Von Gerald Krauser: Die Mühsal begann mit dem Fund eines Fahrrades nahe dem Ostbad. Meine Partnerin war mit dem Kindern unterwegs und hatte ein noch gut erhaltenes Rad dort ein paar Meter tief im Waldrand liegend entdeckt. Da dies in der Nähe meiner Arbeitsstelle ist, konnte ich mir dieses am nächsten Tag selbst ansehen. Einfaches Rad, noch komplett und nutzbar, aber in dem Wald sicher nicht vom Besitzer reingelegt.

Vor Jahren hatte ich schon selbst mal ein Rad gefunden, die Polizei angerufen, diese holte es ab und brachte es zum Fundbüro – das wollte ich wieder machen. Auf der Arbeit versucht das Polizeirevier in der Witzgallstraße anzurufen – aber im Telefon gab es nur eine Ansage: “Dieser Anschluss ist vorübergehend nicht erreichbar. Versuchen Sie es später wieder!” Also über die zentrale Nummer probiert, dort wurde ich an eine angeblich zuständige Polizistin verwiesen. Diese verneinte aber, dass die Polizei so ein Fundrad abholen würde, ich solle mich an das Fundbüro wenden. Dort angerufen: “Nein, wir holen keine Räder ab – ich gebe ihnen eine Nummer des Ordnungsamtes! Dort angerufen – ich verbinde sie mal – dann eine Kollegin, die sich nicht sicher war – ich teile das mal anderen Kollegen mit, die gerade im Außeneinsatz sind, die werden sich bei Ihnen melden.

Die Kollegen meldeten sich aber nicht. Am nächsten Tag wieder dort angerufen: “Die Kollegen werden noch einmal informiert, die Kollegen werden sich bei mir melden. Meine Frage noch, vielleicht sollte ich das Rad holen, bevor es sich in seine Einzelteile aufgelöst hat, die Kollegen können es dann bei mir auf der Arbeit abholen. Etwas unsichere Antwort – hm weiß nicht.

Ich habe es dann in der Mittagspause geholt, sind ja nur 600 m. Natürlich meldete sich niemand … Nach drei Tagen nochmal angerufen … Es wusste immer noch niemand Bescheid, was mit dem Rad zu geschehen ist, aber auf den Wunsch, es bei mir auf der Arbeit abzuholen, wurde ich jetzt im leicht aggressiven Tonfall angegangen, dass ich das Rad hätte liegen lassen sollen, das wäre Diebstahl. Ich bereute denn den Versuch zu helfen auch schon, aber jetzt hatte ich das Rad an der Backe.

Überlegt, das Fundbüro ist jetzt ja im Technischen Rathaus, das sind ja nur ca. 1,5 km … das ist nicht so weit auch wenn ich das Rad schieben muss, da die Reifen recht platt sind. Gesagt getan. Hoffnungsfroh klingele ich an der Tür des Fundbüros. Dann die desillusionierende Antwort: “Nein wir nehmen keine Fahrräder an, das sind keine Fundsachen, sondern Diebstahlsdelikte.” Auf die Frage, wer nimmt denn dann solche Fahrräder an in Leipzig nur ratloses Achselzucken. Leicht angesäuert begebe ich mich auf den Rückweg mit der spontanen Idee am Revier Südost vorbeizuschauen. Wenn die Polizei es dort nicht offiziell annehmen will, lass ich es denen einfach vor der Tür stehen. Wär doch gelacht. Gelacht habe ich leider nicht, als ich vor dem mir bekannten Gebäude in der Witzgallstraße stand – Tristesse, leere Parkplätze und Fenster, war hier wirklich mal ein Polizeirevier gewesen?

Niemand in Leipzig scheint Interesse daran zu haben, dass die Besitzer eines gestohlenen Fahrrades ihr Eigentum wieder erhalten … Die Hilfe beschränkte sich auf Ratschläge wie “Schmeißen Sie es wieder in den Wald” oder “Behalten Sie es”. Falls jemand ein Damenfahrrad einfacher Bauart vermisst, kann ich ihm gegen passende Beschreibung desselben mitteilen, wo er dieses findet.

Gerald Krauser
lostinle@web.de
Wer von weiteren “kafkaesken” Beispielen dieser Art zu berichten weiß – Zuschriften nimmt die L-IZ gerne entgegen unter: www.l-iz.de/Allgemeines/Kontakt/Kontakt.html

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