Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) macht seit Jahren Druck. Und sie quält vor allem die Leute, auf die es ankommt: Die Mitglieder der 16 Regierungen, die sich die Bundesrepublik leistet. Jedes Jahr fragt sie erneut den Autotyp, den Spritverbrauch und den CO2-Ausstoß der Regierungskaroassen ab und macht die Ergebnisse öffentlich. Jeder Wähler kann sehen, welcher Minister nach wie vor ein Umweltsünder ist. Die 2014er-Zahlen zeigen aber auch Fortschritte.

Denn als die Deutsche Umwelthilfe mit ihre Abfrage begann, waren die Ergebnisse fast flächendeckend knallrot. Minister, Ministerinnen und Regierungschefs sahen augenscheinlich nicht einmal die Notwendigkeit, ihren Wählern ein Vorbild zu sein, und fuhren mit spritschluckenden Prestigekutschen durch die Lande, ohne auf Spritverbrauch und CO2-Aufkommen zu achten. Verständlich wäre das noch gewesen, wenn das Segment der für Regierungspräsentation verfügbaren Fahrzeuge nur in diesen Verbrauchsbereichen zu haben wäre. Aber dem ist nicht so. Gerade deutsche Autobauer, die im Mittelklasse- und Oberklassesegment erfolgreich sind, haben ihre Motoren in den letzten Jahren weiter optimiert. Sie haben zwar alle Räder in Bewegung gesetzt, um schärfere Auflagen der EU für das CO2-Aufkomen zu verhindern bzw. aufzuweichen und darin auch eifrige Schützenhilfe durch die Bundesregierung bekommen.

Aber wer die neuen Fahrzeuge genauer unter die Lupe nahm, sah schnell, dass man längst auch präsentable Fahrzeuge in einem Bereich findet, der sich dem von der Deutschen Umwelthilfe gesetzten Grenzwert von maximal 130 Gramm CO2 je Kilometer zumindest annähern, wenn nicht gar schon drunter liegen. Spätestens wenn man – wie der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretzschmann (Grüne) auch noch ein Fahrzeug mit Hybrid-Antrieb wählt, kommt man drunter. Sein Mercedes Benz S300 BlueTEC HYBRID kommt mit 115 g CO2/km drunter. Natürlich ist das ein Fahrzeug aus neuester Produktion und deutlich besser als Kretzschmanns Limousine von 2011. Er hat mit dem Wagenwechsel den Kohlendioxid-Ausstoß um 66 Prozent gesenkt.

Aber Regierungsmitglieder in allen 16 Bundesländern fahren in der Regel mit neuen Fahrzeugen, die selten älter als zwei Jahre sind. Sie können den Innovationsfortschritt im Autobau schneller vollziehen als der normale Autobesitzer.

Was nicht bedeutet, dass einige Akteure doch lieber das Schneckentempo bevorzugen bei der Umstellung, auch wenn sie jedes Jahr ein neues Auto fahren. Dazu gehört auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU), der in diesem Jahr einen Audi A8L 4.2 TDI quattro (Diesel) mit einem CO2-Ausstoß von 197 g CO2/km fährt, was ihm von der DUH eine der fünf roten Karten einträgt, die die Deutsche Umwelthilfe für “Übermotorisierung und zu hohe CO2-Emission” an Ministerpräsidenten verteilt. Rote Karten bekamen auch Horst Seehofer (CSU, MP von Bayern), Klaus Wowereit (SPD, Regierender Bürgermeister von Berlin), Volker Bouffier (CDU, MP von Hessen) und Hannelore Kraft (SPD, MP von NRW). Alle fahren sie einen Audi.

Die Mehrzahl der Ministerpräsidenten und Minister schaffen es zu einer “Gelben Karte” im Bereich 130 bis 175 g CO2/km. Die DUH wertet diese Entwicklung als Fortschritt. Und ihre Zahlen belegen auch, dass sich auch die Regierungen, die bislang im roten Bereich auffielen, zumindest bemühen, den Wagenpark zu modernisieren und dabei auf spritsparendere Fahrzeuge umzusteigen.

Auch die sächsische Staatsregierung hat ihre Flottenwerte verbessert – seit 2011 immerhin um 11 Prozent. Womit sie aus dem roten Bereich vorwiegend in den gelben rutschte – einzige Ausnahme mit Rot wie erwähnt: Ministerpräsident Stanislaw Tillich mit seinem Audi.

Dass Audi auch sparsamer bauen kann, zeigen Umweltminister Frank Kupfer, Justizminister Jürgen Martens und Finanzminister Georg Unland, die ebenfalls alle Audi fahren, aber alle eine Nummer kleiner, so dass ihre Fahrzeuge auf einen CO2-Austoß von 158 g CO2/km kommen. Damit führen sie die Liste der sächsischen Regierung an. Die restlichen Kabinettsmitglieder fahren allesamt einen BMW, liegen damit aber auch alle unter der roten Linie von 175 g CO2/km.

Insgesamt landet die sächsische Staatsregierung mit ihren Flottenwerten freilich auf dem drittletzten Platz. Hinter Sachsen rangieren noch NRW und Bayern mit noch etwas durstigeren Autoflotten. Aber ein Vergleich mit den Tabellenführern Baden-Württemberg, Bremen und Schleswig-Holstein zeigt auch, wie sehr Sachsen mit seiner Strategie tatsächlich abgehängt ist. Die Regierung von Baden-Württemberg schafft es auf einen Flottendurchschnitt von 128 g CO2/km, Sachsen nur auf 172.

Und das liegt auch daran, weil Sachsens Regierung sich scheut, auch beim Fuhrpark tatsächlich Innovationen zuzulassen. Denn dass die Tabellenführer ihre Abgaswerte so senken konnten, liegt vor allem daran, dass sie reihenweise auf Hybridfahrzeuge umgestiegen sind. Das nennt man wohl Vorbild. Und man nennt es wohl auch eine Ermutigung an die Industrie, tatsächlich auf innovative Technologien zu setzen, von denen Sachsens Regierung gern redet. Aber wenn’s um die eigene Fahrerei geht, dann wird gekniffen.

Die Ergebnisse der 2014er Erhebung der DUH:
www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=3295

Die spezifischen Länderergebnisse:
www.duh.de/uploads/media/Ergebnisse_Landesebene_2014-03-26.pdf

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