Es ist, als wäre der sächsischen Regierung mittlerweile jedes Gespür für den Umgang mit den eigenen Angestellten abhanden gekommen. Am Mittwoch, 26. März, gab es die Landtagsanhörung zum Dringlichen Antrag der Fraktionen von Linken, SPD und Grünen "Widerspruchsbescheide zu Anträgen auf altersdiskriminierungsfreie Besoldung unverzüglich zurücknehmen und Klagewelle verhindern!" (Drucksache 5/13608) im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss des Sächsischen Landtages.

Und das Ergebnis ist ernüchternd: Sehenden Auges ist die Regierung in das Dilemma hineinmarschiert.

Klaus Bartl, stellvertretender Vorsitzender und rechtspolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, sagt zum Ergebnis der Anhörung: „Die Anhörung hat verdeutlicht, dass der Erlass tausender Widerspruchsbescheide wenige Tage nach dem Inkrafttreten des Sächsischen Dienstrechtsreformgesetzes rechtlich nicht zwingend erforderlich war.

Der von der Regierungskoalition abgelehnte Dringliche Antrag der drei demokratischen Oppositionsfraktionen hätte die jetzt mit ca. 4.000 in der Sache anhängigen Verfahren eingetretene Klageflut bei den ohnehin überlasteten Sächsischen Verwaltungsgerichten verhindern können. Diese Klagewelle hat die Staatsregierung sehenden Auges in Kauf genommen und dabei offenbar verkannt, welchen Vertrauensverlust sie sich durch ihre überstürzte Aktion in der sächsischen Beamtenschaft selbst organisiert hat.

Um die zugespitzte Situation zu entspannen, sollte die Staatsregierung dringend die Vorschläge zur Führung von Musterverfahren oder zur Mediation aufgreifen, die einige als Sachverständige benannte Gewerkschaftsvertreter, etwa der GdP, unterbreitet haben. Keinesfalls sollte sie die ausgestreckte Hand ausschlagen!“

„Es gab keinen rechtlichen Grund, die Widerspruchsbescheide zum 2. Januar 2014 zu verschicken“, ergänzt Mario Pecher, stellvertretender Vorsitzender und finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.

„Man hätte ohne Weiteres noch zuwarten können. Nun wird die Situation weiter eskalieren: Es ist absehbar, dass die Klageflut noch ansteigen wird und am Ende die Verfahrenskosten die kurzfristigen Einsparungen übersteigen werden. Der schlechte Umgang mit den Bediensteten im Freistaat hat somit leider eine neue Dimension erreicht.“

Und Antje Hermenau, Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Sächsischen Landtag: „Mir ist aus keinem anderen Bundesland ein solcher respektloser Umgang mit den Beamtinnen und Beamten zu Ohren gekommen. In der Anhörung wurde deutlich, dass die CDU-geführte Staatsregierung damit einmalige negative Maßstäbe setzt. Die Verwaltung stellt das Funktionieren des Rechtsstaates und der Demokratie sicher. Mit dem unnötigen Erlass der Widersprüche hat die Staatsregierung, wie sich in der Anhörung deutlich zeigte, das Vertrauen der Verwaltung endgültig zerstört und eine vollkommene Überlastung der Gerichtsbarkeit billigend in Kauf genommen.“

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