Ein fleißiger Leipziger, dieser Christian Haase - und seit Jahren kontinuierlich auf Tournee und am Liederschaffen. Dabei tönt er nicht andauernd in den Popgazetten von seiner Genialität sondern spielt sich viel lieber vor Publikum wund. Das ist achtenswert, weil selten, das ist auch hochwertig und einzigartig im Gewusel der Kultur. Volly Tanner kennt ihn schon länger und zerrte ihn an den Getränkekorb, um mit ihm über Neues zu schnattern. Schließlich hat Haase seine Band Anfang März im Anker. Hier die ungekürzte Wahrheit.

Anfang März – genauer am 9. März, bist Du erstmals mit richtig eigener Band im Anker Leipzig am Rocken. Stell mal bitte Dein Personal vor – und verweise auch gleich auf die mannigfaltigen Projekte, bei denen Dein Personal schon Personal war.

Ja, und ich freue mich darauf. Den Anker kannte ich als Veranstaltungslocation schon über Jahre, ich bin ja schließlich in Leipzig aufgewachsen, aber erst in den letzten 24 Monaten durfte ich den Anker durch vier Konzerte mit anderen Projekten auch als auf der Bühne stehender Künstler lieben lernen. Zum ersten Cäsar-Gedenk-Konzert “Semper Fidelis”, zwei Konzerte als Sänger von Gundermanns legendärer Band “Die Seilschaft” und schließlich zum “Konzert für Afghanistan” vergangenen November. Und jetzt ist es an der Zeit, als Christian Haase und Band den Saal zu bespielen.

Eigentlich sollte dieses Konzert ein Tour-Auftakt für meine neue CD sein, aber ich habe mich zusammen mit meinem Produzenten und Gitarristen René Schostak entschlossen, dem Druck der Plattenfirma auf ein schnelles Nachlegen zur 2011 erschienenen aktuellen CD “die besseren Zeiten” nicht nachzugeben. Schließlich wollten wir keine Kopie der letzten CD kreieren, sondern was Neues schaffen. Das ist uns auch gelungen, nur dass wir das Ergebnis erst im Herbst dieses Jahres veröffentlichen werden. Aber die Band und ich haben uns dennoch was Besonderes für das Konzert im Anker ausgedacht.

Tina Powileit am Schlagzeug, die ja zur Urbesetzung der Seilschaft gehört, wie erwähnt mein Hit-Produzent René Schostak an der Gitarre, der schon für Produktionen von Silbermond und Mark Terenzi Goldene Schallplatten eingefahren hat, Daniela Schwabe am Bass und als Neuzugang aus Australien der aus Sydney stammende Multiinstrumentalist Chris Lastelle. Naja, und meine Wenigkeit. Das ist die Band. Und nicht zu vergessen: Ich freue mich besonders, dass meine Leipziger Lieblingsband “Schrödingers Katze” als Support-Band zugesagt hat.

Man sagt Dir eine gute Beobachtungsgabe und lyrische Qualitäten nach. Und ich, der ich Dich kennen darf, muss dem zustimmen. Wie schulst Du Deine Beobachtungsgabe? Indem Du den Festplattenzumüllmüll ausblendest? Wie kommt’s zu Deinen Liedern?

Danke für die Blumen. Naja, ich schätze so spannend wie du die Frage formuliert hast, wird die Antwort nicht ausfallen. Ich schule meine Beobachtungsgabe nicht. Vielleicht habe ich einfach so etwas wie “Wache Augen” als Talent, vielleicht gucke ich einfach immer nur in die andere Richtung. Wenn das Haus brennt, schauen die meisten Menschen zu, wie die Flammen aus dem Fenster schlagen, ich drehe den Flammen den Rücken zu und sehe das Mädchen im Schlafanzug mit dem Teddy im Arm. Oder den Jungen mit den Streichhölzern in der Hand, der mit Angstaugen dasteht und eigentlich nur einen Scherz machen wollte.

Im Ernst: Ich trage immer ein kleines Notizbuch mit mir herum, in das ich Wortfetzen, die ich aufschnappe oder Dinge, die ich sehe oder die mir durch den Kopf gehen, notiere. Immer wieder lese ich dann darin und manchmal kommt eine zündende Idee. Ich glaube, jeder Schreibende oder Komponierende, Bildhauende kennt das: Man strampelt sich ab, will kreativ sein, aber nichts kommt dabei raus. Und plötzlich ist es so, dass etwas wie ein Blitz durch einen durchfährt. Das Lied, die Geschichte, das Bild: als ob es die ganze Zeit schon existiert hätte und man selbst nur noch der Filter ist, der es festhält.
Du bist mittlerweile seit wirklich vielen Jahren auf Tour, viele sagen, dass wäre erfolgreich. Was ist für Dich Erfolg? Wann hebt’s Dich an? Und ab?

Es gibt auch Einige, die meinen, ich sei schon abgehoben. Es ist eben immer eine Frage des Standpunktes. Ein Beispiel: Vor ein paar Jahren wurde ich vom ZDF-Nachtstudio eingeladen, ein Wochenende zum Thema “Liedermacher” am Starnberger See zu verbringen. Zusammen mit Kollegen wie Konstantin Wecker, Bernd Begemann, Heinz Ratz, Dota Kehr usw. usf.. Am darauf folgenden Montag saß ich wie immer am Tresen meiner damaligen Stammkneipe in der Könneritz 32 “das schlechte Versteck” und trank Bier. Jeder erzählte von seinem Wochenende.

Als ich dran war und eben erzählte, dass ich mit Konstantin Wecker Abendbrot gegessen hatte, klatschte mir einer ins Gesicht, dass ich ganz schön arrogant geworden bin. Soll ich mir jetzt angewöhnen, niemanden mehr davon zu erzählen, was ich mache? Es ist ein Teil meines Berufs, in dem ich nicht der Erfolgreichste bin. Aber ich kann davon ganz gut leben, bin kontinuierlich auf Tour und ich denke schon, dass man da auch irgendwie sagen kann, das sei Erfolg. Viel eher ist es wohl Glück! Und Glücklichsein hebt doch wohl jeden an.

Dein letztes Album kam 2011 auf den Markt. Im Herbst kommt was Frisches. Der Markt will ja permanent gefüttert werden, damit das heilige Märchen vom Wachstum weitererzählt werden kann.

Der Markt ist da aber auch wie der sprichwörtliche Bauer. Den kannste füttern, wie du willst: Was er nicht kennt, frisst er nicht. Das Album wird uns bei Erscheinen zwei Jahre beschäftigt haben. Es ist anders, als die Alben bisher. Frischer, leichter. Ich habe gelernt, loszulassen, meinem Produzenten die Zügel in die Hand zu geben und ich muss immer wieder staunen, wie sehr unterschiedlich ein Song ausfallen kann, je nachdem, wer ihn bearbeitet. Ich wünsche mir, dass es meinen Fans gefällt und dass es den Markt zumindest interessiert. Und ich freue mich, das Album im Herbst mit dir zu besprechen.

Und privat, Christian, erzähl mal – gibt’s was Neues – oder tigerst Du immer noch einsam über die Rastplätze unseres Landes – die Gitarre geschultert, auf der Suche nach einem Lagerfeuer mit Menschen und Wein und etwas Liebe?

(lacht) Nein, ich bin kein einsamer Wolf. Oder Tiger. Ich kenne viele Menschen, mit denen ich gern Wein trinke. Auf Tour lerne ich auch viele neue Leute kennen. Mit denen ich auch gern Wein trinke. Ansonsten bin ich aber ganz gefestigt. Ich habe ein kleines Häuschen mit Garten in Berlin. Da hack’ ich Holz und baue Kohlrabi und Tomaten an. Zum Ausgleich.

Danke. Und natürlich ein großes Fest Dir in Leipzig!

Mir UND “Schrödingers Katze”!!!

Haase und Band (inklusive Schrödingers Katze) im Anker am 09.03.2013.

www.haase-band.de

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