Martin Dulig, Vorsitzender der SPD Sachsen, hat am Freitag in Zwickau vor VW-Beschäftigten gesprochen, die für eine Angleichung der Tarife in Ost und West im Warnstreik sind. „Ihr kämpft für das Richtige“, so Dulig. „Es geht um gerechte Entlohnung für gleiche Arbeit, es geht um Respekt vor der geleisteten Arbeit. Es ist ein Skandal, dass 30 Jahre nach der Wende gleicher Lohn für gleiche Arbeit noch immer keine Selbstverständlichkeit ist.“

Es sei respektlos, dass sich Unternehmen mit diesen Unterschieden immer noch Standortvorteile erkaufen wollten.

„Sachsen ist nach wie vor Schlusslicht bei der Tarifbindung“, so Dulig. „Wir müssen deshalb weiterhin Menschen ermutigen, solidarisch zu sein. Es ist wichtig, dass mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Gewerkschaften eintreten, um sich zu organisieren. Und wir müssen in Sachsen endlich eine Kultur haben, damit man sich nicht mehr dafür rechtfertigen muss, Gewerkschaftsmitglied zu sein.“

Es sei bemerkenswert, wie im Schatten der Pandemie viele Beschäftigte für höhere Löhne, für mehr Rechte und ihren Standort gekämpft haben, „egal ob im Bereich der Lebensmittelindustrie, bei MAN, Haribo oder Bombardier“, so Dulig nach der Kundgebung. „80 Streiks gab es im Osten. Hier entsteht eine neue gesellschaftliche Bewegung in Sachsen. Eine neue selbstbewusste Generation ostdeutscher Beschäftigter, die sich nicht mehr alles gefallen lässt.“

Die aktuelle Auseinandersetzung gehe weit über einen einzelnen Arbeitskampf der IG Metall hinaus: „Die Arbeitskämpfe sind eine Zäsur für den Osten insgesamt: Es geht um mehr Gerechtigkeit für den Osten. Es geht um die Selbstermächtigung der Beschäftigten und Menschen im Osten insgesamt.“

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Wenn Herr Dulig sagt: „Sachsen ist nach wie vor Schlusslicht bei der Tarifbindung“ dann sollte gefragt werden dürfen: Warum? Wer hat mit billigem bis kostenlosem Bauland die Firmen angeworben? Porsche und BMW usw hätten dafür auch gezahlt und hätten sich immer noch kaputtgelacht über die Schnäppchen. Wer hat denn mit billigsten Löhnen und Mieten geworben? Welche Gewerkschaften sind denn eingeknickt, immer mit der Begründung, dass es doch auch schon viel Wert sei, einen sicheren Arbeitsplatz zu haben?

Wenn Herr Dulig sagt: „80 Streiks gab es im Osten. Hier entsteht eine neue gesellschaftliche Bewegung in Sachsen. Eine neue selbstbewusste Generation ostdeutscher Beschäftigter, die sich nicht mehr alles gefallen lässt.“ dann muss man fragen: Wer hat denn die Beschäftigten mundtot gemacht? Wer hat sie denn dem Profitgeier ausgeliefert, der Arbeit um jeden noch so kleinen Preis fordert und der jede Gegenwehr mit der Vernichtung der physischen Existenz bestraft in Form von Entlassung und darauf folgenden Einkommensverlusten bis hin zur sozialen Bedürftigkeit? Wenn man da nicht aufstockend schon vorher war weil die ach so tollen sicheren Arbeitsplätze nur das Brot, nicht aber auch die Butter darauf bezahlbar machten?

Wer hat denn die letzten 30 Jahre jedesmal mit dem Kopf genickt, wenn bei Tarifverhandlungen keine Angleichung der Ostlöhne reingeschrieben wurde in die neuen Tarifverträge? Wenn ein Wirtschaftsminister eines Bundeslandes es zulässt, dass auch nach 30 Jahren selbst LehrerInnen und die meisten Staatsbediensteten im Land und die kommunalen MitarbeiterInnen immernoch weniger verdienen als ihre KollegInnen 300km weiter westwärts, dann sind solche Statements wie die von Herrn Dulig nur Heuchelei.

Wenn ein Wirtschaftsminister es nach 30 Jahren immer noch zulässt, dass “Die Wirtschaft” immer noch Lohnunterschiede macht in erheblichen Spannen, dann schadet er sogar finanziell seinem Bundesland. Höhere Löhne würden höhere Einkommenssteuerzahlungen generieren, höhere Löhne würden mehr Kaufkraft bringen. Mehr Kaufkraft bringt mehr Steuern ein usw usf.

Herr Dulig, mal ne Frage: würde BMW den Preis für ein Auto senken, wenn es in Leipzig zu deutlich geringeren Kosten produziert wird? Oder würde Porsche so etwas tun? Nein. Die berechnen den Preis nach Stuttgarter und Münchener Löhnen ebenso wie VW/Audi und Opel.

Der Standortvorteil “billiger Osten” ist längst Geschichte. Die Mieten steigen schneller als die Löhne, im Osten werden die höchsten Preise für Strom gezahlt, Lebensmittelpreise steigen hüben wie drüben.

Die staatliche Hofierung der Autoindustrie muss nun langsam auch mal ein Ende haben. Staat und Gewerkschaften dürfen sich nicht länger von den Herstellern erpressen lassen mit der Drohung, die Produktion nach Polen (ist denen eh schon zu teuer) oder sonstwohin zu verlagern. Sollen sie doch machen! Und dann für jedes Auto 100% Strafzoll, um die arbeitslosen Ex-Mitarbeiter zu finanzieren. Denn es muss aufhören, dass Unternehmen einfach ins Ausland abwandern um ihre Gewinne zu steigern, die Kosten dafür aber der Allgemeinheit aufgebürdet werden.

An die Hersteller (nicht nur von Autos), die ihre Produktionen immer weiter ostwärts verlagern: Die Erde ist rund. Wer immer nur ostwärts geht, ist irgendwann wieder hier. Und dann?

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