In der heutigen öffentlichen Expertenanhörung des Ausschusses für Soziales und Verbraucherschutz zum Antrag der SPD-Fraktion "Geschlechterspezifische medizinische Forschung und Versorgung in Sachsen stärken" (Drucksache 5/11181) unterstützten die Sachverständigen den Vorstoß.

In diesem komplexen Feld müssen verlässliche Daten vorliegen, weil nur anhand differenzierter Betrachtungen die richtigen Schlüsse gezogen werden können. So erleidet z.B. nur jeder achte Mann im Laufe seines Lebens eine Depression, während aber jede vierte Frau davon betroffen ist. Deshalb fand die Forderung nach einem umfassenden Bericht zur geschlechterspezifischen medizinischen Forschung unter den Sachverständigen große Unterstützung.

Neukirch: “Die Etablierung eines sachgerechten Gesundheitssystems für Frauen und Männer kann nur gelingen, wenn die Lebensbedingungen beider Gruppen auf allen Ebenen und in alle Gesundheitsbereiche Eingang finden. Bislang existieren lediglich punktuelle Maßnahmen mit unsicherer Finanzierungsgrundlage. Es fehlt ein klares politisches Bekenntnis zur Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes, da Einzelprojekte den großen Herausforderungen nicht gerecht werden. Das große und freiwillige Engagement der Akteure in der Gendermedizin muss endlich Unterstützung durch die Politik erfahren.”

Dr. Deicke: “Gendermedizin muss gewollt sein und stärkere Förderung durch die Staatsregierung erfahren. Diesen Eindruck hat man in Sachsen nicht, da sich die Koalitionsfraktionen diesem Thema bislang völlig verweigert haben. Im Freistaat fehlen die strukturellen Voraussetzungen für erfolgreiche Forschung und Versorgung im Bereich der Gendermedizin. Beispielsweise ist die Weiterfinanzierung des 2013 auslaufenden Modellprojekts ?Psychisch Gesund für ZWEI? durch das Sozialministerium ungeklärt. Außerdem wurden zwischen 2009 und 2011 insgesamt 38 Familienhebammen ausgebildet, von denen aktuell nur zwei in Teilzeit arbeiten. Grund dafür ist ebenfalls die unklare Finanzierungssituation.”

Hintergrund: Der interdisziplinäre wissenschaftliche Zugang der Gendermedizin befasst sich mit den biologischen und psychosozialen Unterschieden zwischen Männern und Frauen. Ziel der Gendermedizin ist es, geschlechtsspezifische Aspekte in den Fokus der medizinischen Forschung zu rücken sowie Frauen und Männer in gleicher Weise bei wissenschaftlichen Studien zu berücksichtigen, um langfristig entsprechend geschlechterdifferente Maßnahmen für die Prävention, Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen ableiten zu können.

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