Festivaldirektorin Leena Pasanen hat zum letzten Mal eine von ihr verantwortete DOK-Festivalwoche eröffnet. Die 62. Ausgabe des Leipziger Dokumentarfilm-Events startete mit „Das Forum“ von Markus Vetter. Der Regisseur durfte mit seinem Team zum ersten Mal hinter den Kulissen des Weltwirtschaftsforums in Davos drehen. Mit dem "Preis der Kunstministerin" wurde zudem zum Start bereits der erste Film ausgezeichnet. Sieger ist „Black Women & Sex“ der Regisseurin Godisamang Khunou aus Südafrika.

Den Eröffnungsfilm hob auch Leena Pasanen in ihrer Ansprache hervor: „Das Forum“ bietet nicht nur einen exklusiven Blick hinter die Kulissen dieses mächtigen Zirkels, er handelt auch von der Notwendigkeit, im Gespräch zu bleiben. Und „das brauchen wir in diesen Zeiten dringender denn je“, sagte Pasanen und fuhr fort: „Aber nicht nur rund um unseren Eröffnungsfilm wollen wir diskutieren, auch im Rahmen unseres zweitägigen Symposiums wollen wir uns miteinander und über dringliche Filme auseinandersetzen“.

Auch beim Publikum, welches den Film zum Start der DOK-Film in der Osthalle des Hauptbahnhofs sah, kam der Streifen gut an. „Mich hat beeindruckt, wie es gelungen ist, den Bogen zwischen vielfältigen Themen aus Politik, Wirtschaft und Umweltschutz zu schlagen“, sagte ein Zuschauer. Es wurde jedoch auch deutlich, dass der Film so einiges an Wissen voraussetzt. „Schon akustisch habe ich nicht alles verstanden, aber auch die Themen sind sehr komplex“ so eine Fünftklässlerin. Recht hat sie, denn wer die Nachrichten der letzten fünf Jahre aufmerksam verfolgte, wird einen Ankerpunkt zu jedem Thema finden.

Und das ist nicht wenig in diesen Zeiten des oberflächlichen Medienkonsums.

Dennoch gelingt es Markus Vetter zu beschreiben, was Klaus Schwab, der Gründer des Forums in Davos erreichen möchte: Eine bessere Welt. Es zeigt sich aber auch, dass eine solche den Willen all der Regierungs- und Konzernchefs erforderte, eine gerechtere und nachhaltige Welt zu gestalten. Diesen Willen zweifelt nicht nur Jennifer Morgan, Chefin von Greenpeace International, an: „Es geht 99% der Teilnehmer um den Erhalt des status quo, ein Prozent will einen Wandel erreichen und das reicht nicht.“

Auch mancher Staatschef kann durch seine Auftritte in Davos nicht überzeugen. Trump schien es 2018 eher um die Werbung von Investoren für die US-Wirtschaft zu gehen und eine Moderation der laufenden Monsanto-Übernahme durch den Bayer-Konzern. Wie man 2019 erfuhr, eine teure Angelegenheit für die deutschen Einkäufer bei Bayer, die seither mit sinkenden Börsenkursen zu kämpfen haben.

Kim Busch (DOK Leipzig), Markus Vetter, Produzent Christian Beetz, und WEF-Manager Murat Sönmez (v.l.) Foto: Sebastian Beyer
Kim Busch (DOK Leipzig), Markus Vetter, Produzent Christian Beetz, und WEF-Manager Murat Sönmez (v.l.) Foto: Sebastian Beyer

Auch andere Rückschläge musste Schwab in all den Jahren als Gastgeber schon verkraften, wie er der Staatschefin Myanmars, Aung San Suu Kyi, bei einem Treffen auf dem Asien-Gipfel des Forums im Film erzählt. So sei vereinbart gewesen, dass nach konstruktiven Gesprächen in Camp David, USA ein Durchbruch in den israelisch-palästinensischen Friedensgesprächen in Davos verkündet werde. Peres hielt eine Rede der Versöhnung, Jassir Arafat aber konterte mit einer Brandrede, die das Vorhaben zurückwarf.

Dass Schwab sich nie von solchen Erlebnissen abhalten ließ, die von ihm gegründete Zusammenkunft stets neu zu organisieren, wird in der Dokumentation durch seine langjährige Frau Hilde erklärt. Sie stellte er einst in den frühen Jahren des Weltwirtschaftsforums an und lernte sie lieben. „Klaus ist ein Fels in der Brandung, der sich von Frust unbeeindruckt zeigt, er macht einfach immer weiter“.

DOK-Eröffnung, Politik und Preise

Neben Leena Pasanen sprachen bei der Eröffnung die Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst Dr. Eva-Maria Stange und Dr. Skadi Jennicke, die Bürgermeisterin und Beigeordnete für Kultur der Stadt Leipzig.

Stange hob in ihrem Grußwort die Werte des Festivals hervor und ging auf das Engagement für Chancengleichheit ein, welches das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst mit DOK Leipzig teilt: „ Seit mehr als 60 Jahren steht DOK Leipzig für das Verbindende und dafür, Gemeinsamkeiten zu stärken. In dieser Tradition bewegt sich das Festival noch immer und ich begrüße ausdrücklich die klare Haltung der DOK-Macher für die Werte, die maßgeblich das Programm des Festivals prägen: Demokratie, Freiheit, Toleranz und Solidarität. In diesem Jahr sind mehr als 50 Prozent der Regisseur/innen der Offiziellen Auswahl weiblich und ich freue mich, dass wir erstmals den Preis der Kunstministerin für das beste Dokumentarfilmprojekt einer Regisseurin verleihen können.“

Frau Dr. Stange übergab den mit 5.000 Euro dotierten Preis der Kunstministerin während der Eröffnungsveranstaltung. Ausgezeichnet wurde das südafrikanische Projekt BLACK WOMEN & SEX der Regisseurin Godisamang Khunou. Eine Lobende Erwähnung erhielt das südkoreanische Projekt MY MISSING AUNT der Regisseurin Juyeon Yang. Eine Jury hatte über die Preisvergabe im Vorfeld des Festivals entschieden.

Die DOK Leipzig zeigt bis Sonntag, den 3. November 2019, insgesamt 310 Werke aus 63 Ländern, rund 2000 internationale Fachbesucher/innen werden während der Festivalwoche erwartet. Kulturbürgermeisterin Dr. Skadi Jennicke betonte in ihrem Grußwort die Bedeutsamkeit der diesjährigen Filmauswahl und dankte Leena Pasanen für ihre Arbeit als Festivalleiterin.

„DOK Leipzig durchleuchtet 2019 in nur wenigen Tagen die drängenden Fragen der Zeit. Ich glaube, der Dokumentarfilm ist die Kunst der Stunde. Er zwingt uns zum Hinsehen und zur genauen Betrachtung der Details. Ich danke Leena Pasanen, dass sie mit ihrem Gespür für gesellschaftliche Debatten das Festival weiter profiliert und verstärkt hin zur Stadtgesellschaft geöffnet hat.“

DOK Leipzig stellt Programm vor

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Nach „Lord of the Toys“-Kontroverse: DOK-Festival und Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ planen Zusammenarbeit

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