Eine Dauerbaustelle und verschwundenes Fördergeld – die Missstände beim Sportverein Lokomotive Leipzig Nordost beschäftigen jetzt auch die Sächsische Aufbaubank (SAB). Das Landesförderinstitut des Freistaats prüft rechtliche Schritte.

„Wir sind verpflichtet, Tatsachen, die den Verdacht eines Subventionsbetrugs begründen, den Strafverfolgungsbehörden anzuzeigen. Ob das in diesem Fall zum Tragen kommt, wird derzeit geprüft“, teilt die SAB auf Anfrage der L-IZ mit. Die Förderbank des Freistaats Sachsen hat die Sanierung des Sozialgebäudes von Lok Nordost mit knapp 110.000 Euro bezuschusst.

Wie wir in der Leipziger Zeitung vom 29. November 2019 exklusiv berichteten, kommt das 2015 bewilligte und insgesamt rund 330.000 Euro teure Bauvorhaben kaum voran. Mittlerweile steht es komplett still und das ganze Ausmaß der Missstände tritt immer deutlicher zutage: Es sind nicht nur die Kabinen und Duschen, die im Rohbau verharren. Auch die Heizung sollte modernisiert, eine Solaranlage installiert werden. Beides ist bis heute nicht geschehen. Das Vordach, das ebenfalls erneuert werden sollte, ist noch das alte. Das geplante Wärmedämmverbundsystem? „Nicht vorhanden“, wie es in einem aktuellen Kontrollprotokoll der SAB heißt.

Das acht A4-Seiten umfassende Dokument, das der L-IZ vorliegt, basiert auf einer „Vor-Ort-Kontrolle“ und listet auch Mängel bei den ausgeführten Arbeiten auf. Über einen fertiggestellten Duschraum etwa steht darin: „Wasser läuft zum Nebenraum ab, sodass dort Wasserschäden entstehen.“

Als die L-IZ vor einem Jahr das erste Mal wegen der Dauerbaustelle auf dem Sportplatz „An der Parthe“ in Leipzig-Mockau recherchierte, hieß es vonseiten der Stadt, dass die Frist für die Durchführung der Sanierung verlängert worden sei. Daran war offenbar auch nichts ungewöhnlich. „Unsere Erfahrung besagt, dass im laufenden Förderverfahren nicht wenige Bauherrenvereine und Fördermittelempfänger eine Verlängerung des Bewilligungszeitraums beantragen“, teilte das Sportamt damals mit.

Das alles wäre vielleicht auch wirklich weniger schlimm, wenn wenigstens noch Geld da wäre. Doch die gesamten Fördermittel, auch die rund 190.000 Euro, die die Stadt Leipzig beigesteuert hat, sind nach Aussage der neuen Vereinsführung von Lok Nordost aufgebraucht. Fraglich ist angesichts der unvollendeten Sanierung: Für was wurde das Geld verwendet?

Die Sanierung durchgeführt hat die Baufirma des langjährigen Vorstandsvorsitzenden des Vereins, der im Mai 2019 zusammen mit anderen Vorstandsmitgliedern abgewählt wurde. Für 95.000 Euro, die auf ein Konto des Bauunternehmers geflossen sein sollen, fehlen nun die Belege, wie die neue Schatzmeisterin bereits im Gespräch mit der LZ berichtete.

Der alte Vereinschef widerspricht. Er behauptet, dass alles belegt sei. Jens Köhler, sein Nachfolger an der Spitze von LNO, hat die unbelegte Summe hingegen inzwischen nach oben korrigiert – auf rund 200.000 Euro.

Das Geld ist aber nicht nur auf bislang unbekannte Weise verschwunden. Es wurde nach jüngsten Erkenntnissen offenbar auch unter Angabe falscher Tatsachen erschlichen. Ein Hinweis für diesen Verdacht findet sich ebenfalls in dem bereits zitierten Protokoll der Förderbank SAB: „Gemäß letztem Auszahlungsantrag vom 4. November 2018 war die Maßnahme zu diesem Zeitpunkt zu 85 Prozent umgesetzt.“

Nachdem sich nun, rund ein Jahr nach Auszahlung der letzte Rate eine Mitarbeiterin der SAB auf dem Sportplatz im Norden Leipzigs umgesehen hat, dürften bei der Bank große Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der Prozentangabe aufgekommen sein. „Auf Anregung des Vereins wurde kürzlich durch die SAB eine Vor-Ort-Kontrolle durchgeführt, die offensichtliche Mängel aufzeigte“, berichtete die Pressestelle der Bank auf L-IZ-Anfrage.

Vorstandswechsel und verschwundenes Fördergeld: Großbaustelle Lok Nordost

Vorstandswechsel und verschwundenes Fördergeld: Großbaustelle Lok Nordost

Hinweis der Redaktion in eigener Sache (Stand 1. November 2019): Eine steigende Zahl von Artikeln auf unserer L-IZ.de ist leider nicht mehr für alle Leser frei verfügbar. Trotz der hohen Relevanz vieler unter dem Label „Freikäufer“ erscheinender Artikel, Interviews und Betrachtungen in unserem „Leserclub“ (also durch eine Paywall geschützt) können wir diese leider nicht allen online zugänglich machen.

Trotz aller Bemühungen seit nun 15 Jahren und seit 2015 verstärkt haben sich im Rahmen der „Freikäufer“-Kampagne der L-IZ.de nicht genügend Abonnenten gefunden, welche lokalen/regionalen Journalismus und somit auch diese aufwendig vor Ort und meist bei Privatpersonen, Angehörigen, Vereinen, Behörden und in Rechtstexten sowie Statistiken recherchierten Geschichten finanziell unterstützen und ein Freikäufer-Abonnement abschließen.

Wir bitten demnach darum, uns weiterhin bei der Erreichung einer nicht-prekären Situation unserer Arbeit zu unterstützen. Und weitere Bekannte und Freunde anzusprechen, es ebenfalls zu tun. Denn eigentlich wollen wir keine „Paywall“, bemühen uns also im Interesse aller, diese zu vermeiden (wieder abzustellen). Auch für diejenigen, die sich einen Beitrag zu unserer Arbeit nicht leisten können und dennoch mehr als Fakenews und Nachrichten-Fastfood über Leipzig und Sachsen im Netz erhalten sollten.

Vielen Dank dafür und in der Hoffnung, dass unser Modell, bei Erreichen von 1.500 Abonnenten oder Abonnentenvereinigungen (ein Zugang/Login ist von mehreren Menschen nutzbar) zu 99 Euro jährlich (8,25 Euro im Monat) allen Lesern frei verfügbare Texte zu präsentieren, aufgehen wird. Von diesem Ziel trennen uns aktuell 400 Abonnenten.

Alle Artikel & Erklärungen zur Aktion Freikäufer“

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar