Was wurde 2013 gekämpft und gefeilscht um den Haushalt der Stadt Leipzig. Zweistellige Millionenbeträge sah man im Minus. Selbst die Bürger waren aufgefordert, Einsparvorschläge zu machen. Am Ende wurde ein Haushalt mit einem Defizit von 16 Millionen Euro beschlossen. Tatsächlich wird Leipzig das Haushaltsjahr 2014 wohl mit einem Plus abschließen, kündigt Finanzbürgermeister Torsten Bonew (CDU) nun an.

Er hat dem Stadtrat jetzt seine “Analyse der Haushaltsdurchführung 2014” vorgelegt, sie beinhaltet zwar den Stand von Ende September. Aber die wesentlichen Entwicklungen bis zum Jahresende sind schon ablesbar. Und das wichtigste Ergebnis ist wohl, dass die Gewerbesteuereinnahmen stärker steigen als noch 2013 angenommen.

“Im Rahmen der Analyse zum 30.06.2014 wurde für den Ergebnishaushalt 2014, welcher mit einem Volumen von rd. 1,37 Mrd. ? bei einem Defizit von rd. 16,22 Mio. ? beschlossen wurde, ein Überschuss i.H. von 19,44 Mio. ? prognostiziert”, heißt es in der Vorlage. Das klingt natürlich genauer, als es am Ende sein kann. Gerade die Berechnung der Steuereinnahmen ist ein recht verzwickter Vorgang, vor allem, weil ein guter Teil des Ergebnisses auf Gewerbesteuererhebungen aus dem Jahr 2012 beruht.

Anders als sein Finanzkollege im Dresdner Ministeramt macht Torsten Bonew nicht aus jeder Steuerprognose eine Alarmmeldung. Was gute Gründe hat. Denn der Arbeitskreis Steuerschätzung, der halbjährlich seine Schätzungen vorlegt, operiert meist sehr an den aktuellen und sehr fieberhaften Ausschlägen der Wirtschaftsprognosen. Der Arbeitskreis ist im Grunde ständig am Nachkorrigieren, je nachdem, wie die Stimmung in den befragten Unternehmen schwankt.

Aber tatsächlich trudeln die Steuereinnahmen aus den Unternehmen immer mit Verspätung in den Kassen der Kommunen ein. Ein Jahr Verzögerung ist eher die Regel als die Ausnahme. Und wenn das komplexe deutsche Steuerrecht auch noch Ermäßigungen und Rückzahlungen ermöglicht, werden es schnell anderthalb bis zwei Jahre. So dass auch Torsten Bonew zum Jahresende eher noch eine Menge Rechnerei sieht, aber keinen weiteren großen Anstieg.

Wobei das Ergebnis, das er jetzt bekannt gibt, schon deutlich über dem Planansatz von 215 Millionen Euro Gewerbesteuer liegt. “Mit der V-Ist-Einschätzung per 30.06. wurden Mehrerträge von 15 Mio. ? berücksichtigt. Auf Basis der aktuellen Kenntnis wird diese Einschätzung um nochmal 10 Mio. ? erhöht und damit von einem voraussichtlichen Rechnungsergebnis von 240 Mio. ? ausgegangen. Dies unterstellt, dass das aktuelle Niveau gehalten werden kann, gleichwohl berücksichtigt wird, dass gerade gegen Jahresende noch zahlreiche Bereinigungen/Abgänge erfolgen.”240 Millionen – das reicht unübersehbar, um das geplante Defizit auszugleichen und am Ende gar ein Plus zu erwirtschaften. Wobei im Schatten der Gewerbesteuer ja auch immer der kommunale Anteil an der Einkommensteuer mitläuft, der 2013 erstmals die wichtige Schwelle von 100 Millionen Euro überschritt. Im Haushalt 2014 hat Torsten Bonew deshalb mit 115 Millionen Euro kalkuliert – nun zeichnet sich schon im September ab, dass es mindestens 117 Millionen werden.

Das sind zwar keine Steigerungen, die der Stadt nun größere Sprünge ermöglichen etwa in der Sozial- oder der Personalpolitik. Aber die gestiegenen Steuereinnahmen gleichen auch nicht nur das geplante Defizit aus. Sie erhalten auch die Spielräume zum Schuldenabbau, den Leipzig – trotz immer wieder knapper Haushalte – trotzdem weitertreibt.

Nach einer Tilgung der Kreditlast der Stadt in Höhe von 53,7 Millionen Euro im Jahr 2013 wird Leipzig wohl auch 2014 schaffen, 53,5 Millionen Euro zu tilgen. “Darin enthalten ist die jährliche zusätzliche außerordentliche Tilgung i.H. von 5 Mio. ?, mit der die Stadt Leipzig durch den Bescheid der Landesdirektion Leipzig vom 30.09.2011 seit 2012 beauflagt wurde”, so das Finanzdezernat. Das ist etwas ganz anderes als bloß eine “Schwarze Null”, mit der der Bundesfinanzminister die politische Gemeinde beruhigt. Leipzig trägt seinen Schuldenberg, der mal über 900 Millionen Euro hoch war, in kleinen Portionen jedes Jahr ein Stück weit ab.

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Parallel darf die Stadt natürlich auch wieder Kredite aufnehmen, um Investitionen voranzutreiben. Die Kreditermächtigung liegt 2014 bei 39 Millionen Euro. Was im Ergebnis heißt: Der Schuldenberg sinkt auch dann, wenn die Stadt alle Kreditermächtigungen in Anspruch nimmt.

Im Dezember 2013 hatte Leipzig noch einen Schuldenberg von 695 Millionen Euro. Bis Dezember 2014 wird er – so prognostiziert der Finanzbürgermeister – auf voraussichtlich 674,9 Millionen Euro sinken. Womit auch die Pro-Kopf-Verschuldung der Leipziger weiter sinkt – von 1.310 Euro im Dezember 2013 auf 1.269 Euro. Wobei auch dieser Wert noch zu hoch ist, denn das Finanzdezernat hat hier mit der letzten amtlichen Einwohnerzahl vom Dezember 2013 gerechnet: 531.562.

Inzwischen hat das Statistische Landesamt auch mal eine Zahl für Februar 2014 vorgelegt. Da waren es schon 532.267 Leipziger. Die sächsischen Statistiker brauchen immer länger, um neue amtliche Einwohnerzahlen auszurechnen. Aber zumindest im Leipziger Amt für Statistik und Wahlen weiß man, wo Leipzig mittlerweile tatsächlich steht. Denn man hat ja das Einwohnerregister. Und dort wuchs die gemeldete Einwohnerzahl von 539.348 am 31. Dezember 2013 auf 549.792 am 31. Oktober 2014. Binnen zehn Monaten wuchs die Leipziger Einwohnerzahl also um weitere 10.444. Was dann für das amtliche Meldeergebnis im Oktober (an dem man in Kamenz immer noch rechnet und das wir vielleicht im Juli 2015 erst bekommen) bedeutet, dass Leipzig zu diesem Zeitpunkt auch amtlich schon 542.006 Einwohner hatte.

Amtlich eigentlich, auch wenn das Amt in Kamenz noch verzweifelt rechnet.

Was dann für den Pro-Kopf-Schuldenstand der Leipziger eben einen noch niedrigeren Wert bedeutet. Statt 1.269 Euro nämlich nur noch 1.245 Euro.

Die Haushaltsanalyse des Finanzdezernats als PDF zum Download.

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