Es ist erstaunlich, wie schnell es bei bestimmten Themen gleich reihenweise heftigste Kritik in den Kommentarspalten hagelt. Man braucht sie nur anzutippen, schon schalten ganze Sturmabteilungen auf Angriff. Etwa beim Thema Geschlechtergerechtigkeit. Bei dem sich erstaunlicherweise Männer sofort diskriminiert fühlen, wenn man erwähnt, dass Frauen völlig unterrepräsentiert sind an den Stellen, wo es um Macht geht. Wie eine neue Leipziger Studie mal wieder belegt.

In wesentlichen Gremien öffentlicher Organisationen in Nordrhein-Westfalen sind Frauen noch immer deutlich unterrepräsentiert. Dies geht aus einer am Freitag, dem 16. Mai, veröffentlichten Studie hervor, die Ulf Papenfuß, Juniorprofessor für Public Management an der Universität Leipzig, im Auftrag des nordrhein-westfälischen Emanzipationsministeriums erstellt hat. In Geschäftsleitungen ist demnach nur etwa jede zehnte Position mit einer Frau besetzt, in Aufsichtsgremien rund jede vierte. Die Bestandsaufnahme gilt als bundesweit bislang einzigartig. Einzelne Vergleichszahlen liegen aber vor.

So hat Papenfuß für Sachsen ermittelt, dass nur in jedem fünften Leitungsorgan in öffentlichen Unternehmen eine Frau sitzt.

“Es ist sehr zu begrüßen, dass Nordrhein-Westfalen sich zur Durchführung einer solchen Studie entschlossen hat. Damit kann die Landesregierung Schlussfolgerungen, Zwischenzielmarken und Gestaltungsmaßnahmen fundiert und begründet ableiten”, sagt der Leipziger Juniorprofessor Ulf Papenfuß. “Die Befunde unterstreichen sehr deutlich, dass repräsentative Vergleichsstudien auch in allen anderen Bundesländern durchgeführt werden sollten. Aufgrund der besonderen Relevanz sollten die Top-Management-Organe mindestens genauso intensiv betrachtet und diskutiert werden wie die Aufsichtsgremien.”Die Ergebnisse der NRW-Studie belegen durchgängig eine Unterrepräsentanz von Frauen. In den Aufsichtsgremien der Landesunternehmen sind Frauen mit 25,3 Prozent vertreten, bei kommunalen Unternehmen mit 22 Prozent. In den Geschäftsleitungen liegt der Frauenanteil bei 8,9 Prozent (Land) bzw. 10,1 Prozent (Kommunen), wobei sich im Städtevergleich ein bemerkenswertes Repräsentationsgefälle zeigt. In den Sparkassen ist die Repräsentation von Frauen besonders gering (Vorstände: 2,7 Prozent; Verwaltungsräte: 17,1 Prozent).

Erste Zahlen für Sachsen präsentierte Ulf Papenfuß in der vergangenen Woche bei einer Fachtagung des Landesfrauenrates in Dresden. Im Top-Management öffentlicher Unternehmen finden sich demnach zu 18,2 Prozent (Land) bzw. zu 20,3 Prozent (Kommunen) Frauen.

“Orientiert an den politischen Zielen liegt die Repräsentation auch hier niedrig”, sagt Papenfuß. In den Aufsichtsgremien der Landesunternehmen sind Frauen in Sachsen sogar mit lediglich 12 Prozent vertreten. Auch in anderen Bereichen liegt die Repräsentation von Frauen häufig unter den Werten anderer Bundesländer.

Leipzig liegt bei den sächsischen Kommunen zwar nicht an der Spitze, aber mit 27,4 Prozent Frauen (11) in den verfügbaren 40 Top-Management-Positionen steht es deutlich frauenfreundlicher da als etwa Dresden, wo nur 8,3 Prozent (3) der 36 Top-Management-Positionen der Kommune von Frauen besetzt sind.

In den Kontrollgremien sieht es nur wenig anders aus: Von den 208 verfügbaren Aufsichtsratsplätzen in Leipzig sind 51 (24,8 %) von Frauen besetzt, in Dresden sind es 40 (19,2 %) von 208. Es wird also nicht einmal gewährleistet, dass Frauen in diesen Gremien paritätisch vertreten sind. Natürlich liegt es auch am Parteienproporz in den Kommunalparlamenten. Je männerlastiger diese schon sind, umso weniger Frauen werden natürlich auch in die Aufsichtsgremien entsandt.

Als Konsequenz fordert Papenfuß die Politik zu klaren, verbindlichen Regelungen auf.

“Aus wissenschaftlicher Sicht ist es fragwürdig und inkonsequent, dass in den von den zwei Bundesministerien für Justiz und Familie am 24. März vorgelegten Leitlinien für das Gesetzgebungsverfahren wichtige Regelungen, zum Beispiel Zielvorgaben für Aufsichts- und Managementebenen und ihre Veröffentlichung auf der Unternehmenshomepage, zwar für eine größere Gruppe von privaten Unternehmen, aber nicht für öffentliche Unternehmen vorgesehen sind.”

www.wifa.uni-leipzig.de/publicmanagement/team/jun-prof-dr-ulf-papenfuss.html

www.uni-leipzig.de

Die Papenfuß-Studie zu Frauen in Führungsgremien als PDF zum Download.

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