In den letzten Monaten hat die L-IZ mehrfach nachgefragt, wer eigentlich im Gewässerknoten Leipzig den Hut auf hat für Planungen und Visionen. Die Leser konnten miterleben, wie der Ball von einer Instanz zur nächsten weitergespielt wurde. Immer schien es ein anderes Gremium zu sein, das die Pläne schmiedet, nie die schöne Wasserstadt Leipzig. Als existiere sie gar nicht. Ein Zustand, den BUND Leipzig und Ökolöwe nun kritisieren.

Besonders verdutzt sind sie, seit der der Leipziger Stadtrat am 10. Juli der Analyse für einen 151 Millionen Euro teuren Weiterbau des Elster-Saale-Kanals zur Kenntnis nahm, gleichzeitig aber auch seine “ideelle Unterstützung” aussprach. Keine Woche verging, da zeigte sich Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal (Die Linke) am Lindenauer Hafen und verkündete, er betrachte die Abstimmung als erteilte Aufgabe und wolle jetzt weiterarbeiten an dem Projekt.

Das – die L-IZ hat es ja recht gründlich analysiert – nur ansatzweise wirtschaftlich wird, wenn es Motorbootbetrieb in den Gewässerknoten Leipzig holt. Nur dann sind die beiden Hauptbestandteile Schiffshebewerk (35 Millionen Euro) und Marina Lindenau (45 Millionen) in irgendeiner Weise sinnvoll.

Und wer sich die in der “Potenzialanalyse” verwendeten Karten anschaut, sieht, dass das ganze Projekt auch auf eine Motorisierung des Gewässerknotens selbst hinausläuft. Geht eigentlich nicht, sagen die Naturschützer. Dagegen spricht jede einzelne Variante des Naturschutzes im Leipziger Auenwald.

Und so üben denn die BUND Regionalgruppe Leipzig und der Ökolöwe deutliche Kritik am Ausbau des Leipziger Gewässerverbundes. Vor allem die Fließgewässer im Leipziger Auwald und Teilbereiche der Tagebaurestseen im Süden und Norden Leipzigs unterliegen strengen Schutzkategorien, betonen sie.
“Die bestehenden und sich entwickelnden Lebensräume haben in diesen Bereichen unbedingt Vorrang vor allen anderen Nutzungen. Die geschützten Landschaftsbestandteile dürfen durch Baumaßnahmen und unsachgemäße sowie übermäßige Nutzung nicht weiter entwertet werden”, fordert Juliane Elzner-Buhl, umweltpolitische Sprecherin des Ökolöwen. Dagegen lassen die bisherigen wasserbaulichen Maßnahmen, zum Beispiel die Schleuse Connewitz und besonders Kurs 1, ebenso wie die Pläne zum Elster-Saale-Kanal auf eine wassertouristische Nutzung mit Motorbooten schließen.

Dabei ist noch längst nicht klar, welche Folgen das am 11. Juli beschlossene neue Wassergesetz des Freistaates Sachsen fürs Neuseenland hat, das eine Schiffbarkeitserklärung für alle Bergbaufolgeseen und die entstehenden Verbindungsgewässer vorsieht. Bislang mussten für motorisierte Schwimmfahrzege Ausnahmegenehmigungen erteilt werden. Relative Einigkeit bestand in der Genehmigung von jeweils einem Passagierschiff pro See und das extra entwickelte LeipzigBoot.

Aber warum nicht mal was anderes schwimmen lasen, fragte sich die Krystallpalast Varieté Leipzig und fährt nun schon seit zwei Jahren mit einem alten Amphiebienfahrzeug über den Störmthaler See. Aus der Ausnahmegenehmigung scheint jetzt eine Dauergenehmigung geworden zu sein. Am 15. August vermeldete die LVZ: “Die Zukunft des Amphibienfahrzeugs ist gesichert. Wie Rüdiger Pusch, Geschäftsführer vom Krystallpalast Varieté Leipzig und Betreiber des Gefährts, mitteilt, lägen jetzt alle Genehmigungen vor. Somit darf die DUK 353 auch in den nächsten Jahren ihre Runden um und auf dem Störmthaler See drehen. Lediglich öffentliche Straßen und den öffentlichen Radweg muss das ‘Krysta 1’ getaufte Amphibienfahrzeug meiden. ‘Aber sonst dürfen wir überall am See damit fahren’, sagt Pusch. Zudem hat der 1942 erbaute Mannschaftstransportwagen Verstärkung bekommen. Krysta 3 und 4 sind zwar deutlich kleiner als der Oldtimer, dafür aber komplett neu in Kanada gekauft und ebenso flott zu Wasser und zu Lande unterwegs wie die große Schwester.”

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Auch so kann man eine motorisierte Wasserflotte aufbauen. Und Instanzen, die einfach ihr ok geben, gibt es genug. Denn eine wirklich verbindliche Festlegung auf den so gern beschworenen umweltschonenden Wassertourismus im Neuseenland gibt es nicht. Auch nicht in der Stadt Leipzig.

Ökolöwe und BUND fordern deshalb von der Stadt Leipzig ein klares “Nein” zu Motorbooten auf Leipziger Gewässern.

Auch die komplette Erschließung und Bebauung der entstandenen Tagebaurestseen sei nicht zielführend, betonen sie. Was ja in de Diskussion um die Sperrung des Floßgrabens 2013 in Folge der Eisvogelbrut wieder deutlich wurde. Was die technischen Planer so lax in ihre Karten malen, verstößt immer wieder gegen geltenden Naturschutzrecht.

Natur und Landschaft dürfen im Gewässerverbund nicht stets dezimiert und hintenan gestellt werden, betonen die beiden Umweltverbände. “Wir stehen für natur- und landschaftsverträglichen Wassersport und -tourismus, die auf Naturschutzbedingungen Rücksicht nehmen. Für ökologisch besonders sensible Bereiche sind differenzierte Regelungen nötig, auch Nutzungsbeschränkungen”, sind sich Jürgen Kasek vom BUND und Juliane Elzner-Buhl vom Ökolöwen einig.

BUND und Ökolöwe stünden für offene Diskussionen und für den Schutz der Leipziger Umwelt. Dabei sei es Anliegen der Vereine, die Interessen des Umweltschutzes und eines naturnahen, umweltschonenden Tourismus miteinander zu vereinen.

www.oekoloewe.de

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