"Es gab eine Zeit, da hab ich in Champagner gebadet ..." ("Oben" / Rainald Grebe) Anton ist nicht unbedingt dafür bekannt dafür "schleckig" zu sein - aber klug genug, eine Sanierung sauber durchzuziehen. Dass es in der Anwesenheit von Gewinnern auch Verlierer geben muss, ist klar. Ausbaden muss jahrelanges Irrlichtern in wirtschaftlichen Entscheidungen auch hier wieder, wer unten ist. Mit Schaumbad aus dem Regal, was der Kunde nicht mehr fand, direkt an der Kasse.

Als ob es ein Naturgesetz wär. Oben wird saniert, unten dafür bezahlt. Vielleicht liegt das auch an der schon falschen Wortwahl, warum man einiges nicht mehr versteht. Der, der die Arbeit abliefert, wird Arbeitnehmer genannt und der, der sie empfängt, gilt als Geber. Und ein angeblicher Geber darf, weil er irgendwann einmal die Idee hatte, Erdgeschossräume mit Seife, Créme und Kondomen in billig hingezimmerten Massenregalen voll zu stellen, als Innovator auf Lebenszeit gelten und auf jeden Fall das (ehemalige) Milliardenvermögen absichern.

Letztlich für zwei Kinder, die bei allen Traumata, die sie erlebten, dennoch schlicht Berufsversager genannt werden dürfen.

“Schlecker For You. Vor Ort.” – schön, wenn man einen so schrecklich-schön zugewandten Spruch an einer Scheibe in deutscher Großstadtumgebung lesen muss, hinter der die Rückwände der Regale und nicht die Ware glitzert. Sehr wahrscheinlich hat so manche Verkäuferin seit Jahren gewusst, was Rossmann und dm richtig und die eigenen Firmenlenker falsch machen.

Aber zuhören ist in Patronatsverhältnissen nur insofern statthaft, wie es in das Hirn des Genies an der Spitze passt. Der Chef weiß, wo es langgeht und so gehen eben auch alle mit ihm zusammen unter – Egomanentanz und Marktbereinigung in einem.

Und die Angestellten? Nun – der stille Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen oder darf nun nochmals auf Lohn verzichten, damit der Arbeitsplatz stehen bleibt. Mit der Planinsolvenz darf nun endlich gekündigt werden, dass die Heide wackelt – alles muss raus, was lange froh zur Stange hielt, der Abbau eines planlosen Filialnetzes darf rascher erfolgen.

Denn wie viel man von Teilhabe in guten Zeiten hielt, hat Anton S. durch Lohndrückerei ja schon früher bewiesen. In schlechten Zeiten leiden alle gemeinsam, in guten Zeiten kassiert einer. So bitter es klingen mag – lehnen wir uns einfach mal zurück und schauen dabei zu, wie viel hier wer bei der Sache zu tragen hat. Unten ist es schon klar. Oben wird noch diskutiert.

Alles in allem – in den Gefilden ist so manches preiswerter, als viele glauben.

Deshalb heute auch das Schlusswort für Rainald Grebe, es ist wohlverdient: “Oben, ich bin oben, ich habs geschafft – ich les grad ein Buch “Die klassenlose Gesellschaft” – ich hab sehr gelacht.”

Anzuhören hier
Rainald Grebe “ganz oben” – Kleinkunstpreis 2011

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