Die Musikalische Komödie verlässt in dieser Spielzeit gewohntes Terrain. Unter den Neuinszenierungen findet sich erstmals seit vielen Jahren kein populärer Operetten-Klassiker auf dem Spielplan. Stattdessen lädt Chefregisseur Cusch Jung das Leipziger Publikum ein, mit ihm gemeinsam einen Blick über den Tellerrand zu werfen. Am Samstag feierte seine Inszenierung der musikalischen Komödie „Die Piraten von Penzance“ Premiere.

Die Operetten aus der Feder von Komponist Arthur Sullivan und Librettist William S. Gilbert sind im englischsprachigen Raum echte Kassenschlager. Hierzulande finden die 14 Werke recht selten den Weg auf die Spielpläne. Ein Umstand, der mutigen Theatermachern zugute kommt. Unpopuläre Werke erlauben schließlich weitreichende Regie-Eingriffe, ohne dass die meisten Zuschauer davon Wind bekommen.

Das gilt erst Recht für Cusch Jung, der die komische Oper im Haus Dreilinden als farbenfrohes Musical inszeniert. Gespielt wird Operette, die gleichermaßen mit jeder Menge Wortwitz und bierernster Musik begeistert, natürlich nicht im englischen Original, sondern in einer (freien) Übersetzung von Inge Greiffenhagen und Bettina von Leoprechting, in die Regisseur Jung allerdings ein klein wenig Lokalkolorit einfügte.

Der Generalmajor (Patrick Rohbeck) darf in der Muko davon träumen, dass das Publikum eines Tages wieder auf dem geschlossenen Rang thronen könne. Dirigent Tobias Klingele gestattete sich ferner, das Schlagwerk punktuell zu verstärken, um die Musik heutigen Hörgewohnheiten anzupassen. Was bei Opern von Wagner und Mozart einem Tabubruch gleichkäme, wird bei Gilberts und Sullivans „Piraten“ zumindest in Leipzig akzeptiert.

Im Zentrum der Inszenierung steht eine große Drehscheibe in der Bühnenmitte, auf der das Leben seinen Lauf nimmt. Pirat Frederic (Jeffery Krueger) hat seine Lehrzeit beendet und möchte fortan rechtschaffen leben. Der Piratenkönig, köstlich gespielt von Regisseur Cusch Jung, und seine Amme Ruth (Anne-Kathrin Fischer) lassen den jungen Mann nur ungern ziehen. An einem Strand verliebt sich Frederic in Mabel (Mirjam Neururer), eine Tochter des Generalmajors. Die Freibeuter, die diese Bezeichnung nicht wirklich verdient haben, würden indes nur zu gern selbst die Töchter des Majors rauben und ehelichen. Natürlich kommt am Ende alles ganz anders.

In den zweieinhalb Stunden, die die Aufführung dauert, hat das Publikum viel zu lachen. Der bissige britische Humor, der dem Werk zu eigen ist, kam zumindest bei den Premierengästen hervorragend an. In musikalischer Hinsicht begeisterten vor allem Patrick Rohbeck und Mirjam Neururer, während Jeffery Krueger noch Steigerungspotenzial erkennen ließ. Für besondere Heiterkeit sorgte Milko Milev als karikierter Polizist. Lobenswert sind auch die Leistungen von Chor und Ballett, die in dieser Produktion stärker als gewöhnlich gefordert werden. Alles in allem erwiesen sich „Die Piraten“ als gelungener Aufbruch zu neuen Ufern – für Chefregisseur Jung und die Musikalische Komödie.

Musikalische Komödie
Die Piraten
Gilbert und Sullivan

Nächste Termine: 15. Oktober (19 Uhr), 16. Oktober (15 Uhr), 5. November (19 Uhr)

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