Soll man jetzt ojemine sagen? Oder doch besser: Weiter so!? - Nicht nur dass Leipzigs Straßenbahnen seit 2002 mit Bildschirmen ausgestattet sind, die die Fahrgäste mit überflüssigen Werbeschleifen und Nonsens-Nachrichten nerven - jetzt hat die FDP-Fraktion spitz gekriegt, dass im Liniennetz auch verbal Unternehmenswerbung getrieben wird. Und fragt mal an im Stadtrat, was das so kostet.

Normalerweise müsste allein die laute und einfallslose Durchsage in den Straßenbahnen mit Schmerzensgeld für die Fahrgäste vergolten werden. Jeden Trend, die Fahrgäste mit Informationen zu fluten, machen die Leipziger Verkehrsbetriebe ja mit. Gescheites kommt selten dabei heraus, ein System ist dahinter zumindest nicht zu erkennen. Und die Unternehmenswerbung im Gleisnetz gehört schon seit Jahren zum Programm, ohne dass irgendwo ersichtlich ist, welche Einnahmen das kommunale Transportunternehmen damit generiert und wo sie dem Service oder gar den Fahrgästen direkt zugute kommen.

Sind ja nicht nur wieder andere kommunale Unternehmen, die von den LVB beworben werden. Seit November freut sich auch die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK), dass die ehemalige Haltestelle Karl-Liebknecht-Straße/Richard-Lehmann-Straße nun “HTWK” heißt. Was noch Sinn macht. Eine Hochschule ist auch für Nicht-Hochschulangehörige zumindest ein wichtiger lokaler Orientierungspunkt.

“Die LVB weisen offenbar an der Straßenbahnhaltestelle Gutenbergplatz via Durchsage auf den Firmensitz der LWB hin”, hat nun die FDP-Fraktion notiert.
Und drei Fragen formuliert:

1. Auf welche weiteren Firmen wird via Lautsprecherdurchsagen durch die LVB hingewiesen?

2. Ist ein analoger Hinweis auf einen Firmensitz in Nähe einer LVB-Haltestelle für alle Firmen möglich? Wenn Nein, welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

3. Mit welchen Kosten wäre dies für die Firmen verbunden?

Mehr zum Thema:

Straßenbahn-TV: Zweiter Versuch mit Vierer-Mannschaft
Zwei Jahre lang gähnten die Bildschirme …

Werbegag im letzten Monat: Sitztest der LVB läuft noch bis Ende Februar
Dass sich die Fahrgäste in unseren …

Schöner fahren auf Holz oder Kunststoff: Ein paar Fragen zum Sitztest der LVB
Da fragt man und wird nicht klüger …

Man sieht: Man denkt bei der FDP ganz pragmatisch.

Einige Firmenwerbungen gehören schon seit Jahren zum Programm der LVB. Da ist zumeist das Unternehmen sogar gleich zum Namensgeber der Haltestelle geworden. Der öffentliche Raum ist zumindest akustisch und lesbar in einen Werberaum verwandelt worden. Wer zum Klinikum St. Georg fährt, passiert die Haltestelle “Hornbach Baumarkt”. Wer mit dem Bus durch die Plautstraße fährt, kann bei “Kann-Beton” aussteigen. Nicht nur Einkaufscenter wie das Allee-Center, die Elster-Passage oder das Löwen-Center drängen sich in die Streckenpläne, auch einen Büropark namens “Arcus Park” findet man – in diesem Fall an der Linie 3 Richtung Taucha. Die Verbundnetz Gas AG macht an der Buslinie 70 auf sich aufmerksam und in Grünau das Kaufland.

Man wartet ja nur noch drauf, dass der Goerdelerring in “Höfe am Brühl” umbenannt wird und die Haltestelle Sportforum in “Red Bull Arena”.

Die Aufmerksamkeit der Straßenbahn- und Busnutzer wird allerorten gekauft und verkauft. Was die FDP-Anfrage zumindest deutlich macht, ist die Tatsache, dass es in Leipzig keinen wirklichen Schutz des öffentlichen Raumes vor aufdringlicher Werbung gibt. Dass es hier tatsächlich etwas zu diskutieren gibt, was auch das Werbeverhalten der LVB mit einschließt.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar