wurde sich mehrheitlich für die Aufstockung dieser Stellen ausgesprochen. Aufgrund des steigenden Nutzungsdrucks wurde aber auch deutlich, dass zusätzlicher Regelungsbedarf für die Parks besteht.

Und nicht nur der Ökolöwe findet, dass der Clara-Zetkin- und Johannapark autofrei bleiben sollen. Dies soll durch die Entwidmung eines Teils der Anton-Bruckner-Allee, der Max-Reger-Allee und des Nonnenwegs dauerhaft sichergestellt werden.

Dass Leipzigs Stadträte hier zum Teil noch in alten Mustern verhaftet sind, belegte einmal mehr Linke-Stadtrat Siegfried Schlegel, der am Montag gleich einmal verkündete: “Einigkeit gab es darüber, dass die Max-Reger-Allee, anders als der Rennbahnweg, künftig nicht mehr als PKW-Parkraum genutzt werden sollte. Ob deshalb gleich die Keule der Straßenentwidmung geschwungen werden muss, ist zu hinterfragen, da auch Wirtschafts- und Rettungsverkehr abzuwickeln sind.”

Dass es die braucht, hat ja beim Workshop niemand hinterfragt. Nur haben viele Parkbesucher nun vom Pkw-Verkehr, der sich selbst bei Hochbetrieb in den Park drängt, genug.

“Es müssen neue Poller gesetzt werden, die das Befahren der Parks verhindern; ausgenommen sind die Wege zur Belieferung der gastronomischen Einrichtungen und der Galopprennbahn Scheibenholz”, resümiert der Ökolöwe den Workshop.Fairness-Zonen auf der Anton-Bruckner-Allee sollen für ein besseres Miteinander sorgen. Bei Siegfried Schlegel klang das so: “Der Vorschlag der “Fairnesszonen” nach dem Vorbild der Stadt Wien könnte den Konflikt zwischen Fußgängern, Radfahrern und Skatern lösen. Die asphaltierten Trassen in der Anton-Bruckner-Allee oder der Max-Reger-Allee können von Fußgängern, Radfahrern, Skatern ebenso genutzt werden wie von Rettungsfahrzeugen, da Skater nur auf Fußwegen fahren dürfen.”

Das ist nichts anderes als die Beschreibung des jetzigen Zustands. Nur ohne Autos. Klar wurde aber auch, dass zumindest auf der Ostseite der Parks eine bessere ÖPNV-Anbindung kommen muss. Überfällig wird sie sowieso, wenn 2016 das neue Gymnasium in der Telemannstraße in Betrieb geht.

Siegfried Schlegel: “Vor dem Hintergrund, dass sowohl eine Anbindung des neuen Gymnasiums in der Telemannstraße als auch die Verbesserung der Erreichbarkeit des Clara-Zetkin-Parks aus den angrenzenden Stadtteilen notwendig ist, müsste die Einrichtung einer Quartiersbuslinie geprüft werden. In der Woche würde diese vorrangig von Schülern und Senioren, am Wochenende verstärkt von Parkbesuchern genutzt werden.”

Eine neue Buslinie könnte von der Südvorstadt über das neue Gymnasium Telemannstraße, Musikviertel, Clara-Park, Bachviertel und Sportgymnasium zum Sportforum und zum Waldstraßenviertel fahren. Eine neue Bushaltestelle “Moschelesstraße” sollte eingerichtet werden.

Auch die Einrichtung geschützter Überwege in die Parks in Form von Zebrastreifen wurde diskutiert. Und es soll Radverkehrsanlagen für den schnellen Radverkehr geben – z. B. in der Karl-Tauchnitz-Straße. Und mehr Fahrradbügel braucht es auch.

Aber natürlich diskutierte die Werkstatt auch über die Probleme, die ursprünglich die CDU mit einem Antrag angesprochen hatte: Ordnung und Sauberkeit.

Allein 2013 wurden 100 Tonnen Abfall von den Wiesen und aus den bereitgestellten Behältern im Clara-Zetkin-Park entsorgt.

Durch entsprechende Kommunikation soll zur Abfallvermeidung angeregt werden. Unabhängig davon sollen derzeitige Standorte von Müllbehältern überprüft und für eine zeitnahe Abfallberäumung gesorgt werden.

Aber da das Problem in der Regel rücksichtslose Zeitgenossen sind, die ihren Müll einfach liegen lassen, wo sie gefeiert haben, wurde sogar ein ganz drastischer Vorschlag gemacht: Als öffentlichkeitswirksame Maßnahme wurde vorgeschlagen, angefallenen Müll vom Wochenende einmal bewusst für mehrere Tage in den Grünflächen zu belassen.

Selbst das zuweilen hemmungslose Grillen im Park wurde Thema. Kann man das regeln, indem man Einweggrills, die die Grasnarbe zerstören, verbannt, dafür Mietgrills anbietet und für Ständergrills wirbt?

Der Ökolöwe jedenfalls zeigt sich erfreut über den bisher sehr gelungenen Bürgermitwirkungsprozess, der seitens des Amtes für Stadtgrün und Gewässer initiiert wurde. Gleichzeitig fordert er die Stadtverwaltung auf, die Punkte der Teilnehmer aus dem Planungsworkshop zur Umsetzung zu bringen. In der Vergangenheit habe sich allzu oft gezeigt, dass Bürgerhinweise nicht ernst genommen würden. Als ein Beispiel nennt der Umweltverbund den Lärmaktionsplan, zu dem es eine breite Bürgerbeteiligung gab. Einzelne Maßnahmen aber mussten dann im zähen Antragsverfahren selbst dann durchgedrückt werden, wenn die Umsetzung ohne großen Aufwand möglich war.

Kristina Dietrich, umweltpolitische Sprecherin des Ökolöwen: “Der Park ist nicht nur ein Kulturdenkmal und ein Sportplatz, nicht nur ein Veranstaltungsort und eine attraktive Kulisse zum Picknicken und Grillen, sondern muss auch aufgrund seines eigenen Wertes für die Natur und künftige Generationen sowie als bedeutende Lebensstätte von Tieren und Pflanzen erhalten werden.”

www.oekoloewe.de/retten

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