Der nun endlich vorliegende Entwurf des Stadtentwicklungsplan Verkehr ist für die FDP-Fraktion im Stadtrat zu Leipzig längst überfällig, allerdings keinesfalls Anlass zur Freude. "Die FDP-Fraktion setzt sich für eine bedarfsorientierte Verkehrspolitik ein. Das ist ein Ansatz, den der Stadtentwicklungsplan zwar für alle anderen Verkehrsarten kritik- und vorbehaltlos verfolgt. Allerdings mit Ausnahme des Individualverkehrs, hier gilt knallhart das alte Feindbild vom Autofahrer," urteilt Siebert, die ihre Fraktion im Wirtschafts- und im Umweltausschuss vertritt.

Heute werden in Leipzig rund 40 Prozent aller Wege mit dem Auto gemacht. Der Anteil des Umweltverbundes an den in der Stadt zurückgelegten Wegen soll bis 2025 auf 70 % steigen (27 % Fußverkehr, 20 % Radverkehr, 23 % ÖPNV), langfristig wird noch eine weitere Steigerung angestrebt. “Mit anderen Worten: Der Autofahreranteil soll von 40 auf 30 Prozent absinken, also um ein sattes Viertel. Das ist ein kühnes Ziel, dessen Formulierung zunächst nicht kritisiert werden muss. Was aber die Stadt zu dessen Umsetzung vorhat, ist haarsträubend. Statt sich ganz auf die Verbesserung alternativer Verkehrsmittel zu konzentrieren und sich dann auch auf dessen Anreizwirkung zu verlassen, legt die Stadt die Daumenschrauben an. Oder besser gesagt, sie will die Daumenschrauben fester und fester ziehen,” so Siebert.

Geplant sind etwa die Prioritätenumstellung bei Ampelschaltungen zugunsten aller anderen Verkehrsteilnehmer, das Vorantreiben der autoarmen Innenstadt oder auch die Reduzierung von kostenlosen Parkplätzen im öffentlichen Raum. “Das Feindbild Autofahrer ist völlig überkommen und darf keinesfalls der rote Faden bleiben, an dem sich die gesamte Stadtentwicklung und Verkehrsplanung Leipzigs orientiert. Die Umweltzone, so überflüssig und unzweckmäßig wir sie finden mögen, wird von den Machern des STEP als wirksam anerkannt. Im Umkehrschluss sollte man meinen, das Bild vom dreckigen Luftverpester ist passé. Aber viel wichtiger noch ist: Das Auto ist für viele Familien, Mobilitätseingeschränkte und auch Berufstätige schlicht unersetzlich,” so die liberale Stadträtin. Ihnen müsse die Stadt attraktive Angebote machen, das Auto öfter mal stehen zu lassen statt weitere Schikanen einzurichten.

Positiv hebt die FDP hervor, dass der Themenkomplex Wirtschaftsverkehre gut aufgearbeitet worden ist. “Das ist ein guter Anfang. Durchgangsverkehre mit Schwerlast haben in der City nichts verloren. Die Wirtschaftlichkeit spielt für die Logistik eine zentrale Rolle, das ist für Verkehrsplaner und Unternehmer doch ein guter gemeinsamer Nenner, auf den es sich aufbauen lässt. Und als Logistikdrehscheibe Mitteldeutschlands ist Leipzig der richtige Ort, um innovative Wege zu gehen, um Wirtschaftsverkehre umweltfreundlicher und effizienter zu gestalten. Hier sollten die Kammern, das Netzwerk Logistik und die Stadtverwaltung nicht lange fackeln und an einem Umsetzungskonzept feilen.”

Kritikwürdig sind aus Sicht der Liberalen einige Annahmen, die der STEP zur Grundlage nimmt. So gehen alle Planungen von der mittleren Bevölkerungsprognose aus. Ein solches Szenario habe bereits bei der Kita- und Schulnetzplanung für Bauchlandungen gesorgt. Dieser Fehler solle nicht in der Verkehrsplanung wiederholt werden, die Liberalen schlagen eine Variante vor, die zwischen der mittleren und der optimistischen Prognose angesiedelt sein sollte. Zudem habe die Bevölkerungsstruktur insbesondere mit Blick auf eine älter werdende, mobilere Bevölkerung keine Berücksichtigung bei den Annahmen gefunden.

Zu den Maßnahmen zur Verbesserung der Angebote und der Verkehrssicherheit für Radfahrer und Fußgänger äußern sich die Liberalen zufrieden: “Vom abzusenkenden Bordstein über den zu verbessernden Winterdienst bis zum Ausbau des Radwegenetzes sind die Ansätze zu unterstützen. Auch das Freihalten von Geh- und Radwegen durch konsequente Ahndung von Parkverstößen werden von der FDP-Fraktion mitgetragen. Aber es bleibt dabei, wenn die Not durch zu knappen Parkraum zu groß ist und die Stadtverwaltung keine Anstrengungen zur Abhilfe unternimmt, muss das Ahnden mit Augenmaß geschehen.”

Auch das Ausbauziel für den ÖPNV trägt die FDP mit, schließlich sei das die beste Möglichkeit für Autofahrer, häufiger mal das Auto stehen zu lassen. Die im STEP angekündigte Prüfung einer allgemeinen ÖPNV-Abgabe lehnt die FDP-Fraktion allerdings strikt ab. “Über den Stadt- bzw. LVV-Haushalt leisten alle Leipziger Gebühren- und Steuerzahler bereits heute einen stattlichen Beitrag dafür, dass Tram, Bus und S-Bahn attraktive Preise und Verkehrsleistungen erbringen können.” Die FDP schätzt, dass jeder Leipziger etwa 250 Euro jährlich berappen müsste, damit das Ticketkaufen entfallen könnte, vorausgesetzt, es gebe weder Ausnahmen noch Sozialrabatte. “Ja, es ist richtig, den ÖPNV aus verkehrlichen und Umweltgründen besonders zu unterstützen. Aber die Grenze ist erreicht. Wenn es keinen Kostendruck mehr gibt, zieht der Schlendrian ein, das ist eine allzeit gültige Weisheit. Und das nutzt keinem Fahrgast, und noch weniger denen, die dennoch auf ihr Auto angewiesen sind,” begründet Isabel Siebert das klare Nein zur ÖPNV-Abgabe. Außerdem sei das auch eine ganz grundsätzliche Gerechtigkeitsfrage, dass man für Leistungen bezahlt die man nutzt, insbesondere bei einem so hohen Gut wie der Mobilität.

Siebert fasst zusammen: “Das wird ein heißer Herbst, wenn der STEP Verkehr im Stadtrat ins Verfahren geht. Die FDP-Fraktion wird mit aller Kraft für eine angebotsorientierte, sich an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger ausrichtende Verkehrspolitik streiten – und zwar nicht an denen, die am lautesten schreien sondern anhand der tatsächlichen Nutzungsgewohnheiten, die sich objektiv und ohne ideologische Scheuklappen ermitteln lassen.”

Die Stellungnahme der Fraktion finden Sie im Wortlaut online als PDF-Dokument:
http://fdp-fraktion-leipzig.de/wp-content/uploads/2014/05/Stellungnahme_STEP.pdf

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