Auch als Mitglied eines Beirates der Stadt muss man seine Worte abwägen. Auch wenn die sogenannten „Social Media“ geradezu dazu einladen, jeden Respekt vor anderen Menschen fahren zu lassen. Wer dem Verlangen nachgibt, dort die große Keule herauszuholen, muss auch damit rechnen, dass er sein öffentliches Amt verliert. Und das betraf in der Ratsversammlung am 24. April nicht nur Mohamed Okasha, den bisherigen Vorsitzenden des Leipziger Migrantenbeirats.

Sondern auch AfD-Stadtrat Roland Ulbrich. In beiden Fällen ging es um Antisemitismus. Und trotzdem gibt es Unterschiede. Und zwar gewaltige. Denn während es bei Okasha ein Post war, den er im Herbst 2023 – kurz nach dem Überfall der Hamas auf jüdische Siedlungen – geteilt hatte und der den Imperialismus der USA anprangerte, hatte AfD-Stadtrat Ulbrich ganz bewusst die Rassengesetzgebung der Nazis ins Wort gehoben.

Mohamed Okasha hat inzwischen selbst seinen Rückzug aus dem Migrantenbeirat bekannt gegeben. Die Absetzung im Stadtrat war also eigentlich nur noch eine Formalie. Im Interview für die LZ sprach Okasha auch über seine Motivation bei dem Thema. Hier kann man es lesen.

Ein Like zu viel?

Beantragt hatte die Abberufung Okashas aus dem Migrantenbeirat die CDU-Fraktion. Eine Zeit lang sah es so aus, als würde die Abberufung nur durch CDU und AfD getragen.

Doch die aufflammenden Diskussionen um den AfD-Stadtrat Roland Ulbrich nutzte die Grünen-Fraktion, um zu beantragen, dass auch beide AfD-Stadträte aus dem Migrantenbeirat abberufen werden.

„Der AfD Stadtrat Roland Ulbrich ist mittlerweile für seine rassistischen Ausfälle bekannt. Nicht zuletzt nach dem Rückgriff auf die Nürnberger Rassegesetze im Bundesschiedsgericht der AfD ist mehr als deutlich geworden, dass Herr Ulbrich weder die Ziele des Migrantenbeirates vertreten kann noch über die nötige Sachkunde verfügt. Es ist nicht zu tolerieren, dass Menschen, die das friedliche Zusammenleben in Frage stellen, in diesem Gremium vertreten sind. Es ist den Mitgliedern des Beirats auch nicht zuzumuten, mit so einer Person zusammenzuarbeiten“, begründeten die Grünen ihren Änderungsantrag zum CDU-Antrag.

„Spätestens seit der Veröffentlichung der Rechercheergebnisse des Medienhauses Correctiv zum sogenannten ‚Potsdamer Treffen‘ sollte allen klar sein, dass es sich bei der AfD um eine rechtsextreme Vereinigung handelt. Der Landesverband der Partei in Sachsen wurde bereits vom Landesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft.

Wir sehen AfD-Politiker, die mit demokratischen Mitteln versuchen, die Demokratie abzuschaffen und ihre fremdenfeindlichen Überzeugungen umzusetzen, für nicht ansatzweise geeignet, in einem Beirat mitzuwirken, der die Interessen von Migrantinnen und Migranten und der Stadtverwaltung bzw. Stadtgesellschaft in Einklang zu bringen versucht.“

Doch gilt das nun für beide AfD-Mitglieder im Migrantenbeirat?

Nur ein AfD-Stadtrat fliegt raus

Das sah die Ratsversammlung nach einem kurzen und bissigen Schlagabtausch in der Ratsversammlung doch sehr unterschiedlich. OBM Burkhard Jung hatte die Abstimmung über die beiden AfD-Stadträte bewusst voneinander entkoppelt. Während die Abberufung von Roland Ulbrich mit 42:17 Stimmen bei zwei Enthaltungen ein sehr deutliches Votum zutage brachte, fiel die Abstimmung zu einer möglichen Abberufung von Christian Kriegel deutlich knapper aus.

Mit einem Ergebnis von 27:29 Stimmen bei drei Enthaltungen bleibt der AfD-Stadtrat vorläufig im Migrantenbeirat, der nach der Stadtratswahl im Juni sowieso nach neuem Modus neu gewählt wird.

Und im Fall Mohamed Okasha war es eigentlich nur noch eine Formalie. Auch wenn das Ergebnis mit 52:2 Stimmen für die Abberufung Okashas dann doch sehr deutlich war.

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