Wie der Arbeitsmarkt trotz des ganzen nervtötenden Werbegeklappers seitens der Regierenden in Bund und Ländern wirklich beschaffen ist, wurde ausführlich in der Serie über Niedriglohnjobs mit hohen Anforderungen beschrieben. Daneben regt sich aber noch ein Schattenmarkt, der mit noch zwielichtigeren Angeboten Menschen lockt, die in solchen Jobs oft den rettenden Strohhalm oder den Weg zu schnellem Reichtum sehen.

Auch hier sollen die teils haarsträubenden Erfahrungsberichte aus dem erhellenden Kosmos der Tiefenrecherche einen Eindruck verschaffen. Es sind jene Jobs, in denen ganz ungeniert an die niedrigsten Instinkte der Menschen appelliert wird. Zu diesen Branchen gehören naturgemäß die meisten die Versicherungsbranche betreffenden Jobs, sogenannte Schneeballsysteme mit dem Versprechen von “passivem Einkommen”, also viel Geld fürs Nichtstun, der Verkauf sinnloser Produkte, auf denen man im schlimmsten Fall selbst sitzen bleibt oder das Angebot exorbitant teurer Seminare, mit denen man am Ende nichts anfangen kann.
Eine Erfahrung hat mich dabei auf das Äußerste erstaunt. Es war der Umstand, dass trotz (für mich) offensichtlicher Versuche, die Leute einfach um ihr Geld zu bringen, die Aussicht darauf, wiederum viel, leicht und vor allem schnell Geld zu verdienen, den Verstand zu vernebeln schien. Das funktionierte quer durch alle Branchen. Ich habe an Wochenend-Seminaren in Hotels teilgenommen, wo an die hundert Teilnehmer von der Aussicht auf schnellen Wohlstand blöde glotzend wie eine Herde Kühe den Schilderungen der Vortragsredner folgten. Die erzählten davon, wie schnell sie zum ersten Porsche, der ersten Rolex oder dem ersten eigenen Rennpferd gekommen waren. Ich sah offen stehende Münder bei Präsentationen von sogenannten Erfolgsseminaren, bei denen einem der schon bald nahende Reichtum förmlich ins Ohr gebrüllt wurde, bis man taub gegen jede Warnung unterschrieb, ja sogar vor Ort Bargeld rausrückte.

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Alles, nur um endlich auch zu jener erfolgreichen Spezies zu gehören, die schwarz glänzende Limousinen, sündhaft teure Designer-Handtaschen und Uhren ihr Eigen nennt, die eine normale Familie finanziell üppig über das ganze Jahre retten könnte. Immer wieder wurde ich verblüfft, von der Skrupellosigkeit mancher Zeitgenossen, wenn es darum ging, sich an anderen zu bereichern. Aber gleichzeitig gewährten mir meine Selbstversuche einen tiefen Einblick in eine bittere Wirklichkeit, die uns wieder daran gemahnt, welch ein cooles Land Deutschland doch ist, wenn man Herrn Rösler Glauben schenken will. Es gibt immer noch viele (zu viele) Menschen, die auf dem normalen Arbeitsmarkt keine Chance mehr haben und bei solchen Jobs die Gelegenheit sehen, sich mit solchen Geschäften oder Jobs, wie immer man es auch nennen mag, endlich aus dem sozialen Abseits zu hieven.

Dass es nur wenige auf Kosten anderer wirklich schaffen, dürfte kein Geheimnis sein. Sonst würden wir alle pausenlos mit Porsche, BMW und Mercedes die Straßen hoch und runter fahren und dabei lässig den Arm mit der Rolex aus dem Fenster hängen lassen. Irgendwie doch beruhigend, dass es sich nicht so verhält. Dafür umso beunruhigender wie viele Menschen an diese Traumblase glauben, die dann meist schnell genug platzt. Darum wird es in der L-IZ die nächste kleine Serie über den “grauen” Arbeitsmarkt gehen.

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