Packender Handball tobte am Mittwochabend durch die mit 3.198 Zuschauern gut gefüllte Arena. In einem bis zur letzten Sekunde spannenden Spiel brachte der HC Leipzig dem amtierenden Deutschen Meister Thüringer HC die erste Saisonniederlage bei. Die Leipzigerinnen indes bleiben auch nach dem sechsten Spieltag ungeschlagen und klettern damit vorerst auf den zweiten Platz der Bundesliga-Tabelle.

Bei der Grit-Jurack-Abschiedsgala, drei Tage zuvor, hatten Leipzigerinnen und Thüringerinnen im weißen Trikot der Nationalmannschaft noch nebeneinander auf dem blauen Arena-Spielfeld gestanden. Diesmal ging es wieder gegeneinander – und es war knapp, verdammt knapp. Die ersten 16 Spielminuten deuteten bereits an, dass an diesem Abend wohl so schnell keine Vorentscheidung fallen würde. Leipzig ging von Beginn an in Führung, der THC glich postwendend aus.

Das Strickmuster zog sich durch bis zur 6:5 (16.)-Führung des HCL durch Anne Hubinger. Denn diesmal wartete die 19-Jährige nicht erst den Ausgleich der Gäste ab, sondern erhöhte jugendlich frech auf 7:5 (17.). Leipzig jetzt im Vorteil, Thüringen belastete sich in den bis zur Pause verbleiben Minuten mit gleich drei Zeitstrafen. Diese konnten die Gastgeber allerdings nicht konsequent in mehr Tore ummünzen, so dass das zwischenzeitliche 11:7 (26.) das vorerst höchste der Gefühle blieb. Zum Wechsel hatte sich der THC beim 12:10 dann doch wieder auf zwei Tore rangeknabbert.

Zu Beginn der zweiten Spielhälfte schien sich eine Weichenstellung anzudeuten. Beim Stand von 14:11 (33.) dezimierten sich die Thüringer erneut per Zwei-Minuten-Strafe. Diesmal nutzte Leipzig die Überzahl und erhöhte auf 16:11 (35.). Erstmals in der Partie klaffte eine 5-Tore-Lücke zwischen den beiden Spitzenteams. Das allerdings sollte nur bis zum 17:12 (37.) halten. THC-Trainerfuchs Herbert Müller sortierte seine Abwehr neu, ordnete einen Bodyguard für HCL-Regisseurin Karolina Kudlacz an. Ein Schachzug mit Erfolg – zumindest beinahe. Die Leipziger kamen mit dieser Umstellung nicht zurecht, agierten nun im Angriff phasenweise ideenlos.
Ganz im Gegensatz zu den Gästen aus Bad Langensalza. Diese holten jetzt rasant auf, arbeiteten sich mit vier Toren hintereinander bis zum 17:16-Anschlusstreffer (41.) heran. Vor allem Katja Schülke im HCL-Tor war es zu verdanken, dass der Meister die Partie nicht bereits gewendet hatte. Aber die Gefahr war noch nicht vorbei, denn 8 Minuten später war der Ausgleich gefallen (19:19/49.). Alarmstufe Rot in den Reihen des HCL. Und ausgerechnet in dieser kritischen Phase hält Katja Schülke den Siebenmeter, der für Leipzig den erstmaligen Rückstand bedeutet hätte. Stattdessen knüpfte die Partie nun wieder an die Führung-Unentschieden-Logik aus der Anfangsphase an. Nur diesmal mit beschleunigtem Puls. Dieser erreichte besonders in der allerletzten Spielminute Höchststände. 44 Sekunden vor dem Ende egalisierte die Thüringerin Petra Popluharova die vorher durch Nora Reiche herausgeworfene HCL-Führung (22:22). Die über 3.000-HCL-Fans in der Halle sahen den Sieg schon dahinschwinden, als sich “Rückraum-Kanone” Saskia Lang ein Herz fasste, sich vor der THC-Abwehr in die Lüfte erhob und sieben Sekunden vor Ultimo zum 23:22 verwandelte!

Die Thüringer reagierten sofort mit einer Auszeit, warfen danach alles nach vorn – kamen mit einem allerletzten Wurf sogar an der Leipziger Abwehr vorbei – aber nicht an Katja Schülke. Die Nationaltorhüterin hielt den Sieg für Leipzig fest, und dann war nur noch Jubel. “Wir haben uns viel vorgenommen und wir haben gewonnen!”, fasste Kreisspielerin Anne Müller das wichtigste zusammen. Dass ihr Team nach der Thüringer Taktikumstellung Probleme in der Angriffsgestaltung hatte, war auch ihr nicht verborgen geblieben. “Wir müssen sehen, dass wir ein besseres taktisches Mittel finden, wenn einer manngedeckt wird”, sah sie diesbezüglichen Handlungsbedarf. Warum es trotzdem mit dem Leipziger Sieg geklappt hat? “Wir haben einfach weitergekämpft!”.
Ein verschmitztes Siegerlächeln stand auch Saskia Lang ins Gesicht geschrieben. “Jemand musste sich ein Herz fassen und dieses Ding entscheiden!”, beschrieb sie den Augenblick, der ihr und dem Team das Siegtor bescherte. Doch bei aller Freude war auch ihr klar: “Wir haben uns selber in Bedrängnis gebracht. Wir hätten das Ding auch schon früher nach Hause schaukeln können”. Die nächsten Tage dürfte im HCL-Training also keine Langeweile aufkommen. Doch daran wollte jetzt noch keiner wirklich denken. “Wir haben die Punkte, und das ist das Wichtigste!”, schloss Lang.
HC Leipzig vs. Thüringer HC 23:22 (12:10)

HC Leipzig: Schülke, Plöger, Visser (8/3), Augsburg (10), Müller (3), Reiche (1), Kramer (1), Bont, Schulze, Kudlacz (4/2), Lang (4), Hubinger (2), Windisch. Trainer: Stefan Madsen.
Thüringer HC: Eckerle, März, Tomasevic, Nadgornaja (4), Frey (1), Gros, Snelder (2), Bolze, Popluharova (3), Augustensen, Engel (2/1), Althaus, Jakubisova (6/1), Wohlbold (4). Trainer: Herbert Müller.

Schiedsrichter: Christoph Immel/ Ronald Klein. Zwei-Minuten-Strafen: HC Leipzig: 4x (Visser, Müller, Kramer 2x), THC: 4x (Nadgornaja, Frey, Gros, Snelder). Siebenmeter: HC Leipzig 5/5 (Visser 3/3, Kudlacz 2/2), THC: 5/2 (Nadgornaja 1/0, Engel 2/1, Jakubisova 2/1). Zuschauer: 3.198 in der Arena Leipzig.
DJK/MJC Trier – TuS Weibern 28:29
HC Leipzig – Thüringer HC 23:22
Bayer Leverkusen – FHC Frankfurt/Oder 29:26
Frisch Auf Göppingen – HSG Bad Wildungen 31:23
TuS Metzingen – Buxtehuder SV 26:35
HSG Blomberg-Lippe – VfL Oldenburg (am 17.11.)1.) Buxtehuder SV (6 Spiele/ 12 Punkte/ +54 Tore)
2.) HC Leipzig (6/ 11/ +38)
3.) VfL Oldenburg (5/ 10/ +47)
4.) Thüringer HC (6/10/ +54)
5.) FHC Frankfurt/Oder (6/ 6/ +8
6.) HSG Blomberg-Lippe (5/ 4/ -11)
(…)

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