Wenn schon alte, eingesessene Dorfbewohner sagen, sie hätten so was noch nie erlebt, dann sind sie wohl endgültig da, die Vorboten des Klimawandels und die Folgen der Umweltsünden. Voll gelaufene Keller, Scheunen oder überlaufende Teiche sorgen auch im Leipziger Umland für Stress und Dauereinsätze bei Feuerwehr und Hausbesitzern.

Allerdings gilt auf dem Land noch das gute alte Solidaritätsprinzip, sprich; Nachbarschaftshilfe. Das durfte der Autor dieses Artikels, selber Landei aus Überzeugung, am eigenen Leibe spüren. Ein Erfahrungsbericht.

Der Leipziger Süden, einst vom Tagebau gezeichnet, entwickelt sich dank der vielen Seen und der renaturierten ehemaligen Braukohlegebiete immer mehr zum Naherholungsgebiet. Allerdings sorgen die riesigen Monokulturen der Agrargenossenschaften immer noch dafür, dass die Natur dem Menschen zeigt, dass sie Sünden nicht verzeiht.

Denn es sind nicht nur die stetig steigenden Pegel der Flüsse, wie weiße Elster, Pleiße oder Schnauder, die so sehr für Verdruss sorgen, sondern auch die schmelzenden Schnee- und Eismassen auf den umliegenden, ausgedehnten Feldern. Das plötzlich einsetzende Tauwetter sorgte für eine schnelle Schnee- und Eisschmelze. Zu schnell für viele umliegende Gemeinden. Denn schützender Wald, der solche Wassermassen auffangen könnte, ist weit und breit nicht in Sicht. So auch in Elstertrebnitz, Pegau, Rötha oder Thräna, wo zahlreiche Straßen gesperrt, Keller leer gepumpt und Teiche entlastet werden mussten.

Beispiel Michelwitz: ein kleines, schmuckes 60-Seelendorf südlich von Groitzsch. Kaum hatte das Tauwetter eingesetzt, setzten ringsum in den Dörfern die Sirenen ein.
Der sonst friedlich und romantisch daliegende Dorfteich in der Ortsmitte war über Nacht bis an den Rand voll gelaufen, die Drainagen der umliegenden Felder mit den einsetzenden Wassermassen einfach überfordert. Folge: Das Wasser drückte von unten in die Keller und durch den Boden in die Gebäude. Erstes Opfer: Der direkt hinter den Feldern liegende Landgasthof. Keller, samt Schankanlage und Heizung wurden überflutet und ruiniert.

Nächstes Opfer: Der Autor. Scheune, Werkstatt und Hof standen knietief unter Wasser. In einer Ecke des Werkstattbodens sprudelte eine muntere Quelle durch die Ziegelsteine. Das Grundwasser drückte unaufhaltsam nach oben. Aber wie das auf dem Dorf nun mal so ist, war schnelle Hilfe vor Ort. Während die Feuerwehr den Teich und den Keller des Landgasthofes abpumpte und das Wasser in den mehrere hundert Meter weiter liegenden Abflussgraben leitete, war auch für den Verfasser Hilfe nah.
Der Nachbar, ein Landwirt, hatte das Malheur gesehen und seine eigene Elektropumpe aus der Scheuen geholt. Schnell war die Pumpe installiert und kam zum Einsatz. Das Wasser wurde auf die hinter dem Haus liegende Wiese gepumpt. Hoffnung: Die Wiese möge noch soviel Aufnahmekapazität haben, dass das Wasser nicht wieder zurück lief. Die Hoffnung wurde erfüllt. Denn der Quell in der Werkstatt versiegte, weil der Druck durch das von der Feuerwehr abgepumpte Teichwasser nachließ. Nach ein paar Stunden Pumpen und Wegschippens der immer noch beträchtlichen Schneereste sank der Pegel nach und nach.

Was blieb waren Schlamm, Schmutz und vom Wasser angespülte Äste und Müll. Vor den gleichen Problemen standen aber viele Bewohner der umliegenden Gemeinden. Die braune Schmutzbrühe war in zahlreiche Keller, Grundstücke und in Kleingärten gelaufen. Die Wiesenflächen zwischen Groitzsch, Pegau und Audigast waren bis zum Montag komplett überflutet. Eine riesige Seenplatte vermittelte den Eindruck man sei irgendwo in Mecklenburg-Vorpommern.

Die Feuerwehren von Groitzsch, Pegau und der umliegenden Gemeinden waren rund um die Uhr im Einsatz.
Die B2 bei Elstertrebnitz und Audigast war überflutet und sorgte mit der Baustelle auf der B176 für massive Verkehrsprobleme. Im Landratsamt wurde Behördensprecherin Brigitte Laux zufolge ein Krisenstab gebildet, um die jeweilige Lage ständig aktuell zu kontrollieren. Hydrologen des Umweltamtes hatten sogar eine Evakuierung verschiedener Ortsteile ins Auge gefasst, davon später, nach Beruhigung der Lage, aber wieder abgesehen. Laut Talsperrenmeisterei kann von Entwarnung noch keine Rede sein, sind doch für diese Woche weitere Regenfälle vorhergesagt.

Derweil wurde auf dem Grundstück des Verfassers auf den Schrecken und die schnelle Nachbarschaftshilfe der eine oder andere Schnaps geleert. Wohl wissend, dass die Sache noch nicht ausgestanden ist. Die nächste Flut kommt bestimmt und auch die sonst stoischen Landwirte der Gegend blicken besorgt auf die Pegel der Flüsse und Drainagegräben der Felder. Im Moment bleibt beim Luftholen das gute Gefühl, wenn man solche Nachbarn hat und die Feuerwehr schnell vor Ort ist.

VGWortLIZ

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