Am 1. Mai 2014 waren in Plauen knapp 300 Anti-Nazi-Demonstranten von der Polizei eingekesselt und stundenlang festgehalten worden. Zuvor hatten die Beamten gewaltsam Personen aus einer anliegenden Kirche geräumt, was am 1. Mai selbst und in den Folgetagen für erhebliche öffentliche Empörung gesorgt hatte. Der Polizeieinsatz war mittlerweile bereits mehrmals Thema im Innenausschuss des Sächsischen Landtages.

Nach zunächst widersprüchlichen Angaben rechtfertigten Polizei und Innenministerium den Einsatz zuletzt damit, dass die eingekesselten Nazi-Gegner sich alle wegen § 22 des Sächsischen Versammlungsgesetzes (Störungen von Versammlungen und Aufzügen) strafbar gemacht hätten. Deswegen hätte man – nachdem die Nazis längst weg waren – ihre Personalien aufnehmen und sie zu diesem Zweck über mehrere Stunden festhalten müssen. Gegen alle Personen in dem Kessel seien Strafverfahren eingeleitet worden.

Diese Strafverfahren werden nun aber scheinbar eingestellt. Dies teilte die Staatsanwaltschaft mit Bescheid vom 3. Juli 2014 für einen Mandanten von Rechtsanwältin Voigt mit. Die Verteidigerin hatte zuvor ausführlich zur Sache vorgetragen und Verfahrenseinstellung beantragt. “Schon der Polizeikessel war rechtswidrig. Die Betroffenen bildeten eine Versammlung, die auch von der Polizei vor Ort anerkannt und nicht aufgelöst worden war. In einem solchen Fall verbietet sich eine Gewahrsamnahme” , erklärt RAin Voigt. “Aber auch der Straftatvorwurf war von Anfang an absurd. Wer von seinem Recht aus Artikel 8 des Grundgesetzes (Versammlungsfreiheit) Gebrauch macht, kann sich nicht gleichzeitig durch seine bloße Anwesenheit strafbar machen. Andernfalls würde die Versammlungsfreiheit ausgehebelt”, so RAin Voigt weiter.

Mit dem Einstellungsbescheid erkennt die Staatsanwaltschaft Zwickau faktisch an, dass der Polizeieinsatz unverhältnismäßig war. Dennoch erfolgt die Einstellung nicht nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung (mangels Tatverdacht), sondern nach § 153 wegen “Geringfügigkeit”. “Damit entzieht sich die Staatsanwaltschaft ihrer Verantwortung, die Betroffenen zu rehabilitieren. Statt zuzugeben, dass das Verhalten der Demonstranten nicht strafbar war, lässt sie diese Frage offen”, kritisiert RAin Voigt. “Wir werden daher beim Amtsgericht beantragen, nachträglich festzustellen, dass die Freiheitsentziehung rechtswidrig war. Ohne diese Klärung muss man befürchten, dass die Sächsische Polizei auch bei künftigen Einsätzen die Grundrechte von Demonstranten nicht ausreichend respektiert”, so RAin Voigt abschließend.

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