Normalerweise erwartet man von Regierungen, dass sie sich über die Folgen von Gesetzen Gedanken machen. Schon dann, wenn sie sie formulieren. Aber so recht scheint die CDU-FDP-Regierung in Sachsen nicht interessiert zu haben, welche Folgen ihr neues Hochschulgesetz für die Studierenden und das Semesterticket hat. Die Grünen haben nachgefragt und bekamen - eine sehr luftige Antwort.

Zwei Kleine Anfragen zur Situation um das Semesterticket hat die Grünen-Fraktion an die Staatsregierung gestellt. Die nun vorliegenden Antworten werfen ein erschreckendes Licht auf die Hilflosigkeit der Staatsregierung in dieser Frage, wie Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, hochschulpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, feststellt.

“Bisher war es im Wissenschaftsbereich gute Tradition, dass Anfragen der Abgeordneten inhaltlich fundiert beantwortet wurden. Die jetzt vorgelegten Antworten sind dagegen vage und ausweichend. Das Ministerium sah sich weder in der Lage, die Zahl der Betroffenen anzugeben, noch die potenziellen Folgen eines Wegfalls des Semestertickets einzuschätzen”, sagt Gerstenberg, nachdem Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer auf die beiden kleinen Anfragen von Eva Jähnigen geantwortet hat. Oder besser wohl: nicht geantwortet hat.

Denn auf die Frage nach der Gefährdung der Semestertickets durch die nun eingeräumte Möglichkeit des Austritts aus der verfassten Studentenschaft antwortete von Schorlemer: “Da die Staatsregierung nicht Vertragspartner bei den Semestertickets ist und auch an den Verhandlungen nicht beteiligt ist, kann sie keine Vorhersagen zu den Auswirkungen auf die zukünftigen Verträge machen.”

Das nennt man dann wohl Experimentieren: Man probiert einfach mal aus, ohne zu wissen, was dabei herauskommt. Und dann wartet man ab, was dabei herauskommt.

Aber genauso unwissend stellte sich die Ministerin auch auf die Frage nach der Zahl der Semestertickets. Und verschanzte sich dabei gleich hinter einem Paragraphen: “Nach Artikel 50 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, über ihre Tätigkeit den Landtag insoweit zu informieren, als dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Sie ist daher nur zu solchen Angelegenheiten zur Auskunft verpflichtet, die in ihre Zuständigkeit fallen und muss nicht auf Fragen eingehen, die Vorgänge oder Umstände außerhalb ihres Verantwortungsbereiches betreffen.”

Gerstenberg nennt das eine “Kopf-in-den-Sand-Strategie”.”Dabei wäre es ein Leichtes gewesen, dies bei den Studierendenvertretungen abzufragen. Es drängt sich der Verdacht auf, dass man es lieber gar nicht so genau wissen möchte”, sagt er. “Stattdessen versteigt sich das Wissenschaftsministerium zu luftigen Hoffnungen, es werde sich schon alles finden. Das kann nur als Kapitulation vor den Kollateralschäden dieser von der CDU/FDP-Koalition im Hauruckverfahren durchgepeitschten Änderung des Hochschulgesetzes gewertet werden.”

Seine Feststellung: “Eine solche Kopf-in-den-Sand-Strategie bringt uns aber in der Sache nicht weiter. Die Staatsregierung muss jetzt die Verantwortung für das von den regierungstragenden Fraktionen verursachte Chaos übernehmen. Die sächsischen Studierenden brauchen schnell tragfähige Konzepte, die eine sozial gerechte und klimafreundliche Mobilität sicherstellen.”

Die Kleine Anfrage zu Semestertickets in Sachsen (Drs. 5/10169): www.mobiles-sachsen.de/7c2b66b3.l

Gefährdung des Semestertickets durch Austrittmöglichkeit aus der verfassten Studierendenschaft (Drs. 5/10170): www.mobiles-sachsen.de/172d3662.l

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