In der Ratsversammlung am Mittwoch, 19. Juni, stand der Antrag der Fraktion Die Linke zur Überprüfung im Amt für Jugend, Familie und Bildung vor dem Hintergrund verschiedener Vorfälle (Tod einer Mutter und ihres Kindes in Gohlis und verhaltensauffällige Zwillinge) zur Abstimmung. Der Antrag war von der Fraktion im November 2012 im Ergebnis intensiver und kontroverser Diskussionen eingereicht worden. Am Ende wunderten sich die Linken selbst, dass der Stadtrat ihrem Antrag nun zustimmte.

Denn 2009 war das Mega-Amt je erst geschaffen worden, mal wolle so Synergien schaffen und Organisationsabläufe verbessern. Das Ergebnis waren gleich ganze Problemstaus, die man zeitweise fast vergaß, weil der Amtsleiter auch noch um seinen Doktortitel kämpfte.

Das Amt für Jugend, Familie und Bildung ist nicht nur das größte und teuerste in der Leipziger Stadtverwaltung – es ist auch das sensibelste. Denn immer geht es um Kinder und ihr Wohlergehen. Heftige Kritik an den Umstrukturierungen äußerte die Linke schon im Frühjahr 2012.

Jetzt aber sehen es auch die meisten anderen Stadträte so: Wenn man ein solche Experiment startet, muss man es auch zeitnah überprüfen und – wenn’s Not tut – nachjustieren oder gar ganz aufgeben.
Ziel ist und war es, die Diskussion um Verfehlungen im Amt für Jugend, Familie und Bildung weg von der Personalie des ehemaligen Amtsleiters Siegfried Haller hin zu möglichen strukturellen Problemen zu lenken, betont denn auch die jugendpolitische Sprecherin der Fraktion, Juliane Nagel.

Nachdem im Juni 2012 eine Mutter mit ihrem Kind in ihrer Wohnung in Gohlis gestorben waren und nachdem verhaltensauffällige Zwillinge in Leipzig für Verunsicherung sorgten, stellte sich die Frage nach dem möglichen Versagen des Allgemeinen Sozialdienstes. Außerdem wurde kritisch diskutiert, ob das durch die Fusion von Schulverwaltungs- und Jugendamt im Mai 2011 aufgeblähte Megaamt für Jugend, Familie und Bildung seine vielfältigen Aufgaben bewältigen kann.

Die Stadträtinnen und Stadträte folgten am Mittwoch dem 1. Punkt des Antrages der Fraktion Die Linke und beauftragten den Oberbürgermeister, extern prüfen zu lassen, ob die in einer Grundsatzentscheidung zur Ämterfusion formulierten Sach- und Strukturziele im neu gebildeten Amt für Jugend, Familie und Bildung erfüllt wurden. “Einige Versäumnisse der letzten Zeit verweisen eher darauf, dass bei der Fusion das Hauptaugenmerk auf den strukturorientierten Verschlankungsprozess und dem Programm ‘Lernen vor Ort’ lag, dafür aber Grundfunktionen des Amtes vernachlässigt werden”, meint Juliane Nagel.

Für die Punkte 2 und 3 des Antrages fand unsere Fraktion keine Mehrheit. Punkt 2 forderte, Prozess- und Verfahrensstandards, einschließlich der personellen und finanziellen Ausstattung im Allgemeinen Sozialdienst, einer kritischen Überprüfung zu unterziehen und Punkt 3 fachliche Konsequenzen aus den beiden stark diskutierten Fällen (Tod von Mutter und Kind sowie verhaltensauffällige Zwillinge) zu ziehen.

“Mit dem Personalwechsel an der Spitze des ASD und dem neuen Schutz- und Kontrollkonzept des ASD bei Kindeswohlgefährdung, das die gefährdete Gruppe von Kindern drogenabhängiger und substituierender Eltern besonders in den Blick nimmt, hat sich zwar einiges Positives getan”, so Nagel. “Nichtsdestotrotz blickt die Fraktion Die Linke weiter kritisch auf die Umstrukturierung des ASD vor nunmehr vier Jahren, die eher Effizienz- als fachlichen Gründen im Sinne der Hilfebedürftigen folgte. Wir verweigern uns schlüssigen Strukturveränderungen und sinnvollen Synergien nicht, allerdings nicht zulasten der Qualität und der Menschen, die Unterstützung, Begleitung und Krisenintervention bedürfen.”

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