Wie viele Wassertropfen befinden sich in einer Wolke? Das ist eine Frage, die nicht nur Kinder interessiert, sondern auch Wissenschaftler. Erst recht die aus Leipzig. Denn Leipzig ist – so stellt es die Universität Leipzig mal ganz trocken fest – das „internationale Zentrum der Wolkenforschung“. Grund dafür ist das Institut für Troposphärenforschung. Und einer will es jetzt ganz genau wissen: Prof. Dr. Johannes Quaas von der Uni Leipzig.

Wolkentröpfchen sind gerade mal 10 bis 20 Mikrometer groß und haben doch einen erheblichen Einfluss auf das Weltklima: Je stärker die Luftverschmutzung ist, umso mehr Wolkentröpfchen entstehen, denn sie bilden sich aus Schmutzpartikeln (Aerosolen). Zumindest meldet das so die Universität. Aber die Forscher gehen an das Thema mit etwas weniger Emotion. Denn Wassertropfen brauchen Kondensationskeime, sonst kann sich das verdunstete Wasser in der Erdatmosphäre einfach nicht anlagern. Solche Kondensationskeime sind Staubpartikel (die es in der Erdatmosphäre immer gibt, auch wenn Menschen keinen Schmutz oder Ruß in die Luft blasen), es können aber auch Pollen oder Salzkristalle sein. Alles, was einen kleinen festen Kern ergibt, an dem sich Wassermoleküle anlagern und nach und nach richtige Tropfen bilden können.

Man ahnt schon: Wenn Prof. Dr. Johannes Quaas die Zahl der Wassertropfen herausbekommen will, die in einer Wolke sind, dann misst er quasi nebenbei auch die Zahl der Kondensationskeime und bekommt wieder etwas mehr heraus über die Bildung von Wolken, über die man am meteorologischen Institut der Uni Leipzig, das mit dem Institut für Troposphärenforschung kooperiert, zwar schon eine Menge weiß. Aber noch lange nicht genug.

Den Meteorologen fallen dabei Fragen ein, auf die kommen die meist abgelenkten Erdbewohner gar nicht. Oder nur, wenn sie solche neugierigen Kinder an der Hand haben, die alles ganz genau wissen wollen. Wissenschaftler sind ja eigentlich Erwachsene, die die Neugier der Kinder fürs Leben bewahrt haben.

Denn wenn einer wie Quaas an Wolken denkt, dann denkt er auch gleich an Lichtbrechung und Energiehaushalte.

Denn die winzigen Wassertröpfchen reflektieren das Sonnenlicht ins All. Ist ihre Konzentration hoch, wird mehr Sonnenlicht reflektiert, was abkühlend auf unser Klima wirkt. Aber wie stark ist dieser Effekt in verschiedenen Regionen der Welt? Und welche Rolle spielt dabei das Wasser in den Wolken? Wie viel Wasser steckt genau in einer Wolke?

Mit diesen Fragen befasst sich Prof. Dr. Johannes Quaas vom Lehrstuhl für Theoretische Meteorologie der Universität Leipzig in Kooperation mit dem Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS). Der Leipziger Forschungsschwerpunkt auf Aerosolen und Wolken ist in dieser Form in Deutschland einmalig. Er steht auch im Fokus des diesjährigen Weltmeteorologietages am Donnerstag, 23. März. Dessen Motto ist diesmal: „Understanding Clouds“ – „Wolken verstehen“.

Gemessen wird per Satellit

Prof. Dr. Johannes Quaas. Foto: Universitätsarchiv Leipzig
Prof. Dr. Johannes Quaas. Foto: Universitätsarchiv Leipzig

„Bisher ist relativ wenig erforscht, wie viele Wassertröpfchen oder Eiskristalle in einer Wolke drin sind“, erklärt der Wolkenforscher, der seit Oktober 2012 für insgesamt fünf Jahre vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit einem Starting Grant in Höhe von 1,45 Millionen Euro gefördert wird. Quaas hat mehrere Methoden, den Wolken auf den Grund zu gehen: Zum einen gibt es die Möglichkeit, mit einem Spezialflugzeug direkt hineinzufliegen und die Tröpfchenkonzentration zu messen. Dies ist allerdings sehr aufwendig und lässt nur punktuelle Aussagen zu. Die andere, aussagekräftigere Methode ist das Bestimmen der Wolkentröpfchen-Anzahl aus Satellitenbildern. Dies geschieht Quaas zufolge mit Hilfe von Licht.

„An dessen Farbe erkennt man, wie viele Tröpfchen sich in einer Wolke befinden“, sagt der Meteorologe, der mit seiner Arbeitsgruppe seit Jahren an diesem Thema forscht.

Bislang barg diese Variante aber zu viele Unsicherheiten in sich. Quaas und seinen Kollegen ist es nun gelungen, diese Unsicherheiten deutlich zu reduzieren. Das wurde möglich, weil in den vergangenen Jahren immer mehr Fehlerquellen entdeckt wurden.

„Wir verstehen jetzt besser, wo Messungen fehlerhaft sind. Das erlaubt uns wesentlich verlässlichere globale Aussagen als noch vor einigen Jahren“, erläutert er. So habe sich beispielsweise herausgestellt, dass Messungen in der Polarregion stark fehlerbehaftet sind, weil die Sonne dort sehr schräg steht und das Licht in zu steilem Winkel einfällt.

Insgesamt zwei Satelliten umkreisen einmal täglich die Erde und liefern wichtige Informationen über die Beschaffenheit der Wolken. Quaas und sein Team, die als Pioniere in der Forschung auf diesem Gebiet gelten, analysieren seit 2006 die Satellitenbilder. Durch das Projekt sollen die Prognosen über den Klimawandel verlässlicher werden. Die Arbeitsgruppe kooperiert dabei sehr eng mit dem Leibniz-Institut für Troposphärenforschung.

Künftig will die Arbeitsgruppe ihre Forschungen auch auf Eiskristalle ausdehnen. Es sei allerdings wesentlich schwieriger, die Zahl der Eiskristalle als die der Wassertröpfchen in einer Wolke zu berechnen, da sich die Kristalle auf mehrere Arten bilden können und im Gegensatz zu den Tropfen ganz unterschiedliche Formen haben.

„Wolkentröpfchen bilden sich nur aus Aerosolen“, sagt Quaas. Eiskristalle untersucht er mit speziellen Wolkenradaren in Kombination mit Laserlicht, das Satelliten aussenden.

Via OCEANET wird international zusammengearbeitet

Über 70 Prozent der Oberfläche unseres Planeten ist mit Wasser bedeckt. Entsprechend spielt sich auch der überwiegende Teil des Wetters und Klimawandels in der Atmosphäre über den Ozeanen ab. Dennoch sind Messstationen, die diese gigantische Luftmenge von rund 3.500 Millionen Kubikkilometern kontinuierlich beobachten, immer noch Mangelware. Vor einigen Jahren wurde daher das mobile Containersystem OCEANET entwickelt, das zweimal pro Jahr mit dem deutschen Forschungseisbrecher Polarstern im Atlantik unterwegs ist. Es wurde in Leipzig am Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) entwickelt.

„OCEANET liefert den Leipziger Forschern wichtige Daten zum Zustand der Atmosphäre über den Ozeanen. So konnten wir beispielsweise zeigen, dass die Wolken durch die Luftverschmutzung in der Nordhemisphäre schneller vereisen als in der sauberen Südhemisphäre“, erklärt Prof. Andreas Macke, Direktor des TROPOS. Da die Messungen seit 2009 kontinuierlich stattfinden, hoffen die Leipziger Wolkenforscher, so auch langfristigen Veränderungen auf die Spur zu kommen.

Leipzig hat sich in den vergangenen Jahren zu einem international bedeutenden Zentrum der Wolkenforschung entwickelt. Über 100 Wissenschaftler am Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) und am Institut für Meteorologie der Universität Leipzig untersuchen Wolken in aller Welt. Die Expertise beider Institute trägt so dazu bei, Ursachen und Auswirkungen des globalen Klimawandels besser zu verstehen. Denn bisher sind Wolken immer noch die große Unbekannte im Klimasystem. Die Weltmeteorologieorganisation (WMO) hat daher den Welttag der Meteorologie 2017 unter das Motto „Wolken verstehen“ gestellt.

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