Eigentlich taucht die Frage fast zwangsläufig auf. Wenn denn der Mitteldeutsche Verkehrsverbund (MDV) schon die Idee eines (von allen gemeinsam getragenen) Bürgertickets aufwirft, dann sollte doch eigentlich auch die Öffentlichkeit nicht nur wissen, wie Fahrscheinpreise zustande kommen, sondern auch mitreden dürfen, wenn die Tarife steigen. Jedenfalls findet der Stadtrat der Linksfraktion, Jens Herrmann-Kambach, dass es so sein sollte.

Und so hat er noch kurz vor Nikolaus eine Anfrage gestellt an den Oberbürgermeister von Leipzig: “Öffentlichkeitsbeteiligung vor Gremienentscheidungen zu Tarifänderungen für den ÖPNV”. Zu beantworten in der Ratsversammlung am 10. Dezember.

Denn bislang bekommen ja Bürger, wenn sie wissen wollen, wie es um die Diskussion zu den kommenden Fahrpreisen steht, immer nur den Verweis auf die diversen Gremien, wo so etwas besprochen und entschieden wird. Diese Gremien sind die Gesellschafterversammlung des MDV, wo die Geschäftsführer der im MDV zusammengeschlossenen Verkehrsunternehmen beieinander sitzen, die Aufsichtsräte und dann – letztinstanzlich – die gewählten Parlamente in den Städten und Kreisen. Bevor die die Entscheidungsvorlagen auf den Tisch bekommen, ist alles in der Regel von Aufsichtsräten und Gesellschaftern schon abgesegnet. Die ersten Zahlen sickern meist schon an die Öffentlichkeit, bevor die Leipziger Stadträte überhaupt irgendein Papier dazu in der Hand haben. Sie haben also im Grunde genauso wenige Möglichkeiten wie der normale Bürger, im Vorfeld in die Diskussion oder gar die Schwerpunktsetzung bei der Preisgestaltung einzugreifen.

Jens Herrmann-Kambach: “Alljährlich wird den Aufsichtsräten der LVB, des MDV sowie durch die Gesellschafterversammlung MDV über die Tarifveränderungen/Tariferhöhungen abgestimmt. Eine vorherige Beteiligung der Öffentlichkeit ist bisher nicht vorgesehen.”

Aber genau das will ihm nicht einleuchten. Denn die Öffentlichkeit muss ja am Ende die Preise bezahlen in Straßenbahn und Bus. Warum behandeln die Verantwortlichen in den Führungsgremien das Thema wie eine Expertenentscheidung und schaffen vor der Festsetzung der neuen Preise keine Öffentlichkeit? Ist das verboten? Geht es da um Betriebsgeheimnisse oder nur um die möglichst ungestörte Arbeit der Verantwortlichen, die ja so nicht extra begründen müssen, warum sie bestimmte Preissegmente verteuern oder stärker verteuern als andere?

Die Frage schwebt im Raum. Jens Herrmann-Kambach bittet also Leipzigs Oberbürgermeister mal am 10. Dezember zu erklären, warum das so ist.

Seine drei Fragen:

1. Gibt es gesetzlichen Regelungen, die eine vorherige Beteiligung der Öffentlichkeit bei Tarifveränderungen/Tariferhöhungen ausschließen bzw. untersagen? Wenn ja, welche?

2. Wenn nein: Was spricht aus Ihrer Sicht gegen eine Beteiligung der Öffentlichkeit vor der Beschlussfassung in den zuständigen Gremien?

3. Unter welchen Bedingungen könnten Sie, Herr Oberbürgermeister, sich eine vorherige Beteiligung der Öffentlichkeit vorstellen?

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