Sie lebten vier, fünf, sechs, sieben, acht Jahre in der DDR. Dann fiel die Mauer. Und dann? Wolfram Hölls Stück beschäftigt sich mit Erinnerungen und Ängsten der dritten Generation. Jenen Ostdeutschen, die im real existierenden Sozialismus in tristen Plattenbauten ihre Kindheit verbrachten und in der Jugend mit Aufbruchstimmung, sozialer Marktwirtschaft und Demokratie konfrontiert wurden.

Hölls durchkomponierter, sonorer, autobiografisch eingefärbter Stakkato, beim Heidelberger Stückemarkt preisgekrönt, kreist assoziativ um immer wiederkehrende Motive: Die Plattenbausiedlung, der Funkapparat des Vaters, die Verlierlinge. Kindheitserinnerung und Zukunftsangst. Eins, zwei drei, vier. Ein Zählspiel durchzieht den Text. Eines, das nicht aufgehen mag.

Vier Spieler wirbeln in Claudia Bauers Inszenierung als Puppen mit Pinocchio-Nasen durch eine transparente Wohnung. Eine durchsichtige Selbsterfahrungsblackbox, die im Schreibmaschinentakt ein Gemisch aus kindlichen Erinnerungen, Ängsten und Sorgen minutiös protokolliert (Bühne & Kostüme: Andreas Auerbach).
Während vorn die Comic-Familie ihr Spiel zelebriert, indem sie Papierschnipseleintopf isst, flüstert ein Akteur den Text streckenweise hinter der Bühne in eine Kamera. Seine Mimik wird über große Screens über den Bühnenbauten in den Saal transportiert. Ein Kniff, der die Furcht, das innere Versteckspiel des Einzelnen vor der Masse sichtbar macht.

“Und dann” ist kein Theater für’s gemeine Volk. Nichts für den Durchschnittsleipziger. Die eng gefasste Zielgruppe besteht aus kunstbegeisterten Intellektuellen jenseits der 25, die im Osten aufgewachsen sind. Sie spendeten bei der Premiere in der “Diskothek” am Freitag anhaltenden Beifall.

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