Jetzt mal kein Späßchen über die 13, auch wenn die Leipzig Tourist und Marketing GmbH (LTM) sich just Freitag, den 13. September, aussuchte, um die mittlerweile 13. Historischen Leipzig-Kalender vorzustellen. Den für 2014. Aber ein Bild des festlich geschmückten Augustusplatzes von 1913 ist drin. Der Star ist diesmal der Fotograf Johannes Mühler. "Für Leipzig-Kenner ist der Mann eine Legende", sagt Christoph Kaufmann.

Er ist der Herr der Fotos im Archiv des Stadtgeschichtlichen Museums. Wenn der LTM einen neuen Leipzig-Kalender plant, ist Kaufmann der wichtigste Mann. Mal ist es ein bekannter Leipzig-Fotograf, dessen Schätze aus dem Bilderarchiv gefischt werden, mal ist es eine besondere Bauepoche oder ein besonders Thema oder Jubiläum.

Die Fotografien nehmen den Betrachter mit in die Zeit zwischen Historismus und Moderne. Johannes Mühler (1876-1952), der sich in den Bereichen Landschafts- und Pressefotografie auszeichnete, war in ganz Deutschland tätig. Insbesondere auf Postkarten, in Heimatkalendern und Bildbänden kamen seine Aufnahmen zur Verwendung. 6.000 Aufnahmen auf den klassischen Glasplatten sind von ihm überliefert – 4.000 sind in der Deutschen Fotothek gelandet, ein Teil auch im Deutschen Fotomuseum, das die meisten Leipziger noch unter dem Namen Kamera- und Fotomuseum Mölkau kennen. 2013 ist es nach Markkleeberg umgezogen – in die heiligen Hallen des einstmals geplanten Landwirtschaftsmuseums, in dem auch eine Zeit lang die Terrakotta-Armee aus China zu Gast war. Ein idyllisches Plätzchen.Aber durch einen spektakulären Dachbodenfund tauchten auch noch 820 Glasplatten aus Mühlers Nachlass auf. “Irgendwo im schönen Westen”, sagt Kaufmann, um nicht die ganze höchst komplizierte und in Teilen auch wieder sehr verschwiegene Geschichte zu erzählen. Die für das Stadtgeschichtliche Museum natürlich ein Glücksfall war. Denn seine wichtigste Schaffenszeit vom ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts bis zu Ende des 2. Weltkrieges brachte Mühler in Leipzig zu.

Damit erlebte er eine Zeit mit, in der sich Leipzig für jeden Besucher zusehends wandelte. Er sah noch die vier alten Bahnhöfe, die ab 1913 dem neuen Hauptbahnhof weichen mussten. Er hat die Fachwerkhäuser am Nikolaikirchhof noch fotografiert, die kurz darauf dem Neubau von Speck’s Hof Platz machen mussten. Er hat das Geburtshaus von Karl Rudolf Bromme noch fotografiert, dem ersten deutschen Admiral, den auch seine Zeitgenossen schon gern mal “Brommy” nannten. Heute erinnert ein Denkmal auf dem Anger des alten Dorfes Anger an Brommy – das Geburtshaus musste vor 100 Jahren Mehrgeschossbauten weichen.Mühler fotografierte den Wochenmarkt auf dem Königsplatz – genau dem Gelände, das Leipzigs Stadtspitze jetzt gern mit einem Freiheits- und Einheitsdenkmal (oder umgekehrt) bebauen will. Er fotografierte 1913 einen Zeppelin über dem nagelneuen Völkerschlachtdenkmal (das gar nicht so neu aussieht wie heutzutage), war beim Ausbuddeln der Untergrundmessehalle unterm Markt dabei (wo am 15. Dezember die Markt-Station des City-Tunnels öffnet) und hat Schloss Dölitz auch noch fotografiert, bevor es 1943 Opfer der Weltkriegsbomben wurde.

Es ist eigentlich wie immer, wenn der LTM seinen neuen Historischen Kalender (2013 wieder wie im Vorjahr in Dunkelrot) vorlegt: Die Erwartungen der Kalender-Freunde werden erfüllt. Sie bekommen 13 (jawohl, 13) großformatige Aufnahmen von bester Qualität. Dafür sorgt schon die Aufnahmetechnik mit der Plattenkamera. “Es gibt für Architekturfotografie eigentlich kein besseres Trägermaterial als die Glasplatte”, sagt Kaufmann.

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Nur mit eine Extra-Ausstellung für Johannes Mühler dürfe derzeit niemand rechnen. “Unsere Ausstellungen sind bis 2015 durchgeplant”, sagt Kaufmann.

Die letzte Mühler-Ausstellung gab es 2011 im Rahmen einer großen Gemeinschaftsausstellung von Stadtgeschichtlichem Museum, Kamera- und Fotomuseum und dem Museum für Kunsthandwerk.

Das Motto des neuen Kalenders ist “Schönes altes Leipzig”. Es hätte auch “Leipzig im Wandel” heißen können. Den einige der Aufnahmen zeigen natürlich die Stadt der frühen Moderne in ihrer Veränderung. Aber auch in ihrer bürgerlichen Pracht des blühenden Historismus. Die Schwarz-Weiß-Fotografien stammen aus den Jahren zwischen 1905 und 1930. Der Jahresbegleiter der Leipzig Tourismus und Marketing (LTM) GmbH erscheint 2014 zum dreizehnten Mal und kostet 19 Euro.

Und zu erhalten ist er wieder in den Buchhandlungen Bachmann, Hugendubel, Grümmer, Ludwig, in der Universum-Buchhandlung in der Karli und bei LeseLaune in Taucha, außerdem in diversen Konsum-Filialen.

www.leipziger-freiheit.de

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