Am Dienstag, 15. Oktober, wurde von den vier großen Netzbetreibergesellschaften die Prognose der EEG-Umlage für 2014 veröffentlicht. Sie beträgt 6,240 C/kWh und ist damit um 18,4 Prozent gegenüber 2013 gestiegen. Der Anstieg war erwartet worden. 2013 beträgt die Umlage noch 5,3 Cent - und auch das hatte für heftige Diskussionen gesorgt. Entsprechend heftig waren auch am heutigen Dienstag die Reaktionen. Aber woran liegt der Preisauftrieb wirklich?

Während einige Politiker wieder mit Kraftausdrücken gegen die Energiewende wetterten, gab die Verbraucherzentrale Sachsen eine ganz nüchterne Einschätzung der Entwicklung heraus.

Denn die reinen Förderkosten für die Erneuerbaren Energien betragen im nächsten Jahr nur rund 0,15 Ct/kWh. Förderkosten und Umlage dürfen nicht verwechselt werden. Denn die EEG-Umlage ist den Betreibern von neuen alternativen Energieanlagen gesetzlich zugesichert. Es ist eine Vergütung für den von ihnen eingespeisten Strom, die ursprünglich durch den Stromverkauf an der Börse gegenfinanziert werden sollte. Das funktionierte auch ganz gut, bis 2011 ungefähr. Da gab es das Reaktorunglück in Fukushima, nach dem die schwarz-gelbe Bundesregierung nichts eiliger zu tun hatte, als aus der noch im Herbst 2010 beschlossenen Laufzeitverlängerung für die deutschen Atomkraftwerke auszusteigen. Als hätte sie durch Fukushima die Erleuchtung gehabt, dass die Grünen mit ihrem nun über 30 Jahre währenden Kampf gegen die Atomkraft wohl Recht hatten.
Es ist nur eine Vermutung. Aber wenn wir mal einen Kollegen frei haben, der sich auch mal mit den Strippenziehern in Berlin etwas eingehender beschäftigen könnte, würde wahrscheinlich ein ganz anderes Problem auftauchen, das im späten Frühjahr 2011 die Bundesregierung zu diesem Schnell-Ausstieg aus dem Ausstieg bewegte: das Problem der Überproduktion. Denn der Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland hatte auch schon 2011 den Grad erreicht, dass – wie ursprünglich geplant – die alten Meiler hätten vom Netz gehen müssen. Atommeiler übrigens genauso wie überalterte Kohlemeiler.

Dass der Puffer längst da war, zeigte der Sommer 2011: Die Atommeiler waren in großen Teilen (auch für Reparaturen) vom Netz genommen, und trotzdem kam es zu gefährlichen Stromschwankungen durch Überproduktion. Denn auch im Hochsommer laufen die Kohlemeiler auf Grundlast und beschicken die Netze mit Strom, der eigentlich nicht gebraucht wird. Der Effekt: Der billige Kohlestrom ließ an den Börsen die Strompreise in den Keller stürzen – und die Gegenfinanzierung für die EEG-Umlage löste sich in Wohlgefallen auf.

Und es dürfte damals eine ganze Flut von Schreiben und Warnungen der sonst so schweigsamen Netzbetreibergesellschaften an die Bundesregierung gegeben haben. Tenor: Tut was! Es ist zu viel Strom im Netz!

Da kam Fukushima gerade gelegen. Ohne Gesichtsverlust konnte die Merkelsche Regierung aus einem falschen Beschluss wieder aussteigen – und sich auch noch den Ruf einer umweltfreundlichen Regierung erkaufen. Teuer erkaufen, denn in den Folgemonaten standen wieder die großen Energieerzeuger Schlange, um sich für das Abschalten der Atommeiler neue Schmerzensgelder auszuhandeln.

Wie gesagt: Das haben wir leider aus Mangel an frei verfügbaren Reportern in Berlin noch nicht nachrecherchiert. Aber wesentlich anders wird es nicht gewesen sein.

Denn der Tenor hat sich seither auch bei CDU und FDP etwas verschoben: Seitdem warnen die Wortführer dort vor einem zu schnellen Ausbau der Erneuerbaren Energien. In Sachsen betreiben sie sogar ganz offiziell eine Bremserpolitik. Einmal den Wortführer der sächsischen Kohlelobby, den FDP-Vorsitzenden Holger Zastrow zitiert: “Es ist blanker Irrsinn, dass deutsche Familien mittlerweile überschüssigen Ökostrom subventionieren, der mit Verlust an unsere europäischen Nachbarländer verschenkt wird. Das erinnert an einen seltsamen Mix aus Schildbürgertum und DDR-Planwirtschaft.”

Wobei selbst die Verkäufer an der Leipziger EEX nie wissen, welchen Strom sie da so billig ins Ausland verkaufen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der größte Teil davon aus sächsischen Kohlekraftwerken stammt, ist groß.

Aber das hat eben leider finanzielle Folgen für die Stromkunden in Sachsen.

“Der höhere Anteil der EEG-Umlage wird durch sinkende Börsenpreise beeinflusst”, erklärt dazu Roland Pause, Energieexperte der Verbraucherzentrale Sachsen. “So müssen beispielsweise die Stromversorger den Erzeugern Erneuerbarer Energien eine per Gesetz festgelegte Einspeisevergütung zahlen. Sinkt der Börsenpreis, verliert Erneuerbare Energie an Wert. Die Stromverbraucher müssen dann den fehlenden Anteil ausgleichen. Das erhöht diesen Teil der Umlage für 2014 auf rund 1,45 Ct/kWh.”

Die Börsenpreise sind in diesem Jahr noch stärker gesunken als 2012 prognostiziert und die Einnahmen für den an der Börse vermarkteten erneuerbaren Strom sind noch geringer als erwartet, so dass für 2014 der Korrekturbeitrag (Nachholung) auf reichlich 0,8 Ct/kWh erhoben wird, so Pause.

Und er benennt noch ein Instrument, mit dem die gerade abgewählte Bundesregierung dafür gesorgt hat, dass gerade Privathaushalte und kleine und mittlere Unternehmen tiefer in die Tasche greifen müssen.

“Die EEG-Umlage steigt auch durch die Befreiung zahlreicher Unternehmen”, so Pause. Ziel der Befreiung ist der Erhalt deren internationaler Wettbewerbsfähigkeit. In der Ausgleichsregelung des Erneuerbaren Energiegesetzes (§§ 40 ff. EEG) ist das so festgelegt. Die Entlastung der Unternehmen wird von den anderen Firmen und auch von den privaten Stromverbrauchern getragen. Doch während 2011 noch rund 600 Unternehmen begünstigt waren, sind es in diesem Jahr fast 1.700. Für 2014 wird die Zahl bereits auf 2.300 geschätzt.

Die teilweise oder komplette Befreiung von der EEG-Umlage wird voraussichtlich 5,8 Milliarden Euro betragen und diesen Teil der Umlage auf rund 1,25 Ct/kWh erhöhen.

Für einen Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.000 kWh sind das 2014 jährliche Mehrkosten in Höhe von rund 30,00 Euro (zzgl. MwSt.). Die Strompreiserhöhung durch die EEG-Umlage ist von allen Verbrauchern zu tragen und berechtigt nicht zu einer Sonderkündigung. Dennoch können insbesondere die Verbraucher, die noch einen Grundversorgungstarif haben, durch den Wechsel in ein günstigeres Preismodell oder den Wechsel zu einem anderen Versorgungsunternehmen, Geld sparen, empfiehlt die Verbraucherzentrale.

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