Lindenaus Odermannstraße ist nun Freiluftgalerie. Seit dem geschichtsträchtigen 8. Mai zeigt eine Riesen-Plane 400 Kinderzeichnungen. Diese entstanden im Rahmen der Aktion "Bunte Charakterköpfe gegen braune Rüben", welche Aktions-Künstler Michael Fischer-Art mit angestoßen hat. Nun gibt es die Plane als Gruß an die braunen Kameraden gegenüber.

Die Odermannstraße ist gerade für den motorisierten Individualverkehr gesperrt. Denn die Leipziger Verkehrsbetriebe machen aus der dortigen Straßenbahnstrecke eine Stadtbahntrasse.

Nun liebt der Leipziger seine Bimmel. Und so tragen viele Straßenbahnzüge Namen. Vierzehn XXL-Straßenbahnzüge heißen nach den Partnerstädten der Messestadt. Die Partnerschaften begannen 1961 mit der ukrainischen Hauptstadt Kiew und 1962 mit dem “roten” Bologna. Die beiden jüngsten Partnerinnen der Messestadt liegen mit Addis Abeba in Äthiopien und mit Herzliya in Israel.

Die Wappen von Leipzigs vierzehn Partnerstädten prangen nun auf einer 162 Quadratmeter großen Plane an der Rückseite des Westbades in der Lindenauer Odermannstraße. “Leipzig ist tolerant, international vernetzt und seinen Einwohnern und Besuchern – egal woher – in der Welt freundlich verbunden” steht in großen Lettern auf dem Mega-Transparent.Die Plane versteht sich selbstredend als Statement an die Kameraden im NPD-Bürgerbüro schräg gegenüber. Deren Stadträte haben es ausweislich der Protokolle der Stadtratssitzungen nicht so sehr mit völkerverbindenden Städtepartnerschaften.

Umrahmt sind Sinnspruch und die 14 Wappen auf der Plane von 400 Kinderzeichnungen. Diese entstanden seit Ende Januar diesen Jahres in Schulen der Region.

Zu der Malaktion “Bunte Charakterköpfe – statt brauner Rüben” hatten anlässlich des diesjährigen Gedenktages an die NS-Opfer der Leipziger Bundestagsabgeordnete Dr. Thomas Feist (CDU), der Künstler Michael Fischer-Art und der Pressesprecher der hiesigen Bildungsagentur, Roman Schulz, aufgerufen.Von der großen Resonanz unter den Schülern der Region waren die drei Charakterköpfe hinter der Aktion selbst überrascht. Deshalb gibt es die Anerkennung für alle Teilnehmer erst Anfang Juni. Doch so ganz ohne spezielle Würdigung sollte der 8. Mai als ursprünglich geplanter Schlusspunkt der Aktion dann doch nicht vorbeigehen. Schließlich geht es bei jenem Tag um den Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus in Folge der deutschen Kapitulation und des Kriegsendes 1945 in Europa. Deshalb nun das Transparent in der Odermannstraße.

Untätig blieb die fünfköpfige Bunte-Charakterköpfe-Jury hingegen nicht. Die elf besten Arbeiten wurden am vergangenen Freitag nach eingehender kollektiver Beratung im Theater der Jungen Welt bestimmt. Jurorin Andrea Hempel, Kunstlehrerin am Leipziger Thomas-Gymnasium, hat besonders beeindruckt, “dass man sieht, dass die Kinder ganz viele Stunden an dem Thema gearbeitet haben.”

“Die vielen unterschiedlichen Ideen zu dem Thema zeigen, dass sich überall Leute frei entfaltet haben”, hebt Mit-Jurorin Vera Koch, Ausstatterin am Theater der Jungen Welt, hervor. Von der prallen Vielfalt der Ansätze fasziniert zeigt sich auch Michael Fischer-Art: “Das zeigt, dass die Welt nicht nur weiß und eckig ist” – und genau das würden die Arbeiten aus seiner Sicht ausdrücken.

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“Da ist kein Bild dabei, das aussieht wie eine lästige Pflichtübung”, fügt Thomas Feist hinzu. Einige seiner Bundestagskollegen finden die Idee so super, dass sie in ihren Wahlkreisen auch eine solche Aktion anstoßen wollen, erzählt der Politiker. Für Roman Schulz ist neben der “Fülle der Arbeiten” die Tatsache hervorhebenswert, dass die Arbeiten aus allen Schularten kommen.

Alle Teilnehmer der Aktion werden in der nächsten Zeit prämiert. Hierzu fanden die Juroren viele Partner in der Region, die Preise bereitstellten. Die besten elf Arbeiten dürfen sich zusätzlich auf eine Reise freuen: Für sechs Preisträger geht es in die Bundeshauptstadt nach Berlin. Fünf Preisträger werden in Dresden unter anderem Sachsens Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich treffen.

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