So viel Einigkeit ist selten in der Politik. Alle sind dafür, und alle machen mit. Beim neuen Rundfunkbeitrag für den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk im Lande will sich keine Partei verweigern. Für Sachsens FDP wäre "langfristig eine personenbezogene Medienabgabe" aber die bessere Lösung, so deren Medienexperte Torsten Herbst im L-IZ-Interview.

Herr Herbst, seit Januar 2013 gilt zur Finanzierung des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks nun der Rundfunkbeitrag für alle Haushalte von aktuell 17,98 Euro monatlich. “Geräteunabhängig” wie es heißt, also auch dann, wenn sich gar kein Endgerät im Haushalt befindet. Was rechtfertigt aus Ihrer Sicht diese Art von Pauschalierung?

Das bisherige GEZ-System war undurchsichtig und bürokratisch. Außerdem sind in den vergangenen Jahren immer mehr unterschiedliche Endgeräte hinzugekommen. Ich denke da an internetfähige Handys oder Tablets. Eine tatsächliche Erfassung von Endgeräten war kaum noch möglich und deshalb nicht mehr zeitgemäß.

Der Übergang von der geräteabhängigen Gebühr hin zur geräteunabhängigen Haushaltsabgabe ist aus Sicht der FDP nur ein erster, richtiger Schritt – aber die zweitbeste Lösung. Wir wollen langfristig eine personenbezogene Medienabgabe, die unbürokratisch und ohne jeden Kontrollaufwand über die Finanzämter erhoben werden könnte.

Inwieweit überzeugen Sie die juristischen Begründungen, wonach der Rundfunkbeitrag gerade keine Steuer ist, die ja unzulässig wäre?

Diese Frage muss durch Gerichte geklärt werden. Der Rundfunk soll in Deutschland aus gutem Grund staatsfern und regierungsunabhängig sein, deshalb scheint mir der Begriff “Steuer” nicht angemessen. Ich möchte aber einem Urteil nicht vorgreifen.

Fakt ist, bei einer guten Rundfunkfinanzierung muss abgewogen werden zwischen fairer Festlegung der Gebühren und geringer Bürokratie. Ein Zurück zum GEZ-Schnüffler im deutschen Wohnzimmer darf es jedenfalls nicht geben.

Wer weiß eigentlich besser über die individuellen Verhältnisse der Menschen in Deutschland Bescheid: die Meldebehörden oder der neue Beitragsservice von ARD und ZDF?

Die vom Beitragsservice abgefragten Daten machen ja nur einen kleinen Teil der bei den Meldebehörden vorhandenen Daten aus. Aber die Auskunftserlaubnis muss restriktiv gehandhabt werden. Der Beitragsservice darf nur Daten erhalten, die er wirklich für die Durchführung seiner Aufgaben benötigt.

Aber genau um solche Probleme dauerhaft zu verhindern, wäre ein personengebundener Rundfunkbeitrag die beste Lösung – da wäre es egal, wer mit wem und wo zusammenwohnt und wie viele Radios, Handys oder Fernseher dort vorhanden sind.Die öffentlich-rechtlichen Anstalten dürfen werben und sehen sich bei den Programmformaten im Wettbewerb mit den Privatanstalten. Was macht aus Ihrer Sicht denn da den Unterschied, der einen Zwangsbeitrag von allen Haushalten rechtfertigt?

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat einen Grundversorgungs- und Bildungsauftrag. Nur dies rechtfertigt überhaupt eine öffentliche Finanzierung. Es geht dabei nicht in erster Linie um Quote, sondern um Qualität und Vielfalt – auch bei Themen, die nicht für ein Millionenpublikum von Interesse sind. Eine sorbische Fernsehsendung wie “Wuhladko” würde sich beispielsweise für einen privaten Anbieter nicht rechnen.

Wettbewerb mit den Privaten darf nicht bedeuten, dass deren Sendekonzepte einfach kopiert oder Moderatoren mit hohen Gagen abgeworben werden. Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk sollte stets bewusst sein, dass er sich nahezu vollständig aus Gebührengeldern finanziert. Daher müssen auch für das Geldausgeben strengere Maßstäbe als bei privaten Sendern gelten.

Wie definieren Sie in kurzen Worten den “Versorgungsauftrag” der Öffentlich-Rechtlichen, der den Zwangsbeitrag rechtfertigt?

Die Sender werden mit den Gebührengeldern ausgestattet, um auch große Korrespondentennetze für die Nachrichten, aufwändige Reportagen mit viel Recherche und vor allem Berichte über das regionale Geschehen in den deutschen Ländern zu finanzieren. Das sichert Vielfalt und Qualität und gehört ganz klar zu ihrem Versorgungsauftrag.

Spielshows mit Millionengewinnen oder immens teure Sportereignisse, die von privaten Sendern ebenfalls gezeigt werden können, gehören aus meiner Sicht nicht dazu.

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Die letzte Bestellung eines Chefredakteurs beim ZDF im Jahre 2012 ließ Zweifel an der Staatsferne des Senders aufkommen. Der Skandal beim Kinderkanal Kika scheint noch immer nicht abschließend aufgearbeitet. Wie kann das System Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk hier Vertrauen wieder gewinnen?

Der beste Weg, um Vertrauen beim Zuschauer zu gewinnen, ist eine faire und unabhängige Berichterstattung. Ich glaube, trotz allen Schlagzeilen, die es da hin und wieder gibt: Wenn die Deutschen abends den Fernseher einschalten, spüren sie, dass sie von der Tagesschau, den heute-Nachrichten oder MDR aktuell kompetent und recht ausgewogen informiert werden. Das Programm machen Journalisten und nicht die Politiker – und so muss es auch sein.

Um die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks allgemein zu stärken, ist es zudem wichtig, dass die Sender mit den Gebührengeldern verantwortungsvoll und sparsam umgehen. Es fließt bereits jetzt viel Geld für ein umfangreiches Programm, weitere Ausgabensteigerungen und höhere Gebühren sind nicht vermittelbar.

Vielen Dank für das Gespräch.

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