Die Idee lag eigentlich immer auf der Hand. 2010 gewann sie Gestalt. Da fand in Leipzig das erste Passagenfest statt, das die Schaulustigen an einem lauen Sommerabend in die Leipziger Innenstadt lockte zum Kulturerlebnis der nicht so klassischen Art in den alten und neuen Passagen der Innenstadt. Am 7. September findet das dritte seiner Art statt und wird auch in Dresden, Halle und Chemnitz beworben.

Denn Stadt- und Marktfeste haben sie alle. Die vielen Passagen sind ein Alleinstellungsmerkmal für „Klein Paris“, einstmals auch abgeguckt in Paris. Der Ideenklau hätte schiefgehen können. Ging er aber nicht. Leipzigs Passagen sind mittlerweile selbst berühmt. Sechs von ihnen sind am 7. September eingebunden ins Passagenfest: Messehof und Petersbogen, Specks Hof / Hansahaus und Brühlarkade und natürlich die Mädler-Passage. Neu in diesem Jahr dabei ist Kretzschmanns Hof.

Außerdem ist das Städtische Kaufhaus erneut mit dabei, das sich wieder mediterran gibt. Die „Höfe am Brühl“, die Ende September offiziell eröffnen, nutzen das Passagenfest als Werbeauftritt. Und die beiden dominanten Kaufhäuser Karstadt und Kaufhof öffnen ebenfalls. Die einen mit „Surprise“, die anderen mit „Shake & Shakin“.

Als größte Schiffe innerhalb der Citygemeinschaft, die das Fest gemeinsam mit Stadt, IHK und LTM veranstaltet, sind sie aus so einem Festprogramm nicht wegzudenken.

Von 18 bis 24 Uhr gibt es am 7. September wieder Programm. Neu ist in diesem Jahr um 23.23 Uhr das Große Finale – da wird noch einmal was geboten, um die Gäste des Festes aufs Heimgehen einzustimmen. Noch einen kleinen Satz sagte Thomas Paarmann, Chef der PR-Agentur Paarmann-Promotion: „Das Fest wird Leipziger.“

Eigentlich – als gesteigertes Adjektiv – kleingeschrieben im L-IZ-Stil: „leipziger“. Was sich unter anderem auf das Programm um Specks Hof und Hansahaus bezieht, wo im Vorjahr der Sturz von Finn Martin für so viel Erschrecken sorgte.

In diesem Jahr hat sich dieser Passagenverbund auf die Leipziger Passagen- und Messehausgeschichte besonnen. „Messetradition“ heißt es diesmal. Seiferts Oskar wird auftauchen und sich unter Hochradfahrer, Magier, Schuhputzer und lauter Verkäufer in der Tracht des Jahres 1912 mischen. Eine ganze Reihe von Ladenbetreibern will, wie man hört, in historische Verkäuferkostüme schlüpfen. Die Musik dazu machen die Five Gentlemen – A-cappella-Musik in der Tradition der Comedian Harmonists.

„Das ganze Programm aufzuschreiben, würde viel zu lang werden“, sagt Paarmann. Es ist so gestrickt, dass Besucher schlendern können, sollen und dürfen. Überall passiert etwas. Und in diesem Jahr auch erstmals draußen, vor den Eingängen. Denn das, was sonst nur tagsüber in der City zu hören und zu sehen ist, darf diesmal auch zum Passagenfest auftreten: das Völkchen der Straßenkünstler. Musiker, Darsteller, Artisten. Bezahlbar mit klingender Münze: „Hutgeld!“ steht im Exposé.Vielleicht wird das sowieso bald die wieder gewöhnliche Bezahlung für Künstler in Leipzig. Kreativität direkt belohnt vom passierenden Publikum. Finanziert werden die einzelnen Programmorte von den Passagenbetreibern und Werbegemeinschaften selbst.

„Anders“, sagt Paarmann, „hätten wir das gar nicht stämmen können.“ Aber so findet die Citygemeinschaft tatsächlich eine Form, wie das „Herzstück“ der Stadt wirklich unverwechselbar beworben werden kann. Der LTM hat 21.000 Euro dazu getan, um Plakatwerbung zu ermöglichen. Nicht direkt: Er hat sein entsprechendes Kontingent an Werbefläche bei Ströer dafür zur Verfügung gestellt.

Ein bisschen ist es in Leipzig schon längst wieder so: Man tauscht und kungelt. Not macht erfinderisch und kreativ. Auch der kreativste Eisverkäufer macht wieder mit: das Eiscafé San Remo, das extra fürs Passagenfest das Eis „Herzstück“ entwickelt hat. Vielleicht trifft’s den Leipziger Geschmack: Kirsche, Heidelbeere, Chili und Minze. Die Prise Kaffee fehlt noch. Für das Immergeschäftige, Immergetriebene. Das auch zum Passagenfest zum Tragen kommt. Schon allein dann, wenn die Neugierigen vorn hineindrängen und hinten nicht wieder rauswollen.

Dafür wird, so verspricht Paarmann, erstmals ein Mini-Luftschiff über den Köpfen und auch in den Passagen schweben oder fahren und filmen. Die Bilder werden übertragen für alle die, die draußen bleiben müssen, weil partout keiner mehr reinpasst.

Das dichteste Gedränge ist wohl wieder in der Mädler-Passage zu erwarten. Wohl nicht nur wegen der „Mode im Licht“, die diesmal gezeigt wird, sondern auch, weil alle die Mädlern kennen und sie so zentral liegt. Herr Stromer aus Auerbach wusste schon, warum er genau hier seinen Keller anlegte und fliegende Weinfässer bereithielt für seine seltsamen Gäste.

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