Mit einem richtungsgebenden Urteil hat heute der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe im Streit um die Zulässigkeit einer AGB-Klausel die Rechtsaufassung der Verbraucherzentrale Sachsen bestätigt. Damit sind die Rechte von Verbraucher/-innen maßgeblich gestärkt (Aktenzeichen XII ZR 89/21).

Den Anlass zur gerichtlichen Auseinandersetzung mit der RCI Banque S.A., einer Tochter des Automobilherstellers Renault, gab eine vorformulierte Klausel in Mietverträgen für Batterien von Elektrofahrzeugen, durch welche die Bank nach anbieterseitiger außerordentlicher Kündigung die Wiederauflademöglichkeit aus der Ferne unterbinden konnte.

Die Vorinstanzen in Düsseldorf stellten sich auf die Seite der Verbraucherzentrale Sachsen und untersagten die Verwendung der strittigen Klausel aufgrund einer unangemessenen Benachteiligung der Mieter/-innen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtsfrage für zahlreiche andere Fälle, z. B. der Aktivierung einer Wegfahrsperre per Fernzugriff, hatte das OLG Düsseldorf Revision für die höchste Instanz zugelassen. Der Anbieter entschied sich für die Klärung vor dem Bundesgerichtshof.

Der BGH stellte nun klar, dass die streitgegenständliche Klausel unwirksam ist, da mit dieser das Interesse der Mieter/-innen nicht angemessen berücksichtigt wird.

„Wir begrüßen diese verbraucherfreundliche Entscheidung. Der denkbare Einsatz der Fernsperrung hatte die Frage nach einem angemessenen Schutz der Vertragspartner vor solch vollstreckungsähnlicher Handlung aufgeworfen“, erklärt Claudia Neumerkel von der Verbraucherzentrale Sachsen. Für den XII. Zivilsenat des BGH trug die drohende Umkehr vom gesetzlichen Leitbild für die Entscheidungsfindung besonderes Gewicht: Für Mieter/-innen käme die Unterbindung der Nutzung der E-Batterie in tatsächlicher Hinsicht einer Unbrauchbarmachung des Fahrzeugs gleich, da sich dieses zwar öffnen, aber nicht starten ließe.

Das verwehrte Nutzungsrecht beschränkt sich somit nicht nur auf die Batterie, sondern auf den höherwertigen Vermögensbestandteil – das Fahrzeug. Mieter/-innen wären insofern gezwungen, die Entsperrung und etwaige Ersatzansprüche einzuklagen, was mit einer Verschiebung der Rolle des Klägers und einer Prozessvorfinanzierung durch diesen einhergehen würde.

Dies wäre besonders im Fall einer unberechtigten außerordentlichen Kündigung durch den Anbieter für Verbraucher/-innen besonders folgenschwer und nicht hinnehmbar. „Die Praxis zeigt uns leider zu oft, dass die Gründe für eine außerordentliche Kündigung des Anbieters objektiv nicht vorliegen, wenn Mieter/-innen zum Beispiel ihr Zurückbehaltungsrecht nutzen. Die anschließende Rechtsdurchsetzung darf für diese Fälle deshalb nicht durch private Hand ermöglicht werden, sondern muss durch ein ordnungsgemäßes, gerichtliches Verfahren angeordnet werden.“ so Neumerkel.

Auch wenn derzeit nicht absehbar ist, ob die Vermietung von E-Batterien ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell ist, steckt in dem Urteil aus Sicht der Verbraucherzentrale Sachsen auch grundsätzliche Weichenstellung für ähnlich gelagerte Sachverhalte. Denn im Zuge von zunehmenden technischen Möglichkeiten ist ein digitalisierter Fernzugriff nun nicht mehr rechtskonform, wenn eine Sperrung in ihrer Wirkung über das eigentliche Mietobjekt hinausgeht.

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