Das Flaggschiff der Leipziger Hochkultur hat die stürmischen Gewässer hinter sich gelassen. Dies geht aus der Besucherbilanz hervor, die die Oper am Freitag veröffentlicht hat. Demzufolge konsolidierte sich der Zuschauerzuspruch auf hohem Niveau. Die Gesamtauslastung lag mit rund 75 Prozent auf hohem Niveau.

Freitag, 19. Januar, 19.15 Uhr. Im Foyer des Opernhauses haben sich am Einlass lange Schlangen gebildet. Auf dem Spielplan steht Mozarts „Zauberflöte“. Der Abend ist ausverkauft. Die Damen an der Abendkasse müssen einige Kurzentschlossene abweisen. Ralf Nürnbergers Inszenierung ist ein Klassiker. Einer, der auch die mauen Jahre am Augustusplatz miterlebt hat.

Als der damalige Generalmusikdirektor Ulf Schirmer im März 2011 die Intendanz des Traditionshauses übernahm, war von einem Opern-Boom keine Spur. Der Spielplan war übersät mit Koproduktionen. Dazu kamen Raritäten wie Peter Konwitschnys Gluck-Zyklus, die zwar gut gemeint waren, aber von den Leipzigern nicht angenommen wurden. Die Auslastung der Opernsparte lag in der Saison 2010/11 gerade einmal bei 52 Prozent.

Mozarts „Zauberflöte“ stand damals schon auf dem Programm. Die Inszenierung aus der Spielzeit 2004/05 gehört zu den wenigen Eigenproduktionen aus der Vor-Schirmer-Ära, die bis heute gespielt werden. Dass seinerzeit selbst in der „Zauberflöte“, ein Meilenstein der Musikgeschichte, Plätze frei blieben, war Ausdruck fehlenden Vertrauens der Leipziger in ihre Oper.

Vertrauen zurückgewonnen – Schritt für Schritt

Schirmer und seinem künstlerischen Leitungsteam ist es gelungen, dieses Vertrauen durch beständige Arbeit in kleinen Schritten zurückzugewinnen. Der Intendant beendete die Kooperationen mit fremden Häusern und schärfte das Profil der Oper als Repertoire-Theater. Im Fokus des Spielplans stehen seither Werke des sogenannten „Kernrepertoires“, vornehmlich der deutschen und italienischen Romantik sowie von Richard Strauss.

In einer seiner ersten Amtshandlungen ordnete er die Neuproduktion des „Rings der Nibelungen“ an. Eine Erfolgsgeschichte. Der Zyklus lockt seit 2016 allsommerlich Wagner-Fans von nah und fern in die Messestadt. Bis 2022 sollen alle Opern Richard Wagners folgen.

Um das Publikum musikalisch verwöhnen zu können, arbeiteten Schirmer und Operndirektorin Franziska Severin beständig an der Qualität des Ensembles. Bei der Verpflichtung von Neuzugängen setzt die Oper seit Jahren auf junge Talente mit Potenzial, die dem Haus im besten Fall die Treue halten. So wie Olena Tokar. Die Sopranistin wurde 2009 nach ihrem Studium als Elevin verpflichtet. Seit 2010 gehört die Ukrainerin fest zum Ensemble.

Inzwischen hat sich Tokar fest in die Herzen der Leipziger Operngänger gesungen. 2016 debütierte sie an der Semperoper. Ein anderes Beispiel ist der gefeierte Tenor Gaston Rivero, der Haus und Publikum als Dauergast die Treue hält. Hinzu kommt die Verpflichtung namhafter Gäste wie Burkhard Fritz, Manuela Uhl, Elisabet Strid oder Stefan Vinke, um nur einige zu nennen.

Ulf Schirmer leitet seit März 2011 die Geschicke der Oper Leipzig. Foto: Martin Schöler
Ulf Schirmer leitet seit März 2011 die Geschicke der Oper Leipzig. Foto: Martin Schöler

Welche Qualität das Haus ohne fremde Hilfe leisten kann, durfte das Zauberflöten-Publikum am 19. Januar erleben. Die Aufführung war nahezu vollständig mit Ensemble-Kräften besetzt. Patrick Vogel (Tamino) und Olena Tokar (Pamina) bildeten gesanglich und schauspielerisch ein Bühnen-Traumpaar. Getoppt wurde die Darbietung von Hinrich Horn (Papageno), der seine Kollegen an die Wand spielte/sang.

Dan Karlström überzeugte gesanglich wie darstellerisch als fieser Monostatos. Sejong Chang interpretierte rührend mit väterlichem Touch die Bassarien des Sarastro. Danae Kontora traf in der gefürchteten Rache-Arie mit technischer Perfektion die allerhöchsten Koloraturen. Dafür lohnt sich der Gang ins Opernhaus.

Dass die Leipziger die künstlerische Qualität wieder zu schätzen wissen, drückt sich in Zahlen aus

Im Jahr 2017 kamen 182.171 Besucher zu den insgesamt 381 Aufführungen in den drei Sparten Oper, Leipziger Ballett und Musikalische Komödie. Die Renner waren „Turandot“ und „Götterdämmerung“. In der laufenden Saison sind alle fünf Vorstellungen der neuen „Rusalka“ ausverkauft.

Bis Juni dürfen sich die Leipziger auf weitere Highlights freuen. Anlässlich des Gewandhaus-Jubiläums spielt die Oper am 18. März in einer Festvorstellung „Salome“. Die Titelpartie übernimmt Jennifer Holloway. Eine Woche später hebt sich der Vorhang für die längst ausverkaufte Leipzig-Premiere des „Tannhäuser“ von Regie-Provokateur Calixto Bieito. Im April und Mai ist der Ring-Zyklus erneut zu sehen. Am 16. Juni feiert die Oper mit Alban Bergs „Lulu“ ihr 325-jähriges Bestehen.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar