Schimpansen und andere Tiere nutzen zum Wiederauffinden von Früchten im Regenwald ihr räumliches Gedächtnis. Wie sie diese aber überhaupt erst ausfindig machen, war bisher ungeklärt. Jetzt untersuchten Forscher des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie im Taï-National Park an der Elfenbeinküste (Westafrika), welche Strategien die Schimpansen bei ihrer Suche nach den süßen Leckereien anwenden.

Und sie stellten dabei fest: Die Tiere wissen, dass manche Baumarten zeitgleich Früchte tragen und nutzen diese botanischen Kenntnisse bei ihrer täglichen Nahrungssuche. Wenn also die Früchte eines bestimmten Baums reif sind, inspizieren sie auch andere Bäume besonders aufmerksam, ob sie ebenfalls schon Früchte tragen.

Um dies herauszufinden, beobachteten Wissenschaftler um Karline Janmaat und Christophe Boesch vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie die Tiere beim Inspizieren ihres Lebensraumes und zeichneten die prüfenden Blicke der Schimpansen in die Baumkronen auf. Für die Analyse verwendeten die Forscher dann ausschließlich solche Aufnahmen, bei denen Schimpansen Bäume absuchen, die gerade keine Früchte trugen, bei denen sie sich also “geirrt” hatten.Bei der Analyse dieser “Irrtümer” konnten die Wissenschaftler ausschließen, dass die Inspektionen der Bäume durch den Anblick und Geruch von Früchten ausgelöst wurden. Stattdessen fanden sie heraus, dass die Schimpansen diese Bäume in der Erwartung kontrollieren, dort in naher Zukunft Früchte zum Verzehr zu finden. Hatten sie dann erst einmal die erste Frucht der Saison verspeist, erhöhte sich ihre Erwartungshaltung sogar noch maßgeblich.

“Die Schimpansen entwickeln nicht einfach nur eine Vorliebe für eine bestimmte Frucht, die sie in der Vergangenheit oft aßen”, sagt Karline Janmaat. “Stattdessen können wir anhand einer botanischen Besonderheit – in welchem Maße bestimmte Baumarten zeitgleich Früchte produzieren – vorhersagen, welche Bäume die Tiere inspizieren werden.”

Schimpansen wissen also, dass bestimmte Baumarten zeitgleich Früchte tragen und wenden dieses Wissen auf ihre tägliche Nahrungssuche an. Sie stützen ihre Erwartungen dabei auf eine Kombination zweier Faktoren: Botanische Kenntnisse, die auf der Erfolgsrate der Tiere beim Auffinden von Früchten beruhen, und die Fähigkeit, Obstsorten zu kategorisieren. “Unsere Ergebnisse zeigen, welche Vielfalt an Strategien unsere nächsten Verwandten, die Schimpansen, bei der Nahrungssuche anwenden. Darüber hinaus beleuchten sie auch die evolutionären Ursprünge der menschlichen Fähigkeit des Kategorisierens und abstrakten Denkens”, sagt Christophe Boesch, der die am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie die Abteilung für Primatologie leitet.

Quelle: Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, SJ/KJ

www.eva.mpg.de

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