Die Grünen-Fraktion im Leipziger Stadtrat möchte die beiden AfD-Politiker Roland Ulbrich und Christian Kriegel aus dem Migrantinnen- und Migrantenbeirat abberufen. Über einen entsprechenden Antrag soll die Ratsversammlung noch im Februar entscheiden. Zudem wollen die Grünen verhindern, dass AfD-Politiker*innen weiterhin zu städtischen Gedenkveranstaltungen eingeladen werden.

Bei dem Antrag zur Abberufung der beiden AfD-Stadträte handelt es sich um einen Änderungsantrag zu einem Antrag der CDU-Fraktion. Diese hatte im November beantragt, den Vorsitzenden des Migrantinnen- und Migrantenbeirats, Mohamed Okasha, abzuberufen. Okasha war in die Kritik geraten, nachdem er am 9. November – dem Jahrestag der Reichspogromnacht – einen Beitrag verbreitet hatte, in dem Israel ein Genozid an Palästinenser*innen vorgeworfen wurde.

Die Grünen begründen ihren Antrag damit, dass Politiker*innen der AfD „nicht ansatzweise geeignet“ seien, „in einem Beirat mitzuwirken, der die Interessen von Migrantinnen und Migranten und der Stadtverwaltung beziehungsweise Stadtgesellschaft in Einklang zu bringen versucht“. Sie berufen sich dabei auf die „Correctiv“-Recherchen und die Einschätzung des Verfassungsschutzes, dass der sächsische AfD-Landesverband „gesichert rechtsextrem“ sei.

Selbst die AfD will Roland Ulbrich loswerden

Über den AfD-Politiker Roland Ulbrich schreiben die Grünen, dass dieser „für seine rassistischen Ausfälle bekannt“ sei. Im Januar war bekannt geworden, dass Ulbrich in seiner Funktion als Mitglied des Bundesschiedsgerichts der AfD mit Inhalten des „Reichsbürgergesetzes“ von 1935 argumentiert haben soll. Ulbrich trat daraufhin von diesem Posten zurück und aus der Landtagsfraktion aus. Die AfD möchte ihn aber offenbar komplett aus der Partei ausschließen.

Den Mitgliedern des Migrantinnen- und Migrantenbeirats sei es „nicht zuzumuten, mit so einer Person zusammenzuarbeiten“, heißt es im Grünen-Antrag. Dieser soll am 28. Februar auf der Tagesordnung stehen. Ob und wer für die AfD in diesem Beirat sitzen darf, müsste aber sowieso bald erneut entschieden werden – nach der Kommunalwahl am 9. Juni werden die Gremien wieder neu besetzt.

Ein weiterer Grünen-Antrag widmet sich der Teilnahme von AfD-Politiker*innen an offiziellen Veranstaltungen der Stadt Leipzig, insbesondere Gedenkveranstaltungen. Die Verwaltung soll prüfen, ob es zulässig ist, Vertreter*innen von „gesichert rechtsextremen“ Parteien nicht mehr einzuladen. Falls das Ergebnis positiv ausfällt, soll die Verwaltung künftig auf Einladungen verzichten.

Geschichtsrevisionismus in der AfD

Die Grünen begründen ihren Antrag vor allem mit dem Geschichtsrevisionismus der Partei. So war etwa Siegbert Droese, Vorsitzender der Leipziger Ratsfraktion, vor Jahren auf einem Foto zu sehen, das ihn mit fragwürdiger Geste neben dem ehemaligen „Führerhauptquartier Wolfsschanze“ zeigt. Sein Fraktionskollege Ulbrich sprach nach dem versuchten Massenmord in einer Synagoge in Halle im Oktober 2019 von „Sachbeschädigung“ an einer Tür.

Ähnlich wie den Mitgliedern des Migrantinnen- und Migrantenbeirats die Zusammenarbeit mit AfD-Politiker*innen nicht zuzumuten sei, sei es „den Opfern des Nationalsozialismus und ihren Nachkommen nicht zuzumuten, wenn die Stadt Vertreter*innen dieser Partei zu Gedenkveranstaltungen einlädt“.

Aus Sicht der Grünen liefert die Einstufung des Verfassungsschutzes eine „formale Grundlage“ für einen Ausschluss von AfD-Politiker*innen von städtischen Veranstaltungen.

Einladungen für AfD-Politiker*innen sind immer wieder ein Politikum. Im vergangenen Herbst geriet die Universität Leipzig in die Kritik, weil AfD-Politiker*innen zur Immatrikulationsfeier im Gewandhaus eingeladen waren. Kürzlich sorgte auch die „Berlinale“ für Schlagzeilen: Nach starker öffentlicher Kritik entschloss sich die Festivalleitung dazu, AfD-Politiker*innen von der Eröffnungsgala wieder auszuladen.

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