In Bremen sitzt Paul M. Schröder an seinem Schreibtisch im Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) und rechnet und rechnet und legt dann all die Zahlen vor, die Bundesarbeitsagentur und Jobcenter so nicht in ihre Pressemitteilungen packen. Zum Beispiel die Gelder für das, was früher mal als Eingliederungsmittel bezeichnet wurde. Wenn man Eingliederungstitel abschafft, sinken die Aufwendungen natürlich.

“Im ersten Halbjahr des Haushaltsjahres 2014 wurden von den 303 Jobcentern in gemeinsamer Trägerschaft von Bundesagentur für Arbeit (Agenturen für Arbeit) und Kommunen (‘gemeinsame Einrichtungen’: Jobcenter gE) insgesamt 941,7 Millionen Euro für ‘Leistungen zur Eingliederung nach dem SGB II’ (Hartz IV) ausgegeben, 63,1 Millionen Euro (6,3 Prozent) weniger als im ersten Halbjahr 2013 bzw. 85,6 Millionen Euro (8,3 Prozent) weniger als im ersten Halbjahr 2012”, hat er nun wieder ausgerechnet.

Es ist nicht nur das Abbild des fortschreitenden Abbaus diverser Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Die Gelder werden auch immer weiter in die reine Verwaltung der Behörden umgeschichtet.

“Gemessen an den für diese Ausgaben in 2014 zugeteilten Bundesmitteln in Höhe von insgesamt 2,677 Milliarden Euro für die 303 Jobcenter gE wurden im ersten Halbjahr 2014 (50 Prozent des Haushaltsjahres) lediglich 35,2 Prozent für ‘SGB II-Eingliederungsleistungen’ ausgegeben. In den Ländern (jeweils die Jobcenter gE) reicht dieser Anteil von 40,5 Prozent in Berlin, 39,9 Prozent in Hamburg, 39,6 Prozent in Bremen und 37,9 Prozent im Saarland bis 29,3 Prozent in Bayern”, stellt Schröder fest. “Gründe für die bisher insgesamt niedrige Ausschöpfung der zugeteilten Bundesmittel für ‘Leistungen zur Eingliederung nach dem SGB II’ sind u.a. die vor und nach Beginn des Haushaltsjahres 2014 bestehende Unsicherheit über die tatsächliche Höhe der Mittelzuweisungen und insbesondere die auch 2014 weiter zunehmenden Umschichtungen eines erheblichen Teils dieser ‘Eingliederungsmittel’ in die Verwaltungskostenbudgets der Jobcenter.”

So schmolzen die Eingliederungsmittel, die im ersten Halbjahr 2012 in Sachsen noch 25,161 Millionen Euro betrugen, auf 19,389 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2014.

Es sind nicht nur “beschäftigungsfördernde Maßnahmen”, deren Finanzierung in Sachsen von 9,302 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2013 auf 6,870 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2014 sank. Selbst die “Förderung der Berufsausbildung benachteiligter Auszubildender” ging in ihrer Finanzierung in den verglichenen Halbjahren von 6,883 Millionen Euro auf 5,170 Millionen Euro zurück. Dasselbe trifft auch auf die “Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW)” zu, die im ersten Halbjahr 2013 noch mit 21,271 Millionen Euro finanziert wurde, im ersten Halbjahr 2014 dann nur noch mit 17,860 Millionen Euro.

Es gibt auch Posten, die im Gegenzug angestiegen sind. Darin zeigt sich die deutlich gewandelte Politik der Bundesregierung, die lieber die direkte Integration von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt unterstützt in der Hoffnung, so kämen die Betroffenen tatsächlich in eine selbsttragende Arbeit. Was noch zu untersuchen ist, wenn dieses neuerliche Experiment einmal ausgewertet wird. Zum Beispiel von Paul M. Schröder, wenn er dazu die nötigen Zahlen aus der Bundesagentur bekommt.

So stieg auch in Sachsen der Posten “Aktivierung und berufliche Eingliederung – MAbE (Ermessen)” von 11,320 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2013 auf 12,886 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2014 an. Ganz ähnlich wie der Posten “Förderung von Arbeitsverhältnissen (FAV)” von 1,387 auf 1,520 Millionen Euro anstieg. Die Leute sollen unbedingt auf den “ersten Arbeitsmarkt”, nirgendwo anders hin.

Die komplette Mitteilung des BIAJ:
http://biaj.de/images/stories/2014-07-18_sgb2-amp-ohne-zkt-01-06-2014.pdf

www.biaj.de

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