Die Verbraucherzentralen haben es kritisiert, die Stiftung Warentest hat's unter die Lupe genommen, die Verbraucherschutzministerkonferenz hat dazu am 16. Mai getagt und dann an den Bund appelliert, eine gesetzliche Regelung zur Deckelung der Dispositions- und Überziehungskredite vorzunehmen. Aber so recht scheint die Sache nicht voranzukommen, stellte Janina Pfau, Sprecherin für Verbraucherschutz der Fraktion Die Linke, im Oktober fest. Und stellte ein paar Fragen an den sächsischen Finanzminister zum Thema.

Denn eigentlich müsste es auch ein Thema für Prof. Georg Unland sein, wenn sächsische Verbraucher mit überhöhten Dispo-Zinsen noch tiefer in die Schuldenfalle laufen. Sollte der Freistaat nicht selbst ein Interesse daran haben, die Dispo-Zinsen zu deckeln? Zum Beispiel bei 5 Prozent?

“Das Ärgernis überhöhter Dispozinsen und Überziehungskredite ist für Verbraucherschützer schon lange ein großes Problem. Besonders in ländlichen Gebieten bleibt den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort oft keine große Auswahl an Geldinstituten”, kommentiert Janina Pfau nun die eher ausweichenden Antworten von Finanzminister Georg Unland (CD). “Umso erschreckender ist, dass die sächsischen Sparkassen hohe Dispozinsen von ihren Kunden verlangen. So findet sich in Sachsen keine Sparkasse, deren Dispozins unter 9,8 Prozent liegt, obwohl nach Angabe des Ministeriums die Dispozinsen in den letzten Jahren gesenkt worden seien.”

Unland hatte in seiner Antwort nicht nur auf die Tagung der Verbraucherschutzminister im Mai verwiesen, sondern auch auf die Reaktion des Bundes, der sich wieder eher als Wahrer der Unabhängigkeit der Banken sah und erst einmal noch gar nichts tat, denn die Verbraucherschutzministerkonferenz hatte eine wesentliche Abschwächung des eigenen Beschlusses mit eingebaut: Eine gesetzliche Regelung wäre erst notwendig, wenn die Banken nicht von sich aus bundesweit die Dispo-Zinsen absenken würden.

Und genau das soll – so meint Unland – auch der Fall sein. Die Banken hätten also gewissermaßen freiwillig reagiert. Deswegen sei das auch kein Thema für den Freistaat Sachsen.

Und die 5 Prozent, die Pfau vorschlagsweise mit in die Anfrage geschrieben hatte, erklärte er für kaum machbar, weil so eine Zinshöhe sogar zu einer Einschränkung des Angebots an Dispositionskrediten führen würde. Dabei hatte er sich auf Rücksprache mit dem Ostdeutschen Sparkassenverband berufen. Er rechnete auch schnell mal vor, dass ein “begrenzter” Zins für Dispo-Kredite beim aktuellen Basiszinssatz von 0,73 Prozent immerhin nur 4,27 Prozent betragen würde, damit unter den üblichen Zinsen für Konsumentenkrediten läge. Das wäre wohl unfair.Aber er geht mit keinem Wort auf die aktuell sichtbare Spanne zwischen diesen (vorgeschlagenen) 5 Prozent und den tatsächlich verlangten rund 10 Prozent ein.

“Die sächsischen Sparkassen unterliegen der Aufsicht des Freistaates Sachsen”, betont deshalb Janina Pfau und will den sächsischen Finanzminister keineswegs aus seiner Verantwortung entlassen. “Auf meine Kleine Anfrage antwortete das Staatsministerium für Finanzen aber nur ausweichend. Ich fordere, dass der Dispozins und die Zinsen für Überziehungskredite auf fünf Prozent über den Leitzins begrenzt werden. Dieses wird bisher mit der ‘Begründung’ abgelehnt, dass dies eine Einschränkung des Angebotes von Dispokrediten zur Folge hätte und auch zu Verschuldungsanreizen führen könnte.”

Zumindest ein verständliches Argument, das der Minister da gebracht hat: Hohe Zinsen für Dispo-Kredite schrecken die Verbraucher ab, ihr Konto zu überziehen. Dumm nur, dass es viele keineswegs so freiwillig tun, wie Unland suggeriert, dass man es bei Menschen, die in die Schuldenbereiche geraten, irgendwie mit souveränen Konsumenten zu tun hätte.

Georg Unland: “Diese Maßnahmen gewährleisten eine Versorgung aller kreditwürdigen Kunden, die dies wünschen, mit Dispositionskrediten zu wirtschaftlich tragfähigen Rahmenbedingungen. Diese wäre bei einer Begrenzung der Zinsen auf 5 Prozent über dem Basiszins erheblich beeinträchtigt.”

Aber das setzt handlungsfähige Kontoinhaber voraus, die bewusst entscheiden können, wann sie ihren Dispo in Anspruch nehmen, und die auch finanziell in der Lage sind, das Konto in kürzerer Zeit wieder auszugleichen. Dumm nur, wenn man einer der üblichen sächsischen Niedriglöhner ist, der das in der Regel nicht kann und eher dringende Hilfe dabei braucht, sich wieder aus den Schulden zu befreien, ohne durch hohe Dispo-Zinsen immer tiefer in die Malaise gezogen zu werden.

Janina Pfau: “Im Gegenteil, durch die Senkung der Dispozinsen könnten Sparkassenkunden endlich aus der Schuldenfalle ausbrechen. Festzustellen ist, dass leider eine Selbstverpflichtung zur Senkung der Dispo- und Überziehungszinsen, wie zu erwarten war, nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat. Eine gesetzliche Regelung durch den Bundestag ist nötig, damit auch in Sachsen die Sparkassen die Zinsen senken.”

Zur Errechnung des Dispo-Zinssatzes auf Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Basiszinssatz

Die Antwort von Finanzminister Georg Unland als PDF zum Download.

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